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Wirtschaft: Zweite Karriere in der Wirtschaft

Vertreter aller Parteien haben es schon versucht

Berlin Die Aufregung in der Opposition über den Wechsel des Staatssekretärs Alfred Tacke in die Privatwirtschaft wirkt überzogen, angesichts der Tatsache, dass Politiker aller Parteien schon immer eine zweite Karriere in der Wirtschaft angetreten haben. „Das ist ein Trend, den es seit Gründung der Bundesrepublik gibt“, sagt Hans See, Vorsitzender des Vereins Business Crime Control. „Ich empfinde die Kritik von CDU und FDP als Heuchelei – immerhin haben sie damit angefangen.“

Es gibt viele Beispiele, wo ein möglicher Interessenkonflikt öffentlich kritisiert wurde. Beim früheren FDP-Spitzenpolitiker Martin Bangemann etwa, ehemaliger Bundeswirtschaftsminister und später EU-Kommissar in Brüssel. Bangemann war in der Kommission zuletzt für die Ressorts Industriepolitik, Informationstechnik und Telekommunikation zuständig. Obwohl noch im Amt, wollte Bangemann im Juli 1999 einen hoch dotierten Beratervertrag bei der spanischen Telefongesellschaft Telefónica antreten. Deren damaliger Chef Juan Villalonga nannte Bangemann seinen „Ronaldo der Telekommunikation“. Nicht nur die EU-Kollegen empfanden den Wechsel Bangemanns als schweres Foul, auch weil er die vorgesehene Karenzzeit nicht eingehalten hat.

Die meisten Ex-Politiker werden von Unternehmen als hoch bezahlte Berater angeworben und sollen bei ihrer Lobbyarbeit ihre guten Kontakte nutzen. Manche Politiker steigen aber auch direkt ins operative Geschäft ein. Viel Aufsehen erregte der Wechsel des früheren Kanzleramtsministers und späteren EU-Koordinators für den Balkan, Bodo Hombach, auf den Posten des geschäftsführenden Gesellschafters bei der Essener WAZ-Zeitungsgruppe. Für den Medienkonzern, der zu dem Zeitpunkt den größten Teil seiner Auslandstitel auf dem Balkan publizierte, sollten sich die guten Kontakte des SPD-Politikers auszahlen.

Auch die frühere Parteivorsitzende der Grünen, Gunda Röstel, beschränkte sich nicht auf eine Beratertätigkeit. Nach ihrem Ausscheiden aus der Politik trat sie bei dem Wasserversorger Gelsenwasser in die Projekt- und Unternehmensentwicklung ein.

Ein berühmtes Beispiel für einen Politiker, der zum erfolgreichen Unternehmer wurde, ist der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth. 1991 trat der CDU-Politiker bei der thüringischen Landesregierung als Berater bei der Übernahme der Jenaer Carl- Zeiss-Stiftung an. Später übernahm Späth den Vorsitz der Geschäftsführung der Jenoptik. Seinen Posten verstand Späth jedoch auch immer als politische Position.

Von der Politik direkt auf einen Chefsessel in der Wirtschaft – diesen Sprung hat auch Hans-Peter Repnik geschafft. Der CDU-Politiker, der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion war, ist heute Vorstandschef des Dualen Systems Deutschland, dem größten deutschen Recyclingkonzern. vis

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