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Nach der Arbeit in die Schule. Mit Realschulabschluss muss man für das Abi am Abendgymnasium rund drei Jahre investieren, mit Hauptschulabschluss ein Jahr länger. Foto: dpa

© dpa-tmn

Wirtschaft: Zweite Chance

Das Abi mit Verspätung nachzuholen, kann sich lohnen, denn ohne die Hochschulreife stehen der Karriere viele Hürden im Weg

Mal waren schlechte Noten schuld daran. Mal Faulheit. Oder mangelnde Reife. Die Gründe für einen verpassten Schulabschluss sind vielfältig. Doch egal, woran es lag, später ist der Ärger über verbaute Berufschancen häufig groß. Doch in Deutschland lässt sich auch im Erwachsenenalter noch jeder Schulabschluss nachholen – über den Zweiten Bildungsweg.

Maßgeblich für den Zweiten Bildungsweg sind zwei Schularten. „An den Kollegs findet der Unterricht tagsüber und bei den Abendgymnasien abends statt“, erklärt Tobias Funk von der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin. Die Fächer und der Stoff, die gelehrt werden, orientieren sich an den Prüfungsordnungen und Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes. Zudem kann man den Abschluss ortsunabhängig über ein Fernlerninstitut oder ohne Unterricht in einer so genannten Nichtschülerprüfung nachholen.

Wie lange eine Schule besucht werden muss, hängt von den Vorkenntnissen ab. „Ist der Realschulabschluss vorhanden, beträgt die Lehrgangsdauer am Abendgymnasium um die drei Jahre“, sagt Bruno Steinberg, Leiter des Abendgymnasiums Aachen. In der Regel werde wöchentlich 20 Stunden an vier bis fünf Abenden gelernt, erläutert das Vorstandsmitglied im Bundesring der Abendgymnasien. Beim Kolleg müssten drei Jahre mit rund 30 Wochenstunden eingeplant werden. Mit Hauptschulabschluss muss man oft ein Jahr mehr einrechnen.

Die Voraussetzungen für einen Besuch der Abendschule oder des Kollegs sind überschaubar. Bewerber müssen in der Regel 19 Jahre alt, berufstätig oder arbeitssuchend gemeldet sein. „Zudem muss man eine abgeschlossene Ausbildung oder eine zwei- oder dreijährige Berufstätigkeit nachweisen“, so Steinberg. Phasen der Arbeitslosigkeit könnten angerechnet werden.

Auch wenn es eine gute Investition in die eigene Zukunft ist, den Abschluss nachzuholen, dürfen Bewerber sich nicht überstürzt für diesen Schritt entscheiden. Sie sollten sich daher vorab fragen: Wie finanziere ich das? Bin ich diszipliniert genug, um meinen Alltag neu zu organisieren? Und kann ich das Lernen wieder lernen? Dabei kommt es darauf an, sich realistisch einzuschätzen. Denn wer sich überschätzt, scheitert schnell. Und ist dann natürlich enttäuscht.

„Deshalb sollte man sich im Klaren sein, was man sich zutrauen kann und wo die persönlichen Leistungsgrenzen liegen“, sagt Funk.

Auch die Finanzierung muss gut kalkuliert sein. Schüler auf dem Zweiten Bildungsweg können elternunabhängiges Bafög beantragen. Haben sie darauf keinen Anspruch oder reicht diese Förderung allein nicht aus, gibt es noch den Bildungskredit. Er wird Schülern gewährt, die volljährig sind und bereits einen Berufsabschluss haben. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit zu Stipendien. „Die werden dafür aber eher selten vergeben“, sagt Ilona Mirtschin von der Bundesagentur für Arbeit aus Nürnberg.

Für den Unterricht muss man meist nichts zahlen. „In der Regel handelt es sich um öffentliche Schulen, die nichts kosten“, erklärt KMK-Experte Tobias Funk. Ausnahmen seien denkbar, wenn eine Volkshochschule oder ein privates Institut die Kurse anbietet. Auch wer von zu Hause aus das Abi bei einem privaten Fernlerninstitut machen will, muss für die Materialien und die Betreuung durch die Dozenten zahlen.

Jeder Schüler sollte genau wissen, wofür der ganze Aufwand gut ist. „Wenn eine Krankenschwester das Abitur machen möchte, um Medizin zu studieren, weiß sie genau, wo sie hin will“, gibt Funk ein Beispiel. Unabhängig vom angestrebten Schulabschluss gelte: „Es ist wichtig, ein klares Ziel zu haben.“ dpa

Sascha Rettig

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