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Mittendrin. Mithilfe von Spezialbrillen kann man 3D-Filme bald zu Hause erleben.

© p-a/dpa

3D: Fernsehen in der dritten Dimension

Bis zum 3D-Vergnügen auf der Couch müssen noch einige Hürden genommen werden. Die Zuschauer werden noch lange mit der Brille leben müssen.

Das war knapp! Fast hätte der Hai den Häppchenteller abgeräumt, und die Zuschauer auf dem Sofa gleich mit. Das Fernsehen der Zukunft soll nicht länger auf einem fernen Bildschirm stattfinden, sondern mitten im Wohnzimmer. Beflügelt vom Erfolg der Kinobranche, die mit 3D-Filmen wie „Avatar“ und „Alice im Wunderland“ eine neue Dimension in die Säle – und Umsatzzahlen – brachte, arbeiten die Elektronikkonzerne an entsprechender Technik für zu Hause.

Alle namhaften Hersteller haben auf den jüngsten Messen Bildschirme vorgestellt, die räumliches Fernsehen ermöglichen. Technikfreaks werden sicher zugreifen. Doch um das Gros des Couchpublikums für Investitionen in die dritte Dimension zu überzeugen, müssen noch einige Probleme gelöst werden.

Für zwei Stunden 3D-Vergnügen im Filmtheater tragen die Zuschauer meist klaglos die Brillen. Im Fernsehalltag jedoch dürften solche Hilfsmittel bald nerven, vor allem jene zwei Drittel der Bevölkerung, die ohnehin eine Korrekturbrille tragen. Eine Alternative sind spezielle Bildschirme, die das 3D-Erlebnis ohne Brille ermöglichen. Dabei darf man seine Position aber nur um wenige Zentimeter verändern. Die Bewegungen vor dem Fernseher, etwa zu den Chips oder Richtung Lehne, sind dafür zu ausschweifend.

Doch nicht nur das erschwert die Revolution im Wohnzimmer. „Damit sich die Technik durchsetzt, braucht man entsprechende Inhalte in 3D“, sagt Jörn Ostermann vom Institut für Informationsverarbeitung an der Universität Hannover. Zwar wird es demnächst Blue-ray Discs geben, die über ein entsprechendes Format verfügen. Aber noch fehlen Übertragungsstandards, mit denen das dreidimensionale Fernsehprogramm von Antennen oder Satelliten in die Haushalte gebracht werden kann.

Bleibt also vorerst nur das 3D-Spektakel aus der Konserve. Damit im Kopf der Zuschauer ein räumlicher Eindruck entstehen kann, müssen die Fernseher zwei Filme zeigen, einen fürs linke Auge und einen fürs rechte. Um sie herzustellen, werden Spezialkameras eingesetzt, die zwei Objektive mit einem Abstand von 64 Millimetern haben, was der durchschnittlichen Distanz der beiden Augen entspricht. Mithilfe von Computerprogrammen kann die zweite Perspektive auch nachträglich hinzugefügt werden (siehe Kasten). Dass das jeweilige Auge stets das richtige Bild erhält, ist Aufgabe von Spezialbrillen.

Shutterbrillen geben abwechselnd den Blick für das rechte beziehungsweise linke Auge frei, in dem das Flüssigkristalldisplay (LCD) vor dem entsprechenden Auge auf „lichtdurchlässig“ oder „dunkel“ geschaltet wird.

Bei Polfilterbrillen nutzen die Techniker den Umstand, dass Lichtwellen in unterschiedlichen Richtungen schwingen können. Ein Polarisationsfilter lässt nur Licht mit einer ganz bestimmten Schwingungsrichtung passieren und blockiert alle anderen Wellen. Bei der 3D-Technik werden die Bilder für das rechte und linke Auge mit unterschiedlich schwingendem Licht ausgesandt. Die dazugehörige Brille enthält zwei verschieden orientierte Polfilter. Sie lassen nur die erwünschten Strahlen zu dem entsprechenden Auge und halten die störenden Lichtwellen ab.

Noch ist unklar, welche der beiden Techniken sich bei den Fernsehern durchsetzen wird. Die Shutter-Technik erlaubt auch HD-Qualität, doch kostet derzeit jede einzelne Brille schnell 50 Euro und mehr. Polfilterbrillen sind billiger, aber weil die entsprechenden Halbbilder nur in jeder zweiten Zeile angezeigt werden, ist die Auflösung der Bildschirme deutlich geringer.

Am besten wäre es ohnehin, wenn man auf das störende Hilfsmittel verzichten könnte. Autostereoskopische Bildschirme leisten das, allerdings mit bescheidenem Erfolg. Auf deren Oberfläche befinden sich winzige Linsen, wie sie auch bei 3D-Postkarten und „Wackelbildern“ zu finden sind. Je nach Betrachtungswinkel erreicht das Auge die Bildinformation der rechten oder linken Perspektive. Die einzelnen Bildpunkte und Linsen sind so angeordnet, dass im Idealfall mehrere Zuschauer, die sich zufällig vor dem Schirm versammeln, dreidimensional fernsehen können.

„Wenn man Pech hat, befindet man sich an einer Position, wo rechts und links vertauscht sind“, nennt Ostermann ein Problem. Dann könne man zwar einige Zentimeter weiterrücken, bis die Ansicht wieder stimmt. An dieser Stelle sollte man aber umgehend verharren, sonst ist das Bild möglicherweise gleich wieder weg.

Die Firma Philips hatte ein solches „Multi-User-Gerät“ bereits angeboten. Es wurde unter anderem in niederländischen Spielhallen zur Unterhaltung eingesetzt. Doch bei einem Preis von mehr als 10 000 Euro war das Interesse verhalten. Vor einem Jahr wurde das System wieder vom Markt genommen. „Die fehlende Bewegungsfreiheit ist ein Problem“, sagt Georg Wilde von Philips. Zudem sei durch die Mikrolinsen die Bildschärfe nicht so gut, wie man es von anderen Fernsehsystemen kennt. „Wir arbeiten weiter an der Technik, weil wir glauben, dass autostereoskopische Displays langfristig die bessere Lösung sind.“ Kurz- und mittelfristig sei aber nicht mit neuen Geräten zu rechnen. Was das in Jahre übersetzt heißt, will Wilde nicht sagen.

Für einen einzelnen Zuschauer lasse sich das Problem der mangelnden „Kopffreihheit“ eher lösen, sagt der 3D-Experte Ostermann. Indem man einen Bewegungssensor auf dem Bildschirm montiert, der jede Ortsveränderung des Zuschauers erfasst und das Bildraster nachführt. Aber noch sei diese Technik recht teuer und störanfällig.

Solange das Problem nicht gelöst ist, sind die Häppchen einigermaßen sicher.

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