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Auszeichnung: Akademiepreis für Martin Haspelmath

Der Kartograf Martin Haspelmath erhält für seine Arbeit über die Weltsprachen den Akademiepreis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Schottische Forscher haben kürzlich einen Zusammenhang zwischen Genen für die Hirnentwicklung und dem Ursprung von Sprachen entdeckt. Kommen bestimmte Gentypen in einer Volksgruppe nur selten vor, neigt sie dazu, in Tonsprachen zu kommunizieren. Sprachen, in denen die Wortbedeutung durch eine Änderung im Ton variiert, sind Chinesisch oder das indianische Apache. Der Leipziger Linguist Martin Haspelmath las die Nachricht mit kritischem Interesse. „Zu spekulativ“, befand der Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Aber über die Aufmerksamkeit für den „neuesten Gen-Hype“ freut sich Haspelmath trotzdem. Denn sie gilt auch seinem „Weltatlas der Sprachstrukturen“, mit dem die Genetiker arbeiteten.

Haspelmath ist der Glücksfall eines interdisziplinär forschenden Geisteswissenschaftlers: Er arbeitet mit quantitativen naturwissenschaftlichen Methoden – und wird von Naturwissenschaftlern ernst genommen. Mit modernster Computertechnik übertrug Haspelmaths Team Datenbanken zu 2500 Sprachen auf digitale Kartierungsprogramme. Der 2005 erschienene „World Atlas of Language Structures“ ist ein Großprojekt zur weltweiten vergleichenden Erforschung sprachlicher Strukturen und ihrer geografischen Verteilung; Haspelmath koordinierte die 40 Autoren, verfasste selber sechs Artikel. Für sein „umfangreiches und hochrangiges wissenschaftliches Oeuvre“ erhält Haspelmath am morgigen Sonnabend den mit 20 000 Euro dotierten Akademiepreis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Auf Papier hat der Weltatlas 640 Seiten, in der elektronischen Fassung ist er ein noch vielseitigeres Forschungsinstrument für alle, die sich mit weltweiten Kulturvergleichen beschäftigen, sagt Haspelmath. Er selber zoomt sich gerne ganz tief in die Weltkarten, um beispielsweise zu gucken, welche Sprachen entlang eines Flusses in Nigeria gesprochen werden. Auch wenn sie aus verschiedenen Sprachfamilien stammen, gibt es doch durch die geografische Nachbarschaft sehr weitgehende Ähnlichkeiten unter den Sprachen – eine fundamentale Erkenntnis, mit der Haspelmaths Projekt Furore macht.

Das Spezialgebiet des Sprachtypologen, der in Wien und Köln unter anderem indo-europäische Sprachen und Slawistik studierte und sich an der Freien Universität Berlin habilitierte, sind grammatische Sprachvergleiche. Warum kennt das Japanische keinen Plural, oder welche doppelt transitiven Konstruktionen des Verbs „geben“ kommen weltweit vor? Grammatik findet Haspelmath wunderschön – „wie mathematische Formeln oder physikalische Theorien“. Sein aktuelles Forschungsthema ist gleichwohl sehr anschaulich. Haspelmath untersucht, wie sich Fremdwörter in verschiedenen Sprachen durchsetzen. Ein erster Trend zeichnet sich ab: „Körperteile wie Auge, Mund, Ohr werden fast nie aus einer anderen Sprache übernommen, die Bezeichnungen für Vater und Mutter dagegen sehr oft“, sagt Haspelmath. Amory Burchard

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