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An der TU Berlin wurden bereits einige Großveranstaltungen abgesagt – „2000 Leute im Audimax zu haben, ist zu riskant“, sagt der Präsident (hier ein Archivbild, das das Foyer vorm Audimax zeigt).

©  TU Berlin/promo

Absage von Kongressen und Studienveranstaltungen: Das Coronavirus unterbricht auch den Wissenschaftsbetrieb

Die ersten Unis sagen Kongresse ab, Hochschulen bereiten Krisenszenarien vor: Das Coronavirus unterbricht auch den Wissenschaftsbetrieb.

Die neuen Studierenden werden in einer großen Feier willkommen geheißen: So ist es guter Brauch an den Unis.

Doch die Charité wird im Sommersemester mit dieser Tradition brechen. Die für den 5. April geplante Immatrikulationsfeier für die Erstsemester hat die Uniklinik jetzt abgesagt, genauso wie die Absolventenfeier – als Vorsorgemaßnahme, um der Verbreitung des Coronavirus nicht Vorschub zu leisten. Überhaupt appelliert die Charité an alle Beschäftigten sorgfältig zu überlegen, ob geplante Veranstaltungen tatsächlich stattfinden müssen.

Die Charité ist kein Einzelfall. Viele Hochschulen in Deutschland stellen größere Veranstaltungen auf dem Prüfstand.

Gerade ist Konferenzzeit an den Hochschulen

Zwar sind momentan Semesterferien. Doch wenn die Vorlesungen ruhen, kommen Forschende umso häufiger zu Konferenzen zusammen, schreiben Studierende ihre Klausuren: alles Anlässe, zu denen hunderte, teils tausende Personen auf engstem Raum zusammenkommen.

Prominentestes Beispiel für eine Absage ist die Verschiebung der Feier zur Verleihung des Leibniz-Preises, des wichtigsten deutschen Wissenschaftspreises.

[Lesen sie in unserem Liveblogs alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus und zum Coronavirus in Berlin]

Die Uni Göttingen hat ihre Studieninformationstage gestrichen. An der Uni Hamburg müssen jetzt ab zehn Teilnehmenden Listen geführt werden, damit bei einem Infektionsverdacht alle nachträglich kontaktiert werden können. Die Hanseaten stellen online Mitarbeitenden zur Infektionsprävention auch ein Türschild als Download zur Verfügung, das zwei rot durchgestrichen schüttelnde Hände zeigt: „Wir arbeiten Hand in Hand, aber wir schütteln sie uns nicht.“

"Total besonnen, pragmatisch": Die Stimmung an der TU Berlin

Von einer Panikstimmung will Christian Thomsen, Präsident der Technischen Universität Berlin, nichts wissen. Ganz im Gegenteil: „Total besonnen, pragmatisch“ seien die TU-Angehörigen. Er versuche bestmöglich über aktuelle Entwicklungen zu informieren: „Transparenz ist der beste Weg um Panik zu verhindern.“

Anders als die Freie Universität und die Humboldt-Universität hat auch die TU einige Konferenzen mit mehr als 2000 Teilnehmern verschoben, darunter einen Kongress zu „Armut und Gesundheit“ und den in Kooperation mit dem Tagesspiegel organisierten „Future Mobility Summit“, der nun am 7./8. September stattfinden soll.

Die Organisatoren von Konferenzen im März und April werden derzeit gebeten, entsprechend den Handlungsempfehlungen des RKI eine Liste aufzustellen, welche Punkte für ihren Kongress zutreffen: etwa ob bekannt ist, woher die Teilnehmenden kommen und ob alle Kontaktdaten vorhanden sind. Eine endgültige Bewertung gibt das Bezirksamt ab. Manche Auflagen seien aktuell nicht zu erfüllen, sagt Thomsen: Manchmal scheitere es schon daran, genügend Desinfektionsmittel vorzuhalten. „Und 2000 Leute im Audimax zu haben, ist ohnehin zu riskant.“

Hintergrund zum Coronavirus:

Klausuren hat die TU dagegen noch nicht abgesagt. Damit Studierende nicht voneinander abschreiben, sitzen sie eh mit größerem Abstand voneinander: Im Audimax etwa bleibt immer eine Reihe frei, und zusätzlich einige Plätze neben jedem Prüfling. Sollten Studierende nicht an Prüfungen teilnehmen können, weil etwa die Kita der eigenen Kinder wegen eines Coronavirus-Verdachts geschlossen wird, will die TU kulant sein – genauso wie bei Mitarbeitenden, die in ähnlichen Fällen auf einmal Kinder daheim betreuen müssen. „Das ist mir ganz wichtig“, sagt Thomsen.

Wie in vielen Firmen ist der Umgang mit Dienstreisen ein wichtiges Thema. TU, FU und HU haben diese in die vom RKI definierten Risikogebiete untersagt, die Charité genehmigt Dienstreisen insgesamt nach China, Südkorea, Japan, Iran und Italien nicht mehr. Kehren Wissenschaftler und Studierende aus diesen Gebieten – sei es dienstlich oder privat – zurück, sollen sie erstmal von Zuhause aus arbeiten. An der Charité müssen sie sich beim Institut für Hygiene melden, das über das Vorgehen berät.

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Wären die Hochschulen darauf vorbereitet, wenn sie schließen müssten, wie es jetzt Italien für das ganze Land beschlossen hat? Die HU werde dann „einen Notbetrieb einrichten, mit dem unverzichtbare Kernaufgaben und -prozesse gesichert werden können“, erklärt ein Sprecher: wie Wachschutz, Gebäudereinigung, Betreuung technischer Anlagen und Tierversorgung. Die FU teilt mit, sie sei „auf verschiedene mögliche Szenarien“ eingerichtet, die Lage werde von der Leitung „von Tag zu Tag neu bewertet“.

An der TU gibt es seit fünf Wochen einen Krisenstab

Die TU hat bereits vor fünf Wochen einen Krisenstab eingerichtet. Man versuche, dem Virus in der Planung „immer einen Schritt vorauszubleiben“, sagt Präsident Thomsen. Es gibt konkrete Vorbereitungen für Fall, sollte die Uni geschlossen werden müssen  – wobei darüber dann die Gesundheitsbehörden entscheiden würden und nicht das Präsidium, wie Thomsen betont.

Thomsen stellt sich auf verschiedene Stufen ein. Die erste wäre, den Vorlesungsbetrieb einstellen zu müssen: aktuell wegen der Semesterferien unproblematisch. Im Forschungsbetrieb sehe die TU eine geringere Ansteckungsgefahr in den Laboren, „weil die Wissenschaftler oft einzeln und nicht in großen Gruppen arbeiten.“

Das Schließen der Verwaltung wäre am schwierigsten

Am schwierigsten zu organisieren wäre das Schließen der Verwaltung – selbst wenn man davon ausgehe, dass ein großer Teil der Verwaltungsangehörigen von zu Hause aus arbeiten könne. Hier identifiziere man bereits, welche Aufgaben dennoch vor Ort weiter gewährleistet sein müssten, wie den Rechnerbetrieb und die Gehaltszahlungen zu sichern. „Wir sind gut vorbereitet, hoffen aber natürlich, dass es nicht passiert.“

Da andere Berliner Hochschulen die TU nach ihren Notfallplänen gefragt haben, schreibe die TU gerade eine Art Blaupause auf und werde das der Senatskanzlei zur Verfügung stellen, damit diese das den anderen weiterleiten kann. Die TU wiederum greift auch auf Erfahrungen einer Partneruni in Mailand zurück – diese musste bereits schließen.

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