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Ozonloch über dem Südpol im Jahr 2014

© Abb.: Nasa

25 Jahre nach dem FCKW-Verbot: Das Ozonloch am Südpol schließt sich langsam

Das Verbot wirkt, der Ozonverlust über der Antarktis wird geringer. Doch nun wächst die Gefahr für Ozonlöcher im Norden, auch über Europa.

Das Ozonloch beherrschte jahrelang die Schlagzeilen. Jeweils im Frühjahr auf der Südhalbkugel reißt es über dem Pol auf und lässt vermehrt schädliche UV-Strahlung hindurch. Diese wird für eine gehäufte Anzahl von Hautkrebserkrankungen etwa in Australien verantwortlich gemacht; womöglich besteht auch ein Zusammenhang mit einer Trübung der Augenlinse (Grauer Star). Doch nun deuten erste Indizien auf eine Wende hin, das Ozonloch in der Stratosphäre schließt sich anscheinend langsam. Die Weichen dafür wurden vor 25 Jahren, am 29. Juni 1990, in London gestellt. 196 Länder und die Europäische Union hatten beschlossen, bis zum Jahr 2000 praktisch keine Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) mehr herzustellen. Damit verschärften sie das „Protokoll von Montreal“, in dem sie 1987 eine Halbierung der Produktion von FCKW bis 1999 festgelegt hatten. Bis heute wird dieses Herstellungsverbot weltweit respektiert. Erste Erfolge zeigen sich, gleichzeitig tauchen aber auch neue Ozon-Probleme in der Stratosphäre auf.

Das UV-Licht der Sonne spaltet "Chlor-Radikale" ab

Diese bis dahin in großen Mengen hergestellten FCKW reagieren in der Luft kaum mit einem anderen Stoff und steigen unverändert bis in die Stratosphäre auf, die in 8 bis 18 Kilometern Höhe beginnt. Dort spaltet das ultraviolette Licht der Sonne zunächst einzelne Chloratome aus den FCKW ab. Diese reagieren heftig mit vielen anderen Molekülen und werden daher „Chlor-Radikale“ genannt. Unter anderem zerstören sie sehr schnell Ozonmoleküle, die aus drei Sauerstoffatomen bestehen. Trotzdem verschwindet die Ozonschicht in der Stratosphäre außerhalb der höheren nördlichen und südlichen Breiten normalerweise nicht, weil dort auch noch Stickoxide und bestimmte Wasserstoff-Verbindungen vorkommen. Diese fangen die Chlor-Radikale ab und verhindern so zum Beispiel über Mitteleuropa größtenteils den Abbau der Ozonschicht.

Ganz anders sieht es über der Antarktis aus. Fallen dort im Winter die Temperaturen unter minus 78 Grad Celsius, bilden sich Wolken, aus denen die schützenden Verbindungen als Schnee zur Erde rieseln. Scheint im Polar-Frühjahr die Sonne intensiver, fehlen diese Radikal-Fänger und die Chloratome aus den FCKW können in einer Kettenreaktion das Ozon zerstören. Später im Jahr strömt aus den Tropen neues Ozon in Richtung Antarktis und füllt im Sommer das Ozonloch langsam wieder auf.

FCKW bleiben über Jahrzehnte in der Atmosphäre erhalten

Da die verschiedenen FCKW durchschnittlich 44 bis 180 Jahre in der Luft bleiben, kann sich ein solches Ozonloch auch noch viele Jahrzehnte nach dem Ende der FCKW-Produktion bilden. Erst als nach dem Beschluss von London seit dem Jahr 2000 praktisch keine neuen FCKW mehr dazukommen und die alten ganz langsam abgebaut werden, scheint daher 2012 und 2013 erstmals das alljährliche Ozonloch über der Antarktis etwas kleiner geworden zu sein. Allerdings ist seine Größe von Jahr zu Jahr recht verschieden, sodass Atmosphärenforscher vor zu viel Euphorie warnen. Erst um das Jahr 2070 könnte sich das Ozonloch vollständig schließen, zeigen ihre Berechnungen – wobei dieser Prozess durchaus auch ein paar Jahrzehnte länger dauern könnte.

Im Nordpolargebiet hingegen fallen die Temperaturen in der Stratosphäre nicht so tief wie über der Antarktis. Daher schneien die schützenden Verbindungen normalerweise nicht aus, und über dem Nordpolarmeer hat sich lange kein Ozonloch, sondern nur eine kleinere „Ozon-Delle“ gebildet, in der bis zu 30 Prozent der Ozonschicht zerstört waren. Am Anfang des 21. Jahrhunderts änderte sich die Lage, weil die massenhaft freigesetzten Treibhausgase die unteren Etagen der Atmosphäre aufheizen und gleichzeitig die Stratosphäre kühlen.

2011 bildete sich ein Ozonloch im Norden

Diese Abkühlung ließ dann auch im Winter 2011 die schützenden Verbindungen ausschneien und im Frühjahr 2011 war es soweit: „Im hohen Norden bildete sich ein Ozonloch, das bis zum 50. Breitengrad reichte“, sagt Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Potsdam. Zum Glück geschah das nicht über dem dicht besiedelten Mitteleuropa, sondern über den nahezu menschenleeren Regionen Zentralasiens bis in die Mongolei. Das könnte bei einem durchaus möglichen weiteren Ozonloch wieder anders aussehen, sagt der Forscher. Selbst die Mittelmeerländer könnten davon betroffen sein. Nach ersten Berechnungen könnte ein Ozonloch sich bis nach Griechenland ausdehnen.

Im hohen Norden ermöglicht der Klimawandel also ein neues Ozonloch. Im tiefen Süden dagegen ist ein Einfluss in entgegengesetzter Richtung zu beobachten. Dort wirkt das Ozonloch auf das Klima: Es kühlt die zentralen Teile der Antarktis regelrecht.

Das Ozonloch schützt die Antarktis vor der Erderwärmung

Um den eisigen Kontinent schließt sich ein Windwirbel, der im Uhrzeigersinn rotiert und Luft aus wärmeren Gegenden zurückhält. In den höheren Atmosphärenschichten dreht sich ein weiterer Wirbel, der mit dem unteren verbunden ist. Dort absorbiert die Ozonschicht normalerweise Sonnenstrahlung und erwärmt dabei die Luft. Bildet sich nun ein Ozonloch, schwächelt diese Heizung, die Luft kühlt weiter ab, sinkt nach unten – und treibt den Wirbel weiter an. Dadurch blasen auch die Winde um die Antarktis stärker, die so die wärmere Luft noch besser blockieren. Tatsächlich hat sich die zentrale Antarktis in den vergangenen Jahrzehnten leicht abgekühlt, während sich die meisten anderen Regionen der Erde aufwärmten. Sinkt der FCKW-Gehalt in der Atmosphäre weiter, wird weniger Ozon abgebaut und der eisige Luftwirbel über der Antarktis könnte sich abschwächen. Schließt sich dort das Ozonloch, dürften also auch in der zentralen Antarktis die Temperaturen steigen.

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