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Raps

© dpa

Alternative Energieformen: Gegenwind für die Energie vom Acker

Biokraftstoff klingt umweltverträglich – doch die Zahl der Kritiker nimmt zu. Das Umweltbundesamt sieht hohe Kosten und ein geringfügiges Klimaschutzpotenzial. Sinnvoller wären Biomasse-Kraftwerke.

Biodiesel und andere pflanzliche Kraftstoffe gelten als umweltfreundliche Alternative zu fossilen Kraftstoffen. Doch die kritische Stimmen mehren sich, da für die Produktion von Biokraftstoffen Pflanzen verwendet werden, die auch als Nahrung dienen könnten. Und die Preise für diese Nahrungsmittel steigen.

Jean Ziegler, der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, hat gefordert, die Herstellung von Biokraftstoffen fünf Jahre lang auszusetzen. Nur so ließe sich der weitere Anstieg der Nahrungsmittelpreise stoppen, unter dem vor allem arme Länder litten, die auf den Import von Lebensmitteln angewiesen sind. Zudem hat das Internationale Institut für Wasserwirtschaft gewarnt, dass die ehrgeizigen Pflanzenkraftstoffpläne Chinas und Indiens die Wasservorräte der beiden Länder und damit die Produktion von Lebensmitteln bedrohten. Könnte es also sein, dass Politiker sich auf dem Holzweg befinden, wenn sie weiterhin auf die Energie vom Acker setzen?

Jean Ziegler ist nicht der Einzige, der dem unterschiedslosen Anbau von Biokraftstoffen Skepsis entgegenbringt. Sie seien „der größte Angriff auf die biologische Vielfalt“, urteilt auch der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara, auf einer Fachtagung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Die Artenvielfalt sei durch die gewaltigen Monokulturen der Biospritpflanzen enorm bedroht, kritisiert von Weizsäcker. Ihr Anbau habe nichts mit Klimaschutz zu tun, sondern führe in eine ökologische Krise.

Auch Umweltverbände wie der Naturschutzbund (Nabu) haben vor überzogenen Erwartungen an die Nutzung von Biomasse als Kraftstoff gewarnt. Mit Blick auf den Klimawandel und die Abhängigkeit von Erdölimporten könnten und müssten Biokraftstoffe zwar einen entscheidenden Beitrag zur Kraftstoffproduktion leisten. „Sie sind aber kein Allheilmittel zur Senkung der Klimabelastung im Automobilsektor“, sagt der Nabu-Präsident Olaf Tschimpke. Sein Verband betrachtet Pflanzendiesel daher „bestenfalls als Zwischenschritt auf dem Weg zur Entwicklung zukunftsfähiger Biokraftstoffe“.

Es ist eben ein Unterschied, ob man Holz aus Durchforstungen oder Pflanzenstängel nach der Getreideernte in Biomasse-Kraftwerken verheizt, oder ob dafür noch unreifes Korn sowie eigens angebauter Raps genutzt werden. Oder sogar Mais wie in den USA. Was wiederum in Mexiko den Preis für Tortillamehl für viele arme Menschen in kaum erschwingliche Höhen treibt.

Nach einer Schätzung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe für das Jahr 2006 wachsen allein in Deutschland auf rund 1,56 Millionen Hektar Energie- und Industriepflanzen – ein neuer Rekord. Das entspricht etwa 13 Prozent der gesamten Ackerfläche. Oder 4,3 Prozent der Bundesfläche. Oder fast ganz Schleswig-Holstein. Vor allem der Anbau von ölhaltigem Raps boomt: Auf ihn allein entfallen 1,1 Millionen Hektar Ackerland. Aus Raps wird überwiegend Diesel hergestellt. Auch Getreide und Mais sprießen immer öfter als Energiequellen, um daraus Ethanol zu gewinnen oder die Ackerpflanzen in Gasanlagen zu verstromen.

Verbände von Ökobauern sehen ein Problem darin, dass der Begriff „Biokraftstoff“ viel zu positiv besetzt ist und den Laien in die Irre führt. Biobutter, Biomöhren, Biodiesel – das klingt gleichermaßen sinnvoll. Doch Bio ist bei Kraftstoff keineswegs Öko, kritisieren sie. Im Lebensmittelbereich sind die beiden Kürzel seit Jahren durch die EG-Öko-Verordnung gesetzlich geschützt. Sie dürfen als Produktkennzeichen nur verwendet werden, wenn die Ackerfrüchte, Fleisch, Obst oder weiterverarbeiteten Erzeugnisse von biologisch bewirtschafteten Feldern oder Wiesen stammen. Die Mindestanforderungen für Produkte aus dem Ökolandbau hat die Europäische Union festgelegt; schärfere Richtlinien hatten lange zuvor Ökoanbauverbände wie Demeter, Bioland oder Naturland ihren Landwirten vorgegeben.

Für Energiepflanzen und daraus gewonnene Kraftstoffe gelten diese Vorschriften nicht. Ökoanbauverbänden ist dies ein Dorn im Auge. Man sehe „im Moment jedoch keine Möglichkeit“, den Schutz der Begriffe „Bio“ und „Öko“ auf den Kraftstoffsektor auszudehnen, sagt die Bioland-Sprecherin Sonja Vollmer.

Nun könnte man es auch nicht so genau nehmen und die Anführungszeichen einfach weglassen. Jürgen Fröhling von der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft in Bonn sieht die Verwendung der Begriffe Biodiesel und Bioethanol „mehr von der pragmatischen Seite“. In der Umgangssprache habe sich „die Kurzversion eben eingebürgert, die deutlich macht, dass ein Unterschied zum fossilen Kraftstoff besteht“.

Fröhling ist „fest davon überzeugt, dass Otto Normalverbraucher sehr wohl zwischen ,Bio’ bei Nahrungsmitteln und Energie unterscheidet, also nicht voraussetzt, dass im Falle der Energiegewinnung vom Acker ein Pflanzenschutz- und Mineraldüngereinsatz unterbleibt“. Wenn das stimmt, dann denken die Verbraucher also nicht, dass Biokraftstoffe unterm Strich gut für die Umwelt sind. Und zur Zeit sind sie das auch nicht, glaubt man den Kritikern.

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