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Einer vorläufigen Studie zufolge haben Covid-19-Patienten, die ein altbekanntes Medikament gegen Sodbrennen bekommen, bessere Chancen auf einen glimpflichen Krankheitsverlauf.

© Pierre-Philippe Marcou/AFP

Bekannter Wirkstoff soll Corona-Erkrankung lindern: Säureblocker könnte Covid-19-Patienten helfen

In einer Studie erkrankten Covid-19-Patienten weniger schwer, wenn sie ein lange bekanntes Mittel gegen Sodbrennen bekamen: Famotidin.

Bislang sind es nur vorläufige Ergebnisse und der Wirkmechanismus ungeklärt - wie bei so vielen Substanzen, die derzeit gegen Covid-19 getestet werden: Ein Magenmittel wird mit verringerter Covid-19-Sterblichkeit in Verbindung gebracht.

„Der Wirkstoff Famotidin wird angewendet, um die Magensäuresekretion zu mindern“, wird der Wirkstoff, der gegen Magen- und Darmgeschwüre sowie Sodbrennen eingesetzt wird, im Arzneimittel-Register „Gelbe Liste“ beschrieben. Nun könnte ein neues Anwendungsgebiet hinzukommen: Covid-19.

Laut einer bislang unveröffentlichten und nicht von unabhängigen Experten begutachteten Studie müssen Covid-19-Krankenhauspatienten, die mit Famotidin behandelt werden, seltener beatmet werden. Auch das Risiko an den Folgen der Infektion zu sterben, sei vermindert, berichtet ein Forschungsteam um Daniel Freedberg und Julian Abrams von der Columbia University in New York.

Interessante Korrelation, aber noch kein Wirksamkeitsnachweis

„Wir können anhand unserer Studie nicht sagen, ob Famotidin bei Covid-19-Patienten eine Wirkung hat“, teilte Abrams dem Tagesspiegel mit. Die Studie zeige lediglich, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Famotidin und besseren Behandlungsergebnissen gab.

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1620 Patienten wurden untersucht, darunter wurden 84 mit Famotidin behandelt. Die Dosis war hoch: neunmal mehr Wirkstoff als üblicherweise gegen Sodbrennen verabreicht wird. Der Wirkstoff wurde gespritzt oder eingenommen. Beide Patientengruppen waren hinsichtlich Alter, Gewicht und Vorerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck gleich ausgewählt. 340 der Patienten mussten beatmet werden oder verstarben.

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Im Vergleich zur übrigen Gruppe mussten in der Gruppe der mit Famotidin behandelten Patienten weniger als die Hälfte beatmet werden und weniger als ein Drittel verstarben. Die Autoren schließen daraus, dass es gerechtfertigt sei, jetzt eine eingehende Wirksamkeitsstudie durchzuführen. Diese Studie läuft bereits, bis die Ergebnisse vorliegen, wollen sich die Forschenden jedoch nicht äußern.

Ärzte waren in China auf Famotidin aufmerksam geworden. Zu Beginn der Pandemie verstarben rund zwanzig Prozent der Infizierten über 80. Eine Analyse von rund 6200 Covid-19-Fällen zeigte jedoch, dass deutlich weniger Famotidin-einnehmende Patienten verstarben als solche, die keine oder andere Magenmittel einnahmen.

Gegenspieler des Botenstoffs Histamin

Der Wirkstoff ist ein Gegenspieler des Botenstoffs Histamin, der unter anderem dazu beiträgt, dass die Magenschleimhaut Magensäure abgibt. In der Schleimhautzellen verdrängt Formatidin das Histamin von seinen Bindungsstellen und unterdrückt so letztlich die Ausschüttung der Säure.

Histamin ist aber auch ein breit wirkender Botenstoff, der von Zellen des Immunsystems freigesetzt wird. Er kann Entzündungsreaktionen und auch eine Verengung der Atemwege auslösen. Es ist daher durchaus möglich, dass Formatidin auch diese Reaktionen mindert. In Zellkulturexperimenten hat Famotidin auch antiviral gewirkt und die Vermehrung von HI-Viren gehemmt.

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Im Fall von Sars-CoV-2 könnte der Wirkstoff zudem ein Enzym bremsen, die Papain-ähnliche Protease, die bei der Vermehrung der Viren aktiv ist. Erste Untersuchungen der molekularen Form deuten darauf, dass sich Famotidin an das Enzym anlagern und es blockieren könnte.

Wie und ob Famotidin schweren Verläufen einer Infektion mit Sars-CoV-2 vorbeugt, ist derzeit nicht geklärt. Ergebnisse der fortführenden Studie werden in einigen Wochen erwartet.

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