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Wirtschaft: „Zusatzversicherung nicht überstürzt abschließen“ Verbraucherschützer rät, Bedingungen genau zu prüfen

STEFAN ETGETON ist Gesundheitsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in Berlin. Foto: Promo Herr Etgeton, würden Sie Patienten empfehlen, sich noch schnell das Gebiss sanieren zu lassen, bevor die Gesundheitsreform greift?

STEFAN ETGETON

ist Gesundheitsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in Berlin.

Foto: Promo

Herr Etgeton, würden Sie Patienten empfehlen, sich noch schnell das Gebiss sanieren zu lassen, bevor die Gesundheitsreform greift?

Ich würde empfehlen, dann zum Arzt zu gehen, wenn es notwendig ist und sich nicht von der Politik die Behandlung diktieren zu lassen.

Wird das ab 2005 nicht teurer?

Nein. Die Versicherung für den Zahnersatz muss ohnehin jeder abschließen. Und wie bisher in der Gesetzlichen Krankenkasse wird sie den Teil abdecken, den jetzt die Kasse zahlt.

Also ändert sich für den Patienten gar nichts?

Doch. Ein Problem können die neuen Festzuschüsse werden. Bisher zahlt die Kasse einen bestimmten Prozentsatz der tatsächlichen Kosten, nach der Reform soll für jede Leistung ein fester Betrag erstattet werden. Ärzte könnten versuchen, künftig besonders teure Lösungen anzubieten, die dann für den Patienten besonders teurer werden. Darum sollten Patienten sich vor der Behandlung bei ihrer Kasse genau erkundigen, wie teuer bestimmte Maßnahmen sind.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um eine Zusatzversicherung abzuschließen?

Wir wissen noch nicht, wie die genauen Bedingungen aussehen werden. Darum ist es für den Abschluss noch viel zu früh. Das gilt auch für das Krankengeld, das erst 2007 ausgegliedert werden soll.

Die privaten Kassen gehen davon aus, dass eine ZahnersatzZusatzversicherung 7,50 Euro kostet. Ist das ein realistischer Preis?

Wohl kaum – es ist ein Lockangebot der Versicherungswirtschaft. Ich gehe davon aus, dass die Beiträge deutlich darüber liegen werden. Aber der Preis hängt auch von den Bedingungen ab – zum Beispiel davon, ob Kinder mitversichert werden oder nicht.

Wie kann man sicherstellen, dass man an keine Versicherung gerät, die in fünf Jahren pleite ist?

Das kann man bei einer privaten Versicherung nie. Allerdings haben die privaten Kassen eine neue Auffanglösung für insolvente Unternehmen. Ob die Versicherten das künftig über ihre Beiträge mitfinanzieren müssen, ist noch offen.

Politiker beraten bereits über die nächste Gesundheitsreform – die Einführung einer Bürgerversicherung, die die privaten Kassen überflüssig machen würde. Ist es trotzdem noch sinnvoll, in eine private Kasse zu wechseln?

Die, die jetzt privat versichert sind, werden nicht ohne weiteres in die Gesetzliche Krankenversicherung zurückkommen. Und auch einen Wechsel in die PKV sollte man nicht von der politischen Großwetterlage abhängig machen.

Lohnt sich die Bürgerversicherung?

Ja. Eine Bürgerversicherung wäre unabhängiger von der Lohnentwicklung. Durch das Heranziehen aller Erträge fließt mehr Geld ins System, die Beiträge könnten insgesamt gesenkt werden. Allerdings müsste jemand, der hohe Mieteinnahmen, aber nur ein kleines Einkommen hat, künftig mehr für seine Krankenversicherung bezahlen.

Wann erwarten Sie diese Reform?

Wir werden spätestens 2007 sehen, dass diese Gesundheitsreform nicht den gewünschten Spareffekt bringt. Dann ist eine grundlegende Reform unabdingbar. Sinnvoller wäre es aber, die Bürgerversicherung schon jetzt einzuführen, um 2007 davon profitieren zu können.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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