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Klimaziele. Nach dem Willen der Bundesregierung – hier ein Wärmebild des Kanzleramts in Berlin – soll der Wärmebedarf bundesweit bis 2020 um 20 Prozent sinken. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Zum Fenster raus

Die Regierung will Hausbesitzer für Sanierungen motivieren – aber die finanziellen Anreize stimmen nicht

Berlin - Wäre der Mensch ein extrem weitsichtiges Wesen, bedürfte es wohl keiner großen Förderprogramme der Politik. Zumindest nicht für die Wohnungswirtschaft. Viele Eigenheimbesitzer würden nämlich von sich aus tätig werden: Wer sein Haus im Rahmen einer allgemeinen Sanierung auch nach Gesichtspunkten des Energiesparens erneuert, hat die Kosten dafür – zwischen 80 und 230 Euro je Quadratmeter – nach rund 20 Jahren wieder raus. Das Problem: Die wenigsten Hauseigentümer wollen so lange warten. Daher bietet die Bundesregierung diverse Anreizprogramme und Kredite an. Doch diese Instrumente greifen nicht richtig.

Das geht aus Untersuchungen hervor, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Das DIW verwies auf insgesamt sechs neue Studien der Climate Policy Initiative (CPI) des US-Investors George Soros, deren deutsches Büro beim DIW in Berlin angedockt ist. Erklärtes Ziel der CPI ist es, Politiker weltweit zu beraten, wie sie ihre Klimaschutzziele erreichen können.

Im Falle Deutschlands sind die klar definiert: Hierzulande soll der Wärmebedarf nach dem Willen der Bundesregierung bis 2020 um 20 Prozent reduziert werden. Bis zum Jahr 2050 soll der Primärenergiebedarf insgesamt sogar um 80 Prozent sinken. Um das zu erreichen, müssten jedes Jahr zwei Prozent der Gebäude umfassend energetisch saniert werden. In den vergangenen Jahren fand das im Schnitt nur bei 0,8 Prozent statt.

Die CPI hat 2000 Haushalte befragt und die aktuellen Förderprogramme untersucht. Ein Ergebnis: Die meisten Hauseigentümer wissen nichts von den Angeboten des Staates. „Hauseigentümer, die keine energetische Sanierung planen, suchen auch keine entsprechenden Informationen. Sie müssen daher aktiv angesprochen werden“, empfiehlt das Institut.

Ein Vorschlag der Wirtschaftsforscher lautet: Energieversorger sollten verpflichtet werden, detaillierte Heizkostenabrechnungen zu verschicken, bei denen der eigene Energieverbrauch im Verhältnis zum Verbrauch der Nachbarn steht. Wer merkt, dass er deutlich mehr Geld für Öl oder Gas als die Nachbarn durchs Fenster entweichen lässt, dürfte deutlich motivierter sein, sein Haus zu sanieren. Praktische Beispiele aus den USA und Kanada legen das nahe.

Nachdem Hauseigentümer durch derartige Maßnahmen sensibilisiert worden sind, schlägt die CPI vor, sanierungswillige Haushalte bei ihren Planungen besser zu beraten. Und zwar durch Fachleute vom Bau. Denn Handwerkern – das ergab die Untersuchung auch – vertrauen die Hausbesitzer in solchen Fragen mit am meisten (56 Prozent). Das Vertrauen in den Sinn energetischer Sanierungen könne aber nur nachhaltig gesteigert werden, wenn das Baugewerbe die individuellen Entscheidungen der Haushalte unterstützt und korrekt umsetzt. Daher plädieren die CPI-Experten für einen Ausbau von Zertifizierungskonzepten, die einer Firma bescheinigen, dass sie umfassende Sanierungen fachgerecht durchführen kann.

Am Ende aber ist Bargeld wohl die beste Motivation. Das weiß auch die Bundesregierung und hat daher vor der Sommerpause beschlossen, die Mittel für die energetische Gebäudesanierung für 2012 bis 2014 auf jährlich 1,5 Milliarden Euro aufzustocken. Zudem sollten Hausbesitzer zehn Jahre lang jeweils zehn Prozent ihrer Sanierungskosten von der Steuer absetzen können, was noch einmal rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr ausmachen würde. Aus letztgenanntem aber wird offenbar nichts: Die Länder blockieren den Steuerbeschluss seit Wochen. Am Mittwoch signalisierte das Bundesfinanzministerium nun, dass weder Bundestag noch Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen werden. Somit muss eine neue handfeste Förderidee her.

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