zum Hauptinhalt

AhA: Warum drehen Mistkäfer Pillen?

Rund rollt gut. Zum Beispiel das Ruthenische Salzkraut.

Rund rollt gut. Zum Beispiel das Ruthenische Salzkraut. Es verbreitet seine Samen als Steppenroller und weht in Westernfilmen in Ballen durch die Prärie. Auch die Goldradspinne weiß die Ödnis als Rollfeld zu nutzen. Mit ihren acht Beinen formt sie bei Gefahr ein Rad und rollt eine Sanddüne hinunter.

Das Leben vieler Käfer ist beschwerlicher. Sisyphus schaefferi stemmt sich mit seinen Hinterbeinen gegen eine Mistpille und wälzt sie, rückwärts laufend, meterweit über den Boden. Der Pillendreher bewegt dabei ein Vielfaches seines Körpergewichts. Statt eine ruhige Kugel zu schieben, vollbringt er einen Kraftakt – ähnlich wie Sisyphos aus der griechischen Mythologie, der von den Göttern dazu verurteilt wurde, einen Felsbrocken wieder und wieder den Berg hinauf- zurollen.

„Mistkäfer haben sich auf die Fäkalien von Großtieren spezialisiert“, sagt Joachim Willers, Präparator für die Käfersammlung am Berliner Naturkundemuseum. Eine Vorliebe, die die Käfer mit zahlreichen Fliegen und Mikroben teilen. „Mit Hilfe ihrer Fühler sondieren sie, woher der Duft kommt“, beschreibt Willers. Ein frischer Kuhfladen auf der Weide? Wird blitzschnell aufgesucht. „Solange er noch warm ist.“

Einmal getrocknet, lässt Kot sich nicht mehr kneten. Daher ist Eile geboten. Die Kugelform ermöglicht es dem Skarabäus nämlich, den Mist in großen Portionen zu transportieren und rasch vor der Konkurrenz in Sicherheit zu bringen: als Fraßpille zum eigenen Verzehr oder als Brutpille, in die Eier gelegt werden.

Um mit einer Dungkugel eine Strecke von der Länge eines DIN-A-4-Blatts zurückzulegen, benötigen die flotten Käfer kaum mehr als zwei Sekunden. Manche legen Gänge an, um die Klumpen zu vergraben. „Der Untergrund bietet den Larven Schutz vor Kälte und Trockenheit“, sagt der Biologe.

Aber nicht nur während des Transports müssen Käfer ihre Beute verteidigen, auch im Stollen gibt es Rivalen. Andere Weibchen stibitzen die gedrehten Kugeln oder tauschen schon gelegte Eier gegen eigene aus. Um Mist und Brut zu beschützen, tragen bei Käfern der Art Onthophagus sagittarius deshalb auch Weibchen Hörner.

Anders die Strategie der tiefschwarzen Mondhornkäfer: Während die Männchen den Kot heranschaffen, bleiben die Weibchen in ihren unterirdischen Kammern. Dort erst formen sie die Brutpillen, die den Larven als Nahrung dienen. Sie harren im Untergrund aus, bis die Larven geschlüpft sind und sich verpuppen. Und warten aufs nächste Käferstündchen. Thomas de Padova

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false