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Studierende sitzen in einem Hörsaal, einige Plätze sind frei geblieben.

© Thomas Frey/dpa

Anteil der Teilzeitstudierenden geht leicht zurück: Experten fordern mehr flexible Uni-Angebote und Teilzeit-Bafög

Das CHE kritisiert die große Lücke zwischen offiziellen und de facto Teilzeit-Studierenden. Die Rahmenbedingen müssten verbessert werden.

Jobben, um sich das Studium zu finanzieren, neben dem Beruf ein Studium aufnehmen, Kinder und pflegebedürftige Angehörige betreuen oder als Studentin Politik machen: Es gibt viele Gründe, um weit über die Regelstudienzeit hinaus an der Uni zu bleiben. Den Studienerfolg stellt das nicht infrage, wohl aber die gute Abschlussbilanz der Hochschulen. In den Hochschulverträgen mit dem Land werden Studienabschlüsse in der Regelstudienzeit honoriert und hohe Überziehungsquoten ebenso bestraft wie beim Zukunftsvertrag, dem neu aufgelegten Hochschulpakt von Bund und Ländern.

Dabei gibt es ein Modell für nicht Vollzeit-Studierende, das solche Verzerrungen ausgleicht – das Teilzeitstudium. Doch obwohl der Anteil der Jobbenden und der berufstätigen Studierenden steigt, ist die Quote der Teilzeitstudierenden erstmals seit dem Jahr 2000 zurückgegangen. Der Rückgang ist mit 0,4 Prozentpunkten auf 7,1 Prozent zwar äußerst gering, doch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh warnt vor einer „bedenklichen Entwicklung“.

Denn insgesamt seien die Angebote der Hochschulen bundesweit stark ausbaufähig. Und in etlichen Bundesländern sind die Möglichkeiten, in Teilzeit zu studieren, noch immer sehr eingeschränkt.

Drei Prozent Rückgang beim Spitzenreiter NRW

Einem aktuellen CHE-Überblick zufolge ist Hamburg Spitzenreiter, 20,7 Prozent der Immatrikulierten im Wintersemester 2017/18 waren dort Teilzeitstudierende und 52,2 Prozent der Studiengänge machen ein entsprechendes Angebot. Dort stieg die Studierendenquote gegenüber dem Vorjahr um gut zwei Prozent. Es folgt Nordrhein-Westfalen, wo 12,3 Prozent nicht in Vollzeit studieren – und das bei einem Anteil der Studiengänge mit Teilzeitangebot von nur 7,8 Prozent.

Gleichzeitig ist NRW das Land mit dem größten Rückgang der Quote von Teilzeitstudierenden – 3,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Schlusslicht ist das Saarland mit einem Teilzeitanteil von 0,5 Prozent, wobei aber 65,7 Prozent der Studiengänge flexibel studiert werden könnten.

In 17,8 Prozent der Studiengänge in Berlin ist Teilzeit möglich

Berlin liegt mit fünf Prozent Teilzeitstudierenden – mit einem Plus von 1,3 Prozent gegenüber dem Wintersemester 2017/18 – bundesweit auf Platz 8 und mit 17,8 Prozent Teilzeitstudienangeboten im oberen Mittelfeld. Wie überall in Deutschland führen in der Hauptstadt die Unis mit 23,8 Prozent Teilzeitangeboten vor den Fachhochschulen mit 13,2 Prozent. Die meisten Angebote gibt es in den Ingenieurwissenschaften, wo jedes dritte Fach in Teilzeit studiert werden kann.

Das CHE kritisiert die im Bundesschnitt große Lücke zwischen Teilzeitangeboten und „de facto“-Teilzeitstudierenden. „Immer mehr Menschen wollen ihre akademische Aus- und Weiterbildung mit Familie, Beruf oder anderen Faktoren in Einklang bringen“, erklärt CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele. Während der Bundesdurchschnitt der offiziell Teilzeitstudierenden bei nur 7,1 Prozent liegt, schließen nur 40 Prozent aller Studierenden ihr Studium in der vorgesehenen Regelstudienzeit ab.

Dass trotzdem auch bestehende Angebote nicht in Anspruch genommen werden, erklärt Ziegele mit uneinheitlichen und unzulänglichen Regelungen seitens der Hochschulen. Während das Teilzeitstudium an Privatunis, die sich häufig an nebenberuflich Studierende richten, selbstverständlich sei, würden staatliche Hochschulen und FHs oft für jedes Studienjahr eine individuelle Begründung für ein Teilzeitstudium verlangen. Die größte Hürde sei aber weiterhin, dass Teilzeitstudierende keinen Bafög-Anspruch über die volle Laufzeit ihres Studiums haben. Nach wie vor wird die staatliche Ausbildungsförderung lediglich für die Regelstudienzeit plus zwei Semester gewährt. Das CHE fordert eine entsprechende Neuregelung des Bafög – und bundesweit ein größeres Angebot zeitlich flexibler Studienprogramme.

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