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ZUR PERSON: „Es muss jetzt schnell gehen“

Uns geht es um Rendite. Das ist das wichtigste Ziel.“ Der Milliardeninvestor Ahmad Mohamed Al-Sayed aus Katar zweifelt an Europas Willen zur Einigung

Herr Al-Sayed, Sie sind ein wirklich globaler Investor. Wie schlimm ist die Euro-Krise aus Ihrer Perspektive?

Europa ist in einer unruhigen Phase, wie sich unzweifelhaft an den Finanzmärkten zeigt. Es handelt sich um eine Situation, die alles in den Schatten stellt, was der Kontinent in den vergangenen 50 Jahren erlebt hat. Die Entwicklung der Euro- Krise bestimmt, ob Europa vereint bleibt oder nicht. Es muss sich zeigen, ob all die verschiedenen Staaten sich wirklich für eine gemeinsame Zukunft entscheiden. Die europäische Politik muss Antworten finden, auch für uns Investoren.

Haben Sie Vertrauen, dass das gelingt?

Die europäischen Politiker zeigen einen guten Willen, und arbeiten intensiv an einer Lösung, die am Ende hoffentlich gut wird.

Wie wichtig ist der Faktor Zeit dabei?

Das Tempo ist entscheidend, es muss jetzt schnell gehen. Aber ich stecke nicht in den Abläufen. Die europäischen Politiker wissen selbst am besten, dass ihnen nicht viel Zeit bleibt.

Entstehen aus der Euro-Krise neue Investmentmöglichkeiten?

Ich weiß nicht, ob das wirklich eine Krise des Euro ist. Vielleicht geht es nur um Versäumnisse der Vergangenheit und um neue Regeln. Als Investoren verhalten wir uns opportunistisch, das heißt, wir investieren immer da, wo das beste Ergebnis entlang der Kriterien erzielt wird, die für uns wichtig sind. Eine Krise bringt stets neue Chancen für Investoren hervor. Wir haben bereits acht Milliarden Euro in Europa angelegt, vor allem in Deutschland. Wir sehen hier auch weiterhin große Chancen. Aber der Markt ist zurzeit sehr riskant, und deswegen müssen wir besonders vorsichtig sein.

Wie sieht es mit Staatsanleihen etwa aus Griechenland aus?

Wir prüfen das fallweise. Aber für uns als Qatar Holding ist das nicht so interessant wie vielleicht für andere Gesellschaften aus Katar.

Sie haben in Berlin mit dem griechischen Ministerpräsidenten Papandreou gesprochen – auch darüber?

Ich war auch schon oft in Griechenland. Wir sprechen darüber, was wir in Griechenland gemeinsam auf die Beine stellen können. Er ist ein guter Typ, er gibt sein Bestes für sein Land. Wir suchen nach Anlagemöglichkeiten. Es gibt gute Chancen, dass wir gemeinsame Interessen haben.

Was für Anlagemöglichkeiten könnten Sie in Griechenland interessieren?

Nochmals: Wir agieren opportunistisch – das ist natürlich nur ökonomisch und nicht politisch zu verstehen. Wir suchen nach der richtigen Gelegenheit. Wenn sie sich bietet, greifen wir zu. Wir müssen ein Portfolio managen. Investments in Griechenland können dazu gehören.

Geht es Ihnen mehr um Finanzinvestments oder um strategische Anlagen für die Zeit nach dem Erdöl?

Uns geht es vor allem um Rendite. Das ist unser wichtigstes Ziel. Denn wir investieren für die zukünftigen Generationen unseres Landes. Unser Mandat ist, Gelder der Regierung im Privatsektor zu investieren, um Gewinn zu erzielen. Wenn allerdings das darüber hinaus zu einer sinnvollen Partnerschaft führt, ist das umso besser. Insofern kann ein Finanzinvestment strategisch Sinn ergeben. Wir sind ein kleines Land und wollen eine wissensbasierte Gesellschaft werden. Wenn wir die Gelegenheit bekommen, mit einem guten Investment im Ausland auch in unserer Volkswirtschaft Werte zu schaffen, machen wir das.

Welche Renditen erwarten Sie?

Das wechselt. Jetzt ist es anders als vor einem Jahr.

Wie ist es denn jetzt?

Das hängt vom Sektor, vom Unternehmen ab. Wir streuen unsere Risiken und damit sind auch die Renditen sehr unterschiedlich.

Wie hoch ist das Volumen Ihrer Investments derzeit?

Mehr als 100 Milliarden Dollar.

Sie haben gesagt, Sie sehen in Deutschland gute Anlagemöglichkeiten. Welche finden Sie besonders interessant?

Deutschland hat sehr gute große Konzerne mit gutem Management und exzellenten Produkten, die weltweit erfolgreich sind. Das Produkt und die Menschen dahinter müssen zusammen passen. Man muss sein Geld den richtigen Leuten anvertrauen. Wir haben, wie Sie wissen, in Deutschland unter anderem in VW und Porsche sowie in Hochtief investiert. Wir können uns aber durchaus auch andere Sektoren vorstellen. Viele deutsche Unternehmen sind aus unserer Sicht unterbewertet, und wir sind offen für neue Partnerschaften.

