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Lange lernen. Im Bachelor halten 19 Prozent der Studierenden die zeitliche Belastung im Semester für zu hoch. Foto: ddp

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Bachelor und Studiengebühren: Studieren, jobben – und auf die Eltern hoffen

Das Deutsche Studentenwerk hat untersucht, wie Studenten heute leben - unter den Bedingungen von Bachelor und Studiengebühren.

Der Bachelor und Studiengebühren – diese zwei Themen lösen immer wieder heftige Kontroversen aus. Erstmals hat jetzt auch das Deutschen Studentenwerk (DSW) in seiner am Freitag veröffentlichten Sozialerhebung untersucht, wie die Situation der Studierenden unter den neuen Bedingungen aussieht. Wie berichtet, wurden dafür im vergangenen Sommer 16 000 Studierende befragt.

Belastung im Bachelor

Die Sozialerhebung konnte eine große Kohorte von „reformierten“ Studenten untersuchen: 43 Prozent der Befragten studierten im Bachelor, fünf Prozent im Master. Die Kritik der protestierenden Studenten an der starken Arbeitsbelastung bestätigt sich nur teilweise. Im Studium und im Nebenjob arbeiten Bachelorstudierende an der FH 44 Stunden pro Woche, an der Uni 43 Stunden. Damit liegen sie gleichauf mit Lehramtsstudierenden in Staatsexamensstudiengängen und in Diplomstudiengängen an der Uni. Mehr Zeitaufwand haben Staatsexamenskandidaten, die Jura oder Medizin studieren, Diplomstudenten an der FH und Masterstudierende. Immerhin 19 Prozent der Bachelorstudenten halten die zeitliche Belastung im Semester für zu hoch. Besonders belastet sind jobbende FH-Bachelor, die dafür 15 Stunden wöchentlich aufwenden; im Schnitt aller Studierenden sind es nur acht Stunden.

Studiengebühren

Fliehen Abiturienten aus Ländern, die Studiengebühren nehmen, in gebührenfreie Länder? Nein, sagen die Autoren vom Hochschul-Informations-System (HIS). Das Wanderungsverhalten zwischen den Ländern sei praktisch unverändert im Vergleich zur Erhebung von 2006, die noch vor der Einführung von Studiengebühren erstellt wurde. Von den Abiturienten, die ihre Hochschulreife in einem Gebührenland erlangt haben, bleiben 86 Prozent zum Studium in ihrer Heimat, genauso viele wie 2006. Der Befund widerspricht damit einer Studie, die kürzlich das Institut für Wirtschaftsforschung Halle veröffentlichte. Demnach konnten die gebührenfreien ost- und westdeutschen Flächenländer ihre Wanderungsbilanz erheblich verbessern. Die Gebührenländer hätten zwar auch Erstsemester aus anderen Ländern hinzugewonnen, jedoch wesentlich weniger als in den Jahren zuvor.

Es wäre fahrlässig zu behaupten, Studiengebühren seien keine Belastung für Studenten, sagte DSW-Präsident Rolf Dobischat. Gerade für Studierende aus niedrigen sozialen Schichten stellen sie eine „weitere Hürde“ im Bildungssystem dar. Fast ein Viertel der Gebührenzahler lebe in einer „finanziell angespannten Situation“. Diese Studierenden müssten noch mehr jobben, um die Gebühren zu bezahlen, da kaum einer einen Kredit aufnehme. Durchschnittlich arbeiten sie vier Stunden in der Woche mehr als die Kommilitonen, die die Gebühren nicht aus dem eigenen Verdienst zahlen. Bei Akademikerkindern kommen größtenteils die Eltern für die Gebühren auf.

Studienfinanzierung

Zwei Drittel der Studierenden schätzen die Finanzierung ihres Lebensunterhalts als gesichert ein. 48 Prozent der durchschnittlichen Einnahmen von 812 Euro kommen von den Eltern, 26 Prozent stammen aus Nebenjobs und 15 Prozent vom Bafög-Amt. Der Elternanteil ist damit auf den Stand von 1994 gesunken, in den folgenden zwölf Jahren war er auf 52 Prozent angestiegen. Die Eltern vor allem von Studierenden aus den unteren sozialen Schichten seien heute „am Rande ihrer finanziellen Möglichkeiten“, erklärte Dobischat. Entsprechend mehr wird gejobbt. Statt 60 Prozent gehen 66 Prozent der Studierenden arbeiten. Gleichzeitig wurden die Bafög-Sätze um zehn Prozent angehoben: Im Schnitt erhalten die Geförderten 430 Euro, 2006 waren es noch 376 Euro. Trotz der Erhöhung der Freibeträge für das Elterneinkommen ist aber die Quote der Geförderten etwa gleich geblieben.

Migranten

Ebenso wie der Anteil der Studierenden aus den unteren sozialen Schichten (siehe Tagesspiegel vom 24. April) stagniert die Zahl der Migranten an den Hochschulen – bei acht Prozent. Für die neue Sozialerhebung galt allerdings ein neues Migrationskonzept. Danach werden auch Studierende mit nur einem Elternteil ausländischer Staatsangehörigkeit mitgezählt: Das sind an den deutschen Hochschulen drei Prozent. Offiziell weist die Statistik also einen Migrantenanteil von elf Prozent auf. Die Studierenden mit ausländischen Wurzeln stammen zu 34 Prozent aus einer niedrigen sozialen Herkunftsgruppe – deutlich mehr als bei den Nichtmigranten.

Die Situation in Berlin

876 Euro haben Berliner Studierende im Schnitt monatlich zur Verfügung – nur die Hamburger Kommilitonen (969 Euro) geben im Vergleich der Bundesländer mehr aus. Hamburg und Berlin liegen vorn, weil in den Stadtstaaten die Mieten teurer als in den Flächenländern sind. Elf Stunden arbeiten die Berliner Studenten pro Woche, ein Höchstwert. Im Mittelfeld liegen die Berliner beim Arbeitsaufwand für die Uni (34 Stunden in der Woche). Amory Burchard/Tilmann Warnecke

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