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Hormonersatztherapien, die länger als ein Jahr dauern, erhöhen das Brustkrebsrisiko.

© Klaus-Dietmar Gabbert/zb/dpa

Analyse von 58 Studien: Brustkrebsrisiko steigt mit Dauer der Hormonersatztherapie

Nehmen Frauen fünf Jahre lang Hormone gegen Wechseljahresbeschwerden, erhöht sich ihr Brustkrebsrisiko um zwei Prozent. Ein Jahr Behandlung ist hingegen sicher.

Hormonersatztherapien (HET), die Frauen gegen Wechseljahresbeschwerden verschrieben werden, erhöhen das Brustkrebsrisiko. Das ist schon länger bekannt. Aber das allein ist noch kein Grund, bei heftigen Beschwerden auf diese nachweislich hilfreiche Therapie gänzlich zu verzichten. Zu einer angemessenen Nutzen- und Risikoabwägung ist es wichtig zu wissen, ab welchem Zeitraum der Behandlung die Krebswahrscheinlichkeit steigt. Und bleibt das Risiko auch nach dem Absetzen der HET erhöht und wie lange?

Jetzt haben Forscher Daten über knapp 500.000 Frauen aus 58 Studien analysiert, von denen 108.647 nach den Wechseljahren Brustkrebs entwickelten und 55.575 Hormonersatztherapien unterschiedlicher Dauer und Wirkstoffkombination bekommen hatten. In der Fachzeitschrift „Lancet“ fassen sie die Ergebnisse zusammen: Fünf Jahre Behandlung mit dem Hormon Östrogen und einer täglicher Dosis des synthetischen Hormons Progestin beginnend mit dem 50. Lebensjahr erhöht das Brustkrebsrisiko in den folgenden 20 Jahren von 6,3 Prozent auf 8,3 Prozent. Das bedeutet, von hundert Frauen erkranken zwei zusätzlich an Brustkrebs. Wer allerdings zehn Jahre lang HET-Pillen schluckt, verdoppelt dieses Risiko – vier von hundert Frauen erkranken dann zusätzlich.

Bei anderen HET-Varianten ist das Risiko geringer. So erkranken unter alleiniger Östrogen-Gabe von zweihundert Frauen nur eine zusätzlich an dem Tumor. Eine Anwendung von Östrogen nur lokal in der Vagina erhöhte das Brustkrebsrisiko nicht, ebenso wenig eine HET von einer Dauer unter einem Jahr.

Brustkrebsrisiko versus Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen

Die Wechseljahre beginnen bei den meisten Frauen etwa ab dem 45. Lebensjahr. Wenn die Eierstöcke nach und nach ihre Funktion einstellen, fällt der Östrogenspiegel im Körper ab, das Progesteron verschwindet nahezu gänzlich. Diese Umstellung kann bei einigen Frauen mit Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen einhergehen. Eine Hormontherapie, die in Europa und Nordamerika etwa 12 Millionen Frauen verschrieben bekommen, mildert diese Beschwerden ab.

Die Dauer der Behandlung ist dabei, der neuen Datenanalyse zufolge, offenbar von entscheidender Bedeutung, was das Brustkrebsrisiko betrifft. „Eine Behandlungsdauer von zehn Jahren mit Hormonen verdoppelt das erhöhte Brustkrebsrisiko im Vergleich zu einer fünfjährigen Behandlung“, sagt eine der Autorinnen, Gillian Reeves von der University of Oxford in einer Pressemitteilung der Fachzeitschrift. „Aber es scheint sehr wenig risikoreich zu sein, die Hormontherapie weniger als ein Jahr lang durchzuführen. Das gleiche gilt für die lokale, vaginale Östrogenanwendung in Form von Salben oder Zäpfchen, die nicht in den Blutkreislauf gelangen sollen.“

Die Ergebnisse der Wissenschaftler waren unabhängig von persönlichen Einflussfaktoren, wie zum Beispiel einer familiären Veranlagung oder Alkohol- oder Zigarettenkonsum. Bei übergewichtigen Frauen, die ohnehin ein höheres Brustkrebsrisiko tragen, stieg das Risiko durch die Hormontherapie weniger. Auch ein sehr später Beginn der Hormontherapie, ab dem Alter von sechzig Jahren, schwächte das Erkrankungsrisiko ab.

Ursache des erhöhten Brustkrebsrisikos ist unklar

Warum die Hormonersatztherapie das Brustkrebsrisiko erhöht, obwohl sie doch nur den Hormonhaushalt von Frauen vor der Menopause einstellt, ist nach wie vor unklar. Aber genau das könnte Ursache des Problems sein, denn während das Brustkrebsrisiko bis zur Menopause steigt, verlaufe dieser Anstieg danach etwas "milder", kommentiert Joanne Kotsopoulos vom Women’s College Hospital in Toronto die Arbeit im Fachblatt „Lancet“. „Die Hormontherapie könnte die Frauen de-facto in einem vor-menopausalen Stadium halten, weshalb sie nicht von dem reduzierten Brustkrebsrisiko nach der Menopause profitieren.“

Patientinnen sollten über die neuen Erkenntnisse informiert werden, sagt Olaf Ortmann von der Universitätsfrauenklinik in Regensburg. „Wir haben noch nicht so viel über die Langzeitfolgen gewusst. Bisher ist man davon ausgegangen, dass das Risiko für eine Brustkrebserkrankung wenige Jahre nach dem Ende der Hormonbehandlung wieder auf ein normales Maß zurück geht.“ Die Behandlung sollte demnach kein Selbstläufer sein, so Ortmann, der mitverantwortlich für die Leitlinie zur Hormontherapie in den Wechseljahren der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. „Aber die Patientinnen sollten nicht in Panik verfallen, sondern mit ihrem Arzt sprechen.“ Man solle immer nach ein paar Jahren überprüfen, ob die Medikamente reduziert oder ausgeschlichen werden können. „Manchmal sind die Beschwerden, die zur Hormontherapie geführt haben, schon gemildert.“ Und dann lohnt es sich nicht mehr, auch nur ein leicht erhöhtes Risiko einer späteren Brustkrebserkrankung einzugehen. (mit dpa)

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