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Das Bild zeigt einen Ausstellungsraum mit Glasvitrinen und Besuchern.

© Promo/Museum Wukro

Archäologisches Museum Wukro - mit deutscher Hilfe: Ein Haus für Äthiopiens Antike

Mit Berliner Unterstützung ist im nordäthiopischen Wukro ein Museum für archäologische Funde aus der Zeit um 700 v. Chr. entstanden.

Wukro ist ein prosperierendes Städtchen im Norden Äthiopiens. Um eine neue Quelle für Baustoffe ging es örtlichen Unternehmern, als sie 2008 die Erschließung einer Kiesgrube wenige Kilometer vor Wukro planten. „Doch in der Bevölkerung kam Unruhe auf“, berichtet die Berliner Ethnologin Kerstin Volker-Saad. „Der Hügel von Meqaber Ga'ewa an der Karawanenstraße zum Roten Meer war als heiliger Ort bekannt.“ Die Kulturbehörde der Provinz Tigray, zu der Wukro gehört, ordnete Sondierungsgrabungen an – und tatsächlich stießen die einheimischen Archäologen auf antike Spuren. In Kooperation mit Kollegen vom Deutschen Archäologischen Institut und der Universität Jena machen sie bis heute Funde von unschätzbarem Wert.

Ein Tempel, der auf das Königreich von Saba verweist

Eine kopflose Frauenstatue, Sockel mit Inschriften, ein Altar mit Opferbecken – allesamt Kultgegenstände aus einem Tempel, den die Experten der äthio-sabäischen Zeit zuordnen. Das Königreich von Saba, eine antike Hochkultur, existierte auf dem Gebiet des heutigen Jemen zwischen 1000 v. Chr. und 400 n. Chr. Die Funde bei Wukro werden auf die Zeit um 700 v.Chr. datiert.

Diese Schätze für die Nachwelt zu erhalten, sei von größter Bedeutung für die kulturelle Identität der Äthiopier, sagt Kerstin Volker-Saad. Gemeinsam mit weiteren Experten von der Berliner Gesellschaft zur Förderung von Museen in Äthiopien ist sie eine der Initiatoren des Museums von Wukro, das am Sonntag feierlich eröffnet wird. Das vom Berliner Architektenduo Pedro Moreira und Nina Nedelykov entworfene Gebäude aus grob behauenem Kalkstein wird die archäologischen Funde aus der Region beherbergen. Der zweistöckige Gebäudekomplex fügt sich in die karge Landschaft ein und passt baulich zu einem historischen Generatorengebäude auf dem Gelände.

Bauboom in Wukro - die Preise der Handwerker steigen

Im Museum ist Platz für den zentralen Ausstellungssaal, eine Restauratorenwerkstatt und ein Magazin, das auch neue Schätze aus den laufenden Grabungen aufnehmen kann. Es gibt zudem Arbeitsräume, einen Museumsshop und eine kleine Gastronomie. Seit der Vereinsgründung 2009 hätten sie und ihre Mitstreiter das Projekt „auf gleicher Augenhöhe mit äthiopischen Partnern Schritt für Schritt vorangetrieben – auch mit Rückschritten“, sagt Volker-Saad. Ein Beispiel: Wegen des Baubooms in Wukro, das nicht zuletzt wegen des neuen Museums seine touristischen Infrastrukturen ausbaut, seien die Preise für Bauleistungen gestiegen. Der Verein musste entsprechend neue Spenden anwerben. Gleichwohl scheint der Kostenrahmen moderat: Rund 300 000 Euro hat das Projekt bisher beansprucht, finanziert wird es zu 40 Prozent vom Staat Tigray und zu 60 Prozent aus Spendengeldern. Die hohe Beteiligung der äthiopischen Seite steht für die tiefe lokale Verankerung des Projekts.

Ein Museum für alle, das an aktuelle Riten anknüpft

Bis hin zur Museumsleitung würden selbstverständlich alle Stellen im Wukro-Museum mit Einheimischen besetzt, betont Volker-Saad. Viele Unterstützer, darunter Berufsschüler aus Wukro, bepflanzten die Außenanlagen, örtliche Baufirmen setzten die Pläne der Architekten um. „Ein Museum für alle“ wird es auch durch enge Kooperationen mit den örtlichen Schulen und dem Uni-Institut für Museologie in der Gebietshauptstadt Mekele. „Entwicklungszusammenarbeit durch Kultur wurde bisher vernachlässigt“, sagt die Ethnologin.

In der Ausstellungshalle begegnen die einheimischen Besucher „ihrem“ Heiligtum. Der fast vollständig erhaltene Altar für Trankopfer wurde auf einem Podest aufgebaut, das den Hügel der Fundstätte nachbildet. Tafeln erläutern nicht nur die Herkunft der Objekte, sondern bebildern auch ihre Fundgeschichte und schildern die einstige rituelle Praxis. So beschreibt es Katrin Hinz, Professorin für Kommunikationsdesign an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Sie hat das Ausstellungsdesign und das museumspädagogische Konzept gemeinsam mit Studierenden entworfen. „Die Ausstellung soll anschaulich sein, aber gleichzeitig streng wissenschaftlich, also immer mit einem Fragezeichen versehen.“ Geht es etwa um Weihrauchopfer, könne man an die äthiopische Kaffeezeremonie anknüpfen, bei der das Räucherwerk bis heute eine zentrale Rolle spielt.

"Zion und Kiros" nehmen einheimische Schüler an die Hand

Für Schüler ab der 7. Klasse entwickelten die HTW-Studierenden eine Rallye durchs Museum. Leitfiguren sind dabei eigens entwickelte Figuren, die 14-jährige Zion, die ihrem kleinen Bruder Kiros die Ausstellung zeigt – und ihm Aufgaben stellt, die dann alle Kinder lösen sollen.

Der Verein und die HTW haben große Pläne. Schon jetzt sehe die Antikenbehörde in Addis Abeba das Museum als Modell für die künftige äthiopisch-deutsche Zusammenarbeit, sagt Volker-Saad. Das archäologische Museum solle zudem bald durch ein ethnologisches ergänzt werden, um auch die späteren Zeugnisse der reichen lokalen Kulturen zu zeigen.

Dazu passt Hinz’ Idee, den Museumsshop weiter auszubauen: Traditionelle Produkte wie Kaffee, Honig und Seife aus der Region werden bereits angeboten. Gemeinsam mit lokalen Handwerkerinnen will sie jetzt eine Produktlinie entwickeln, etwa für hochwertige Korbwaren und Weihrauchbrenner. Hergestellt werden sie nach Mustern, die die Menschen in Tigray seit Generationen kennen – und die teilweise auf die äthio-sabäische Zeit zurückgehen.

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