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Wissen: Auf dem Weg zur exzellenten Verwaltung

Ulrike Gutheil ist Kanzlerin der TU. Sie will Forschern und Studenten vor allem eins bieten: Service

Frau Gutheil, die Kanzler deutscher Universitäten diskutierten kürzlich über das neue Selbstverständnis ihrer Zunft. Seit zwei Jahren sind Sie Kanzlerin der TU Berlin und damit Leiterin der zentralen Universitätsverwaltung. Welche gravierenden Veränderungen spüren Sie?

Die Rolle der Kanzlerinnen und Kanzler und der Anspruch an ihre Tätigkeit haben sich stark verändert. Durch die zunehmende Autonomie der Hochschulen sind zwangsläufig auch auf die Leitungspersonen ganz neue Aufgaben hinzugekommen. Standen für die Kanzler bis vor wenigen Jahren reine Verwaltungsprozesse im Vordergrund, so ist der Alltag heute von Managementaufgaben geprägt. Als Kanzler haben sie sich Aufgaben wie der Optimierung von Organisationsprozessen, Personalführung, Qualitätssicherung, Informations- und Kommunikationsprozessen und der Steuerung des Ressourceneinsatzes zu widmen. All das muss messbar und bewertbar sein, und es muss mit Leistungsanreizsystemen untermauert werden. Sie sehen, keine leichten Aufgaben.

Passen die gesetzlichen Bestimmungen zu den neuen Anforderungen?

Es gibt in Deutschland kein einheitliches Berufsbild des Kanzlers mehr. Dazu sind die Ländergesetze inzwischen zu differenziert. Einige schränken die Befugnisse erheblich ein. Bedenklich finde ich, wenn ein Kanzler auf einer befristeten Position für seine Wiederwahl nur von einer Person abhängig ist, und für den Fall, dass er nicht wiedergewählt wird, keinen Job mehr hat. Diese Abhängigkeit kann der Position des Kanzlers im Hinblick auf die Gesamtverantwortung für den Haushalt der Hochschule nicht gut tun. Sie macht es ihm fast unmöglich, unpopuläre Entscheidungen umzusetzen.

Gibt es auch positive Beispiele, die den Kanzlerinnen und Kanzlern den notwendigen Spielraum für Entscheidungen einräumen?

Es gibt auch Länder, die es ihren Hochschulen überlassen, wie sie die Position des Kanzlers gestalten. In Berlin ist das der Fall. Kanzler auf Lebenszeit sind in den meisten Ländern ein Auslaufmodell. Es wird für die großen Universitäten in Deutschland immer schwieriger, unter ungenügenden gesetzlichen Rahmenbedingungen geeignete Kandidaten zu finden. Zudem sind die Ansprüche an die Fähigkeiten und Kenntnisse, die Erwartung an die Belastbarkeit enorm hoch.

Wo sehen Sie Ihre Aufgaben für die nächsten Jahre?

Ich persönlich befinde mich an der TU Berlin in der glücklichen Situation, dass ich sehr viele Gestaltungsspielräume habe. Das betrifft das operative Alltagsgeschäft ebenso wie die Initiierung strategischer Projekte in der Hochschulleitung. Das macht mir und meinen Mitstreitern sehr viel Spaß. Ich möchte für die TU eine offene und bewegliche Verwaltung, die sehr gut informiert ist und viel Eigeninitiative zeigt. Jeder Mitarbeiter ist ein Teil des Ganzen. Die große Herausforderung dabei ist, mit immer knapperen Ressourcen die Abläufe intelligent zu organisieren. Wir möchten für unsere Wissenschaftlern und Dozenten den nötigen Freiraum für ihre eigentlichen Aufgaben schaffen. Das ist ein ziemlich kompliziertes Geschäft. Das geht nur gemeinsam.

Wie sehen hier Ihre Pläne aus?

