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Ausstellung: Das ABC der Antike

Eine Berliner Ausstellung ebnet „Wege zu unserem kulturellen Gedächtnis“. Im "Jahr der Geisteswissenschaften" mit dem Schwerpunkt "Sprache" zeigen die Akademien, wie sich Altertumsforscher dem Thema annähern.

Das ABC in seiner materialisierten Gestalt, als Technologie von Geschichte und Gesetz, Gedächtnis und Literatur: Die am Mittwochabend im Pergamonmuseum öffnete Ausstellung über „Sprache, Schrift und Bild“ ebnet „Wege zu unserem kulturellen Gedächtnis“ – und ist eine Leistungsschau der acht deutschen Akademien der Wissenschaften. Im Jahr der Geisteswissenschaften, das im Zeichen der Sprache steht, zeigen die Akademien, womit sich ihre Altertumsforscher in ihren groß angelegten Langzeitprojekten beschäftigen. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vermitteln sie auch eine Ahnung von den Reichtümern der Berliner Museen.

In 17 Projektstationen wird demonstriert, in welchen Kategorien Altertumskunde abläuft. Als da sind: Entzifferung von Texten auf diversen Materialien – Keilschrifttafeln neben Papyrusurkunden und Sammlungen von Inschriften, aber auch große Werkausgaben wie etwa jene von Augustinus und Winckelmann. Dann natürlich Wörterbücher zu längst untergegangenen Sprachen (wie dem Altägyptischen) und Nachschlagewerke von globalem Zuschnitt wie etwa der berühmte „Census antiker Werke aus Kunst und Architektur in der Renaissance“, der seit geraumer Zeit an der Humboldt-Universität angesiedelt ist, oder das gigantische „Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie“. Schließlich lenkt die Ausstellung den Blick auf das Thema Religion – unter anderem mit dem Thesaurus alter Riten und Kulte, dem Altägyptischen Totenbuch, den Inschriften des ptolemäerzeitlichen Tempels und nicht zuletzt mit dem Corpus Coranicum im Museum für Islamische Kunst.

Die ägyptische Kultur habe natürlich nicht zwischen Religion und Politik unterschieden, sagte der Heidelberger Ägyptologe und Kulturgedächtnisforscher Jan Assmann in der einleitenden Diskussion zum Thema „Die Entstehung des Politischen im Alten Orient“. Aber der Grundzug verantwortlichen Handelns sei doch von der Figur des Ma’at, der ägyptischen Gottesvorstellung oder Weltordnung, imprägniert gewesen.

Gerechtigkeit, ja sogar Gnade und Milde, nicht Gewalt sei der Tenor dieser frommen Politik gewesen, somit ein genaues Gegenteil zum neuzeitlichen Politikverständnis eines Thomas Hobbes, sagte Assmann. Über seine viel diskutierte Thesen hätte ein eigener großer Abend sich leicht entfalten können – so substanziell waren die Antworten und Anregungen des fachkundigen Podiums. Altbundespräsident Roman Herzog, der sich als Wilderer im Feld der Wissenschaft ausgab, fiel mit der Frage ins Revier, ob denn das, was die Texte sagen, auch das habe sein können, was sie nicht sagen, was aber getan wurde.

Lücken wie diese lassen sich in der Regel von der Literatur besser als von der autorisierten Geschichtsschreibung auffüllen; und tatsächlich blieb die Frage nach dem Übergang von gesprochener zu geschriebener Gerechtigkeit sowie den maßregelnden Institutionen ein Ansporn zu kulturvergleichendem Räsonieren. Mindestens die Erkenntnis, dass nicht alle politische Theologie in Fanatismus münden muss, konnte man aber von Assmann lernen; mithin eine mehr als zeitgemäße Lektion. Claudia Schmölders

Die Ausstellung „Sprache – Schrift – Bild“ ist bis zum 31. August im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel und im Alten Museum zu sehen. Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 10 bis 18 Uhr, Do. 10 bis 22 Uhr.

Claudia Schmölders

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