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Palliativstation

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Ärztlich assistierte Selbsttötung: Offene Gespräche statt Tabus

Der Wunsch nach ärztlich assistierter Selbsttötung ist bei unheilbar Kranken kein Alltagsphänomen, ergab eine Umfrage unter Krebsmedizinern. Trotzdem gibt es den Suzidwunsch, auch bei guter palliativer Versorgung. Diese Menschen sollten nicht alleingelassen werden.

„Frau Doktor, können Sie mir helfen? So will ich nicht mehr leben!“ Dürfen Ärzte einem solchen Wunsch ihrer Patienten folgen? Krebsmediziner betrifft die Frage nach der ärztlich assistierten Selbsttötung in besonderer Weise. Nun hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) die Ergebnisse einer Umfrage unter ihren Mitgliedern und eine Stellungnahme vorgestellt.

Auf die Online-Befragung haben 775 Krebsärzte (27,5 Prozent der Mitglieder) geantwortet, teilweise mit umfänglichen Kommentaren. Nur 52 Prozent von ihnen wurden in ihrem Berufsleben schon mit der Frage nach dem assistierten Suizid konfrontiert. Und obwohl es sich meist um Ärzte handelte, die schon seit Jahrzehnten Schwerkranke behandeln, beschränkte sich das durchweg auf Einzelfälle. Ein Drittel der Patienten, die das Thema ansprachen, taten das allerdings direkt nach der Diagnose. 22 Krebsmediziner gaben an, dass sie bereits Beihilfe zum Suizid geleistet hätten, meist indem sie Informationen weitergaben. Der Medizinethiker Jan Schildmann von der Universität Bochum, der die Untersuchung leitete, spricht von einem sehr seltenen Phänomen – „zu dem es allerdings auch bei guter palliativmedizinischer Versorgung kommen kann“. Nur eine Minderheit von 41 Prozent der Befragten befürwortet ein berufsrechtliches Verbot des ärztlich assistierten Suizids, wie es in der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer festgeschrieben ist – die in den Ländern uneinheitlich umgesetzt wird.

In ihrer Stellungnahme spricht sich die Fachgesellschaft dafür aus, die entsprechenden Sätze aus der Musterberufsordnung zu streichen und die derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen nicht anzurühren. „Der Staat sollte Raum für Gewissensentscheidungen lassen“, sagte Mathias Freund von der Universität Rostock, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO. Zudem forderte Freund mehr Zeit und Raum für offene Gespräche zwischen Ärzten und unheilbar Kranken. „Je besser wir Menschen in Extremsituationen Hilfe anbieten, desto weniger werden kommerzielle Organisationen Gehör finden.“ Für viele Menschen sei allein die Aussicht, am Ende mit einem Suizidwunsch nicht alleingelassen zu werden, ein „Beitrag zu einem beruhigten Leben“, ergänzte die Medizinerin und Bioethikerin Bettina Schöne-Seifert von der Universität Münster.

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