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AhA: Warum sieht man schärfer, wenn man blinzelt?

Klassenraum, Hörsaal, Bibliothek – lebenslanges Lesen. Das kann nicht gut gehen. Vor allem in jenen Ländern, in denen Kinder früh anfangen zu lesen, hat die Kurzsichtigkeit rapide zugenommen.

Klassenraum, Hörsaal, Bibliothek – lebenslanges Lesen. Das kann nicht gut gehen. Vor allem in jenen Ländern, in denen Kinder früh anfangen zu lesen, hat die Kurzsichtigkeit rapide zugenommen.

Auch ich bin ein Betroffener. Am Ende meiner Studienzeit saß ich mit zusammengekniffenen Augen im Theater. Um die Gesichter der Schauspieler zu erkennen, benutzte ich das Jagdfernglas meines Großvaters. Schließlich legte ich mir doch eine Brille zu.

Die Aufgabe, von Nah- auf Fernsicht umzuschalten und umgekehrt, übernehmen unsere flexiblen Augenlinsen. Ein Ringmuskel verstärkt die Wölbung der Linse. Dadurch werden die ins Auge fallenden Lichtstrahlen stärker gebrochen, der Fokus verschiebt sich nach vorne. Die Linse kann auf diese Weise eine frühkindliche Weitsichtigkeit recht gut ausgleichen. „Bis zu etwa drei Dioptrien Weitsichtigkeit kann bei kleinen Kindern unauffällig bleiben“, sagt Frank Schaeffel, Leiter der Sektion Neurobiologie des Auges der Universität Tübingen. „Allerdings lesen weitsichtige Kinder nicht so gern, denn die ständige Anpassung strengt das Auge an.“

Anders bei Kurzsichtigkeit. In diesem Fall müsste die Linse den Fokus nach hinten verschieben, wenn der Blick in die Ferne schweift. Denn bei Kurzsichtigen liegt der Punkt, in dem sich die gebündelten Lichtstrahlen treffen, vor der Netzhaut. Die Strahlen laufen bereits wieder auseinander, ehe sie auf die Retina fallen. Das zerstreute Licht reizt daher nicht nur einen Punkt auf der Netzhaut, sondern ein größeres Areal. Diesen Fehler kann die Linse nicht ausgleichen. Das Vor- und Zurückfokussieren stößt hier an eine anatomische Grenze: Mehr als entspannen kann die Linse nun mal nicht.

Stattdessen kneifen Kurzsichtige, um ferne Gegenstände besser zu sehen, die Augen zusammen. So fällt zwar weniger Licht ins Auge. Es werden aber vor allem die äußeren Lichtstrahlen ausgeblendet, die von der Linse am stärksten gebrochen werden müssen und das Abbild am meisten verwischen.

Das Blinzeln verkleinert die Zerstreuungskreise auf der Netzhaut. „Man macht die Blende kleiner und erhöht die Tiefenschärfe“, erläutert Schaeffel. Nicht nur Kurzsichtige kennen diesen Effekt: Jeder, der durch ein winziges Loch in einem Blatt Papier schaut, sieht schärfer. Das ständige Zusammenkneifen der Augen war schon den alten Griechen bekannt. Bei ihnen hieß der Kurzsichtige „Myops“ – „Blinzelgesicht“. Thomas de Padova

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