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Wirtschaft: Zum 100. Geburtstag ist Herlitz saniert

Konzern schreibt wieder schwarze Zahlen und setzt auf Dienstleistungen / Verschuldung deutlich vermindert

Berlin (dr). Im Jahr 2004, in dem die Berliner Herlitz AG ihr 100jähriges Bestehen feiern kann, ist in dem Konzern fast schon wieder Normalität eingekehrt. Das Unternehmen, das im Jahr 2002 in die Insolvenz musste, kann für das abgelaufene Geschäftsjahr 2003 sogar wieder einen kleinen operativen Gewinn von 1,1 Millionen Euro ausweisen. Im Vorjahr waren es zwar noch 3,2 Millionen Euro, doch lassen sich diese Zahlen wegen der umfangreichen Umstrukturierungen nicht vergleichen. Das Jahresergebnis für den Konzern wird mit 1,7 Millionen Euro angegeben. Die Bankverbindlichkeiten konnten von 89 Millionen Euro auf 63,1 Millionen Euro abgebaut werden. Die Eigenkapitalquote des Konzerns gab Vorstand Christian R. Supthut am Mittwoch bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das Jahr 2003 mit rund 30 Prozent an.

Doch noch steht der neue Herlitz-Konzern erst am Anfang. Der Markt für Papier-, Büro- und Schreibwaren ist nach wie vor äußerst hart umkämpft, und der Preisverfall hält an. Und so musste Supthut trotz der recht guten Zahlen einräumen, „wir haben kein Geld, aktiv in die Märkte zu gehen“. Von den Banken, die rund 67 Prozent an Herlitz halten „werden wir liquiditätsmäßig sehr eng gesteuert“. Herlitz ist deshalb nach wie vor auf der Suche nach einem Partner, „am liebsten einem industriellen“, so Supthut.

Wachsende Eigenfertigung

Über den Verlauf dieser Suche hüllt sich der Vorstand in eisernes Schweigen. Auch zu Berichten, zwischenzeitlich sei Esselte an Herlitz interessiert gewesen, dann aber wieder abgesprungen, gab es keinen Kommentar. Nur soviel: „ Der Prozess läuft und läuft, und er läuft mit mehreren potenziellen Partnern.“ Die Banken hätten keinen Termin gesetzt sondern ihre Kreditlinien wie üblich um ein Jahr verlängert, versicherte Supthut.

In der Zwischenzeit ist der Vorstand mit seinen „Aufräumarbeiten“ vorangekommen. Herlitz präsentierte sich am Mittwoch vor der Presse als neuer Konzern. Von Immobilien, die den Konzern in der Vergangenheit fast in den Ruin trieben, ist keine Rede mehr. Herlitz ist wieder ein Unternehmen aus dem Bereich Papier- Büro- und Schreibwaren. „Wir wollen uns mit wachsender Eigenfertigung auf Deutschland und die europäischen Kernmärkte konzentrieren“, sagte Vorstand Norbert Strecker. Wichtigste Neuerung ist die Trennung von Produktions- und Dienstleistungsgeschäft. Letzteres wurde in die Ecom eingegliedert, eine 100-prozentige Tochter. Für das laufende Jahr sollen beide Bereiche erstmals getrennte Gewinn- und Verlustrechnungen vorlegen. Diese Umsetzung der 2-Säulen-Strategie verbessere die Geschäftstransparenz, sagte Strecker.

Ecom, der Dienstleister, wird künftig die Regale im Lebensmitteleinzelhandel, den Warenhäusern und den Discountern bestücken. Die großen Kunden wie Rewe, Edeka und Metro haben mitgezogen und neue Verträge unterschrieben. Doch Ecom wird nicht nur die Waren von Herlitz vertreiben. Auch Tesa, Esselte oder Stabilo werden über Ecom in die Läden gelangen. Daneben wurden neue Artikel in den Vertrieb aufgenommen. Insbesondere Hudson (Damenstrümpfe) und HP (Computerzubehör) sind hier zu nennen. „Ecom ist offen“, sagte Strecker.

Der Herlitz-Konzern hingegen hat Teile seines Sortiments aufgegeben. Kopierpapier etwa gibt es nicht mehr aus eigener Fertigung. Verkauft wurde beispielsweise auch die Tochter in der Schweiz. Ein Generalunternehmer wird dort in Zukunft für die Deutschen tätig. Unter anderem deshalb ist der Umsatz von 376 Millionen Euro im Jahr 2003 auf 347 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesunken.

Für die Beschäftigten ist der Umbau einigermaßen glimpflich abgelaufen. Seit Ende 2002 wurden knapp 184 Stellen gestrichen. Im Konzern beschäftigt Herlitz noch rund 2900 Mitarbeiter. Der Personalaufwand konnte von 96,1 Millionen Euro auf 89,2 Millionen Euro vermindert werden.

An der Börse fanden die Nachrichten von Herlitz einen positiven Widerhall. Der Kurs kletterte bis Handelsschluss um rund vier Prozent auf 3,90 Euro. Rund elf Millionen Aktien befinden sich in Streubesitz. Die Gründerfamilie hält dem Vernehmen nach nur noch weniger als ein Prozent.

Einen Ausblick auf das laufende Jahr wollte der Vorstand nicht geben. Dies gebe der mittelständischen Konkurrenz nur Hinweise. Nur soviel: „Wir liegen über Plan“.

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