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Spuren im Erbgut. Vor 4000 Jahren gab es eine größere Einwanderungswelle ins Land der Aborigines.

© AFP

Anthropologie: Häufiger Besuch in Australien

Genetische Analysen zeigen: Der fünfte Kontinent war weniger isoliert als angenommen. Bereits vor 4000 Jahren gab es eine bedeutende Einwanderungswelle.

Nachdem die ersten Menschen vor mehr als 40 000 Jahren nach Australien gekommen waren, lebten diese Aborigines isoliert vom Rest der Welt, bis 1606 der erste Europäer den fünften Kontinent erreichte. An dieser Theorie keimen seit längerem Zweifel. So tauchten in der Zwischenzeit die „Dingos“ genannten Wildhunde in Australien auf, deren Vorfahren in China lebten und die eigentlich nur auf Schiffsplanken übers Meer gekommen sein konnten. Das endgültige Aus für die Isolationstheorie der Aborigines besiegeln jetzt Wissenschaftler um Irina Pugach vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (EVA) Leipzig mit einer Studie im Fachjournal „PNAS“.

Die Forscher haben das Erbgut verschiedener Bevölkerungsgruppen wie der Aborigines im Norden Australiens, der Menschen im Hochland von Papua-Neuguinea, der Einwohner verschiedener Inseln Südostasiens und von 26 indischen Volksgruppen miteinander verglichen. Dabei fanden sie deutliche Hinweise auf mindestens zwei Einwanderungswellen vor der Ankunft der Europäer auf dem fünften Kontinent. So haben die Aborigines, die Menschen im Hochland von Neuguinea und das Volk der Mamanwa auf den Philippinen nicht nur alle eine auffallend dunkle Hautfarbe, sondern offensichtlich auch gemeinsame Wurzeln. Die Geschichte dieser Gruppe trennt sich den Erbgutanalysen zufolge vor mindestens 35 000 Jahren. Mark Stoneking, Mitautor der Studie, vermutet einen direkten Zusammenhang mit dem Ursprung unserer Art Homo sapiens in Afrika. „Es könnte sich um die Nachfahren der Menschen handeln, die auf einer uralten südlichen Wanderroute aus Afrika kamen“, sagt der EVA-Forscher.

Über den Süden der Arabischen Halbinsel könnten die Menschen Südostasien erreicht haben. Damals bedeckten gewaltige Eiskomplexe den Globus, so dass der Meeresspiegel beispielsweise vor 40 000 Jahren knapp 90 Meter niedriger lag als heute. Die flachen Meere zwischen etlichen Inseln Südostasiens waren trocken gefallen und bildeten eine riesige Halbinsel namens Sunda. Ebenso war Australien mit Neuguinea zum Sahul-Kontinent zusammengewachsen, dessen Küsten nahe bei Sunda lagen. Auf Flößen oder Booten dürften einige Menschen bis nach Sahul gekommen sein.

Die Vorfahren der heutigen Aborigines blieben nicht isoliert. In deren Erbgut fanden die Forscher zudem Spuren von Menschen, deren Wurzeln in Indien liegen und die vor rund 140 Generationen oder 4000 Jahren etliche gemeinsame Kinder mit den ersten Ureinwohnern Australiens hatten.

Damals waren die Eismassen im Norden bereits geschmolzen und der Meeresspiegel hatte das heutige Niveau erreicht. Längst war Sunda wieder zu den heutigen Inseln zerfallen, vor rund 8000 Jahren war auch die letzte Landverbindung zwischen Australien und Neuguinea überflutet. Die Menschen mussten damals also auf Booten gekommen sein. „Etwa zu dieser Zeit tauchte auch der Dingo in der Region auf“, sagt Irina Pugach. Damit dürfte die Isolation Australiens bis zur Ankunft der Europäer wohl endgültig vom Tisch sein.

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