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Eine Frau sitzt vor einem Museumsbau in der Sonne und lächelt.

© TU Berlin/Ulrich Dahl

Bénédicte Savoy am Collège de France: Aus Berlin in den Pariser Olymp

Bénédicte Savoy, Kunsthistorikerin an der TU Berlin, tritt ihre Professur am Collège de France an. Eine Begegnung