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Wirtschaft: Zwei Märkte, ein Papier

Aktien- und Wandelanleihen kombinieren Zinssicherheit und Kursrisiko.

Anleger haben es derzeit nicht leicht. Viele scheuen das Risiko der Aktienmärkte – trotz sehr guter Renditechancen in den vergangenen Jahren. Zugleich liegen die Zinsen für Tages- und Festgelder nicht mal über der Inflationsrate. Immer öfter schielen Zinsjäger deshalb auf komplexere Zinsprodukte, vor allem Aktienanleihen oder Wandelanleihen. Hier sind fixe Renditen von zehn Prozent und mehr pro Jahr möglich.

250 bis 300 neue Aktienanleihen kommen jeden Tag neu auf den Markt. Insgesamt konnte sich der Anleger nach Zahlen des Deutschen Derivateverbandes (DDV) Ende Januar zwischen 46 148 verschiedenen Produkten mit einem Volumen von 5,4 Milliarden Euro entscheiden – das ist fast achtmal so viel wie noch vor vier Jahren. Dass die Anlagevehikel unter der Obhut des DDV sind, zeigt jedoch, dass der Name „Aktienanleihe“ eigentlich in die falsche Richtung führt. Denn es handelt sich keineswegs um Anleihen, sondern um Zertifikate.

Der Anleger wird damit nicht zum Gläubiger des Unternehmens, sondern erhält eine Schuldverschreibung der ausgebenden Bank. Ein Beispiel: Die Deutsche Bank zahlt Anlegern einen festen Zins von 9,5 Prozent für eine Aktienanleihe der Allianz, die bis 20. März 2014 läuft (Wertpapierkennnummer DX5Z8C). Sinkt der Kurs der Allianz (die Aktie notiert aktuell bei 108 Euro) bis dahin zu irgendeinem Zeitpunkt unter den anfangs festgelegten Basispreis von 95 Euro, erhält der Anleger nicht sein eingesetztes Geld zurück, sondern 10,52 Allianz-Aktien pro 1000 Euro. Er fährt damit, zumindest am Tag der Rückzahlung, einen Verlust ein. Der Zinskupon wird jedoch in jedem Fall gezahlt – und muss jenseits der Freibeträge versteuert werden.

PUFFER GEGEN VERLUSTE

Für den Anleger bedeutet das: Er kann mit einem festen Ertrag rechnen, der gleichzeitig als Puffer gegen Kursverluste wirkt. Gleichzeitig ist er gegen leicht fallende Märkte gewappnet – abhängig davon, wie groß der Abstand zwischen dem Basispreis (also der Barriere) und dem aktuellen Kurs der Aktie ist. Umgekehrt profitiert er von steigenden Märkten nicht: Der Gewinn ist maximal auf den Zinskupon beschränkt. Im genannten Beispiel kassiert die Bank auch die Dividende der Allianz ein, die derzeit bei 4,6 Prozent des Kurswerts liegt. Das Risiko stärkerer Kursverluste wälzt das Kreditinstitut umgekehrt auf den Kunden ab, denn bei stark fallenden Märkten wird es die Aktien los. Gleichzeitig trägt der Anleger, wie bei allen Zertifikaten, das volle Kapitalrisiko: Im Fall einer Pleite der ausgebenden Bank wäre sein Geld weg. Auch die Einlagensicherung greift nicht. Allerdings: Mit 9,5 Prozent erhält der Anleger umgekehrt einen satten Ausgleich für all diese Risiken.

Ganz anders Wandelanleihen: Als echte Zwitter zwischen Anleihen und Aktien bieten Wandler insgesamt deutlich niedrigere Zinssätze, die aber dennoch über den Sätzen von Festgeld- oder Tagesgeldern liegen. Während Aktienanleihen sich vor allem für Börsenphasen eignen, in denen die Märkte seitwärts kriechen oder sogar leicht fallen, sollte nur der einen Wandler kaufen, der im Prinzip an steigende Märkte glaubt, aber vorsichtig bleiben und einen Puffer für fallende Börsen in sein Investment einbauen will. Anders als bei Zertifikaten ist der Anleihebesitzer auch ein vorrangiger Gläubiger, der im Falle einer Pleite zuerst aus der Insolvenzmasse bedient wird.