Die Integration von Volkswagen und Porsche verläuft langsamer als geplant. Wie beurteilen Sie das?

Aus unserer Sicht hat das Management die Integration längst vollzogen. Es geht noch um juristische Fragen. Die Manager der beiden Unternehmen arbeiten exzellent zusammen. Wir haben vielleicht eine Schlüsselrolle gespielt, um VW und Porsche zusammenzubringen. Wenn die beteiligten Familien und Unternehmen nicht zueinander gefunden hätten, wäre es für uns als Investoren sehr schwer geworden. Wir haben alle an einen Tisch gebracht. Unser Engagement hat aus einer sehr ungesunden Situation einen echten Mehrwert für jeden einzelnen Aktionär geschaffen. Wir sind froh, dass wir helfen konnten.

Der juristische Ablauf ist also aus Ihrer Sicht nicht so entscheidend?

Wichtig ist, dass das Management beider Unternehmen sich völlig einig ist, und daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Die Unternehmensgruppe aus Volkswagen und Porsche sieht sich unabhängig von der rechtlichen Situation als eine Einheit.

Sie werden als möglicher Investor bei EADS gesehen – könnte Sie das interessieren?

Das kann ich nicht kommentieren. Zu Marktgerüchten sage ich nichts. Aber wir sind überall, und wir sind offen für Gelegenheiten - auch in Europa, auch in Deutschland. Gäbe es eine solche Möglichkeit, würden wir sie ernsthaft prüfen.

Würden Sie sagen, dass die deutsche Regierung Sie willkommen heißt?

Da müssen Sie die deutsche Regierung fragen.

Aber fühlen Sie sich in Deutschland willkommen?

Ja, ich denke, wir sind willkommen. Wir haben gute Beziehungen zur Bundesregierung und zur deutschen Wirtschaft. Wir sind gutmeinende, langfristige Aktionäre. Wir quetschen nicht das Letzte raus und hauen dann wieder ab, das ist nicht unser Stil. Wir wollen Werte schaffen, wir sind professionelle Investoren. Das erkennen CEOs und Aktionäre in Deutschland an, denke ich.

Aber auch in der Politik?

Wir haben die volle Unterstützung von Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Wulff. Dafür sind wir sehr dankbar. Es gab zahlreiche wechselseitige Besuche und Treffen. Die Beziehungen lassen nichts zu wünschen übrig.

Sie haben signifikante Anteile an europäischen Banken. Würden Sie sagen, dass europäische Banken unterkapitalisiert sind?

Ich will mich zu einzelnen Banken nicht äußern. Im Großen und Ganzen haben es die Banken geschafft, ihre Kapitalbasis zu verbessern. Das Basel-III-Abkommen hat die Lage deutlich verbessert.

Wenn Sie drei Jahre zurückschauen: Wurden die richtigen Lehren aus der Lehman- Pleite und der Finanzkrise gezogen?

Alle haben sich wirklich bemüht, die Risiken zu vermindern. Nur: Die Situation im Herbst 2008 war schwerwiegender, als man damals erwarten konnte, und die Folgen spüren wir bis heute. Die Bankenkrise taucht jetzt als Schuldenkrise wieder auf, aber es ist ein und dieselbe Krise. Ob bei der Bewältigung der Krise Fehler gemacht wurden, sollen einmal die Historiker beantworten. Es ist noch nicht vorbei.

Die Krise ist noch nicht vorbei, sagen Sie. Welche weitere konjunkturelle Entwicklung unterstellen Sie derzeit?

Wir können derzeit nur auf kurze Sicht agieren, längerfristige Einschätzungen lassen sich angesichts der unsicheren Lage in Europa und den USA nicht aufrechterhalten. Deswegen schauen wir sehr genau auf die Finanzmärkte und versuchen, unsere Risiken zu minimieren.

Das Interview führte Moritz Döbler.

DER MANAGER

Ahmad Mohamed Al-Sayed (35) aus Katar hat in Doha, Boston, New York, London und Paris Jura und Betriebswirtschaft studiert. Er ist Vorstandsvorsitzender der staatlichen Qatar Holding und sitzt in Aufsichtsräten mehrerer ausländischer Unternehmen, an denen Katar beteiligt ist. Das reiche Emirat ist eine Halbinsel am Persischen Golf, die an Saudi-Arabien grenzt. Es zählt keine zwei Millionen Einwohner, von denen vier Fünftel Gastarbeiter sind. Al-Sayed hat gerade am Tag der Deutschen Industrie in Berlin teilgenommen.

DIE HOLDING

Die Qatar Holding ist die Investmentsparte der Qatar Investment Authority, die dem Emirat wirtschaftliche Chancen jenseits der Erdölförderung erschließt. Die Holding hält in Deutschland 17 Prozent an VW und 10 Prozent an Porsche sowie gut 9 Prozent an Hochtief. Ihr gehören 20 Prozent der Londoner Börse und das dortige Luxuskaufhaus Harrods. Offenbar will sie einen 7,5-Prozent-Anteil an EADS von Daimler übernehmen. Die Bundesregierung will aber die deutsch- französische Balance bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern erhalten.

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