Stellen Sie sich eine neu berufene Professorin vor: Sie benötigt Büros, Laborausstattung und für ihre Vorlesung einen Hörsaal, am besten multimedial vernetzt. Außerdem will sie ihren ersten Förderantrag bei der Europäischen Union stellen, Mitarbeiter aussuchen und mit anderen Forschern kooperieren. Ich möchte einer solchen engagierten Wissenschaftlerin erfahrene Betreuer zur Seite stellen, die sie ein bis zwei Jahre begleiten, um ihr den Einstieg zu erleichtern. Zudem möchte ich Wissenschaftlern in der Forschung noch mehr Service anbieten. Ähnliches gilt für die Neugestaltung der Infrastruktur in der Informations- und Kommunikationstechnologie. Veränderungen plane ich auch beim Service für unsere Studierenden.

Welche sind das konkret?

Wir definieren uns als international renommierte Universität in der Hauptstadt, im Zentrum Europas. Wenn man unsere Universität betritt, soll man bereits an den Räumlichkeiten spüren, dass es eine offene, freundliche und serviceorientierte Universität ist. Die besten Räume in unserem Hauptgebäude bauen wir momentan zu einem hellen Servicezentrum um. Dort wird alles wichtige für Studierende gebündelt – von der Einschreibung über die Prüfungsanmeldung bis hin zu Informationen über ein Auslandsstudium oder das Prozedere der Exmatrikulation. Unsere Studierenden sollen die Wertschätzung spüren, die wir ihnen entgegenbringen.

Zu Ihrem Verantwortungsbereich gehört auch das Facility Management. Was versteht man darunter?

Zum Facility Management zählen wir nicht nur die Serviceeinrichtungen wie Hausmeisterdienste, Poststelle, Druckerei, sondern auch alle Wartungs- und Reinigungsarbeiten und natürlich die Bautätigkeiten. Um es anschaulich zu machen: An der TU Berlin gibt es allein 150 Aufzüge, 63 000 Türen und 450 000 Quadratmeter Fläche, die gereinigt werden muss.

Sie hatten in den vergangenen zwei Jahren die Leitung der Arbeitsgruppe „Facility Management der Berliner Hochschulen“ inne. Womit haben Sie sich beschäftigt?

Für die Berliner Politik war die Arbeit der Universitäten in der Verwaltung ihrer Gebäude nicht transparent genug.Aus dieser Situation heraus ist die Arbeitsgruppe zum Facility Management entstanden. Die Universitäten haben umfassende Ergebnisse vorgelegt und diese extern begutachten lassen.

Können Sie diesen Prozess und seine Ergebnisse näher beschreiben?

Die drei Berliner Universitäten haben zunächst ihr Facility Management analysiert. Damit liegen uns Vergleichszahlen etwa für die Bewirtschaftung oder den Service vor. Ebenso haben wir Kennzahlen für das Flächenmanagement erarbeitet, anhand derer wir nun sagen können, wie viel Quadratmeter wir für einen Angestellten oder eine Professorin einplanen müssen. Als drittes Element erstellten wir eine Kosten-Leistungsrechnung. Mit ihr können wir aufzeigen, welcher Bereich wie viele Kosten erzeugt und wo es Einsparpotenziale gibt. Wir wissen nun für jede der drei Universitäten genau, wie viele Gelder beispielsweise in den Personalbereich für das Facility Management fließen, wie viel in die technische Wartung, in Energie oder Reinigung. Damit konnten wir eine gemeinsame Entwicklungsplanung der Standorte im Rahmen des Projekts vorlegen. Alle Ergebnisse deuten darauf hin, dass andere Organsiationsmodelle als unsere höhere Kosten nach sich ziehen.

Wie stehen die Berliner Universitäten im Vergleich zu anderen Hochschulen beim Facility Management da?

Man kann für uns ohne Übertreibung behaupten, dass wir im Bereich des Bauens und Bewirtschaftens von Hochschulbauten eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Erfahrungen der Berliner sind zurzeit für andere Hochschulen besonders interessant. Das betrifft beispielsweise Hochschulen in Nordrhein-Westfalen oder Hessen, die bei den Bauten oder Liegenschaften zusätzliche Kompetenzen aufbauen müssen, wenn sie ihrer Autonomie gerecht werden wollen. Daher wurde ich vom Sprecherkreis der deutschen Universitätskanzler gebeten, die Leitung des bundesweiten Arbeitskreises „Liegenschaftsmanagement deutscher Hochschulen“ zu übernehmen.

Das Gespräch führten Kristina R. Zerges und Stefanie Terp.

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