DAS RECHT AUF WANDEL

Ein Wandler ist im Prinzip nichts anderes als ein festverzinsliches Wertpapier, mit dem der Anleger einem Unternehmen wie bei einer normalen Anleihe für einen bestimmten Zeitraum Geld leiht. Dafür erhält er nicht nur einen Zins – sondern auch das Recht, seine Anleihe gegen eine zuvor festgelegte Anzahl von Aktien zu tauschen. Dieses Tauschrecht macht Wandler attraktiv: Denn steigt der Kurs der Aktie während der Laufzeit, kann der Anleger auf die Rückzahlung in Cash verzichten, statt dessen die Aktien wählen und seinen Gewinn durch Verkauf an der Börse einstreichen. Fallen die Aktienkurse dagegen, bleibt der Anleger einfach in der Anleihe und erhält seinen Einsatz zurück. Das englische Wort für die Wandelanleihen, Convertibles, macht dies deutlich. Denn im Englischen ist ein Convertible auch ein Cabrio, das bei schönem Wetter Fahrvergnügen bringt und gleichzeitig ein Dach für stürmische Zeiten hat.

Der Nachteil der Wandelanleihen: Im Gegensatz zu Aktienanleihen sind Convertibles nur in Stückelungen ab 50 000 Euro auf dem Markt. Privatanleger werden also häufig auf Wandelanleihefonds ausweichen müssen. Zu den besten Papieren in Europa auf Jahressicht zählen der UBS Bond Fund Convert Europe (WKN 935870), der seit 13 Jahren am Markt ist und seit April 2012 rund 11,5 Prozent eingefahren hat. Mit gut neun Prozent Plus auf Jahressicht und einem jährlichen Zuwachs von mehr als fünf Prozent im Schnitt der vergangenen fünf Jahre gehört der Allianz Convertible Bond (WKN A1JPF2) mittelfristig zu den erfolgreichsten Fonds für Wandelanleihen. Weit mehr noch haben Fonds eingespielt, die sich weltweit nach guten Wandlern umsehen, etwa der Lilux Convert (WKN 986275) mit einem jährlichen Plus von elf Prozent in den vergangenen fünf Jahren.

Die erfreuliche Wertentwicklung hat ihren Preis: Mit steigenden Kursen der Wandler sanken die Renditen, so dass sich die Aussichten für die Anleihevariante eintrüben. Allerdings können Anleger weiter auf die Aktienoption setzen. Hier gilt die Faustregel: Wandler partizipieren zu zwei Dritteln an steigenden Märkten, machen fallende Märkte aber nur zu einem Drittel mit. „Das Risiko ist geringer als bei direkten Aktieninvestments, die Gewinnchancen hingegen deutlich höher als mit reinen Unternehmensanleihen, deshalb sprechen wir von einem asymmetrischen Risikoprofil“, fasst Nicolas Cremieux zusammen, Wandelanleihe-Spezialist bei Dexia Asset Management.

HÖHERER ZINS, HÖHERES RISIKO

Die Trumpfkarte Sicherheit ziehen zuletzt auch immer öfter die Emittenten von Aktienanleihen. Neue Produkte schmückt neuerdings häufiger das Wörtchen „protect“, womit allerdings kein kompletter Kapitalschutz gemeint ist. Vielmehr verfügen die Protect-Produkte schlicht über einen größeren Puffer nach unten, die Sicherheitsschwelle. Doch kein Vorteil ohne Nachteil: Der Preis dafür ist ein niedrigerer Zinskupon. Eine Beispiel: Bei der gerade emittierten Aktienanleihe der Hypovereinsbank auf Daimler (WKN HV91MS) kann die Aktie des Stuttgarter Autobauers bis auf 30,80 Euro fallen, ohne den Zinskupon und komplette Rückzahlung des eingesetzten Geldes in bar zu gefährden. Erst wenn die Aktie bis 31. August 2014 einmal unter die Barriere fällt, erhält der Anleger nicht Bares, sondern Aktien – und zwar 22,7 Stück pro 1000 Euro. Der Preis des zusätzlichen Puffers: Der Zins liegt nur bei fünf Prozent – also etwa in Höhe der Daimler-Dividende beim aktuellen Kurs von 43 Euro. Vorsicht übrigens: Käufer von Aktienanleihen sollten berücksichtigen, dass viele Aktien am Tag nach der Hauptversammlung „ex Dividende“ handeln, also um den Wert der Ausschüttung ermäßigt. Bei riskanteren Konstruktionen mit höheren Zinsen kann die Barriere hier leicht verletzt werden.

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