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Dunkles Gewand. Die überwiegend schwarze Zeichnung auf dem Rücken hilft Libellen in kühlen Regionen, genug Sonnenenergie zu tanken.

© Randolf Manderbach

Auswirkungen des Klimawandels: Wer schwarz trägt, muss in den Schatten flüchten

Ein dunkles Gewand hilft nordeuropäischen Libellen, jeden Sonnenstrahl zu nutzen. Doch wenn es wärmer wird, könnte das ein Nachteil sein.

Obwohl Insekten ihre Zeichnung ebenfalls als Tarnung oder zur Abschreckung nutzen, wird ihre Farbigkeit vor allem durch das Klima beeinflusst. Um im Norden Europas jeden warmen Sonnenstrahl nutzen zu können, tragen Libellen und Schmetterlinge dort auf dem Rücken im Durchschnitt dunklere Farben als im Süden. Dort bevorzugen die Tiere hellere Töne, schreiben Wissenschaftler um Dirk Zeuss von der Philipps-Universität Marburg im Fachmagazin „Nature Communications“. Die Biologen hatten das Aussehen und die Verbreitungsdaten von 473 Schmetterlings- und Libellenarten aus den Jahren 1988 bis 2006 statistisch analysiert.

Ähnlich wie Echsen sonnen sich diese Insekten, um Energie zu tanken und so mobil zu werden. Erst wenn sie wärmer als ihre Umgebung sind, können sie losfliegen, Nahrung suchen oder sich fortpflanzen. Allzu heiß darf es ihnen dabei allerdings nicht werden. Im Süden können hell gefärbte Insekten über eine längere Zeit aktiv sein und können sich möglicherweise besser an verschiedene Temperaturen anpassen.

Der Klimawandel begünstige deshalb Arten mit hellerem Gewand, schreiben die Autoren. Ihren Wärmehaushalt optimal zu regulieren, ist für Libellen und Schmetterlinge offenbar noch wichtiger, als sich vor Fressfeinden zu verstecken oder diese abzuschrecken.

Knallrot und azurblau

„Bisher konnten wir nur zuschauen, wie massiv sich die Insektenfauna in den letzten 20 Jahren verändert hat“, sagt Stefan Brunzel von der Philipps-Universität Marburg. Einige Libellenarten aus dem Mittelmeerraum wie die hellblaue Südliche Mosaikjungfer, die knallrote Feuerlibelle oder die Gabel-Azurjungfer haben in dieser Zeit ihr Verbreitungsgebiet bis nach Deutschland ausgeweitet. Ähnlich sieht es bei den Schmetterlingen aus.

Eine schlüssige Erklärung dafür gab es bisher nicht. „Wir kennen kaum allgemeingültige Regeln dafür, warum eine Art in einer bestimmten Region vorkommt“, sagt Zeuss. Eine derart klare Nord-Süd-Verteilung der Farben zu finden, hatten die Biologen nicht erwartet.

Ihre Ergebnisse legten nahe, dass dunkel gefärbte Insekten sich im Verlauf des Klimawandels aus allzu warmen Gebieten zurückziehen und in den Norden abwandern oder – in einem kleineren Maßstab – in den Schatten flüchten, schreiben Zeuss und seine Kollegen. Diese Beobachtungen sollten auch für den Naturschutz berücksichtigt werden – wenn es darum geht, bedrohten Schmetterlings- und Libellenarten zu helfen.

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