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AIDS: Angriff auf den HIV-Wirt

Neue Taktik, die Virusreplikation zu stoppen, könnte neue antiretrovirale Medikamente hervorbringen.

Eine neue Methode, die Ausbreitung von HIV im Körper aufzuhalten, könnte die Suche nach Medikamenten, mit denen sich die Infektion behandeln lässt, unterstützen. Mehr noch: Da die Technik auf Proteine des Immunsystems abzielt, statt auf das Virus selbst, können Resistenzen, die HIV-Therapien bislang erschwert haben, potenziell umgangen werden.

Da es keine Heilung bei einer HIV-Infektion gibt, müssen Betroffene antiretrovirale Medikamente nehmen, um ihre Erkrankung zu kontrollieren. Derzeitige Therapieregimes attackieren Teile des Virus, die jedoch permanent mutieren, wodurch es schwierig ist, das Entstehen resistenter Stämme zu verhindern.

Um solche Medikamente zu ergänzen, verfolgen einige Wissenschaftler die Idee, menschliche Zellen anzugehen, um es dem Virus schwierig oder unmöglich zu machen, sich zu replizieren und die Krankheit zum Ausbruch zu bringen. Indem man ein Protein in den Immunzellen, in denen sich das Virus einnistet angreift, könnte HIV gehemmt werden, ohne dass Resistenzen entstehen.

Wissenschaftler unter der Leitung von Andrew Henderson von der Pennsylvania State University und Pamela Schwartzberg vom National Human Genome Research Institute in Bethesda, Maryland, untersuchten menschliche Immunzellen und entdeckten, dass sie weniger empfänglich für eine HIV-Infektion und die anschließende Replikation sind, wenn das induzierbare T-Zell-Kinase (ITK) genannte Enzym ausgeschaltet wird. ITK zu hemmen beeinflusst etliche Prozesse im Lebenslauf des HI-Virus, darunter sein Eindringen in die Zelle, die Expression viraler Gene und die Produktion neuer Virus-Partikel, so berichtet das Team in Proceedings of the National Academy of Sciences (1). Die Forscher bestätigten, dass Mutanten-Mäuse, denen ITK fehlt, weniger empfänglich für die HIV-Proliferation sind.

Die Wissenschaftler haben einen Patentantrag für ihre Strategie, ITK zu hemmen, gestellt und hoffen nun, dass pharmazeutische Unternehmen entsprechende Medikamente entwickeln. Das sollte nicht allzu schwer werden, meint Henderson. "Es gibt eine Reihe von Stoffen, die dafür zur Verfügung stehen", sagt er, doch noch ist unklar, ob ein solches Medikament bei Menschen effektiv wäre.

Gefährliches Spiel

Ein Grund, weshalb die Infektion so schwer zu behandeln ist, liegt darin, dass sich die Virus-eigenen Proteine so schnell verändern. Seine Protein-"Ummantelung" ebenso wie die Enzyme, die es nutzt, um die DNA der Wirtszellen für sich arbeiten zu lassen, mutieren regelmäßig. Die induzierbare T-Zell-Kinase ist wesentlich vorhersagbarer, argumentieren die Wissenschaftler.

Die beteiligten Immunzellen - CD4+ T-Zellen - sind jedoch wichtige Komponenten der körpereigenen Abwehr, nicht nur bei HIV. Frühere Versuche, an anderen T-Zellarten einzugreifen, scheiterten aufgrund der weitreichenden Funktionen dieser Zellen.

An der induzierbaren T-Zell-Kinase anzusetzen, löscht jedoch nicht alle Funktionen der CD4+-Zellen aus; stattdessen verlangsamt es sie, erklärt Schwartzberg. "Tiere, bei denen die induzierbare T-Zell-Kinase gehemmt wurde, können immer noch mit Virusinfektionen umgehen - jedoch langsamer", erklärt sie.

ITK ist ebenfalls ein viel versprechendes Ziel bei anderen Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel Asthma, so dass davon auszugehen ist, dass hier Lösungsansätze bei Erkrankungen, bei denen das Immunsystem sein eigener größter Feind ist, liegen, während der Immunschutz bei anderen Infektionskrankheiten gewahrt bleibt.

Dieser Ansatz wird nicht dazu beitragen, einen Impfstoff gegen HIV zu entwickeln, sagt Schwartzberg. Diese Behandlungsstrategie wird denjenigen zugute kommen, die bereits infiziert sind, sagt sie voraus; es ist keine prophylaktische Maßnahme. "Ich gehe davon aus, dass niemand ein Medikament nehmen will, das das Immunsystem manipuliert, solange er nicht infiziert ist", sagt sie.

(1) Readinger, J. A. et al. Proc. Natl Acad. Sci. USA doi:10.1073/pnas.0709659105 (2008).

Dieser Artikel wurde erstmals am 28.4.2008 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2008.785. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Michael Hopkin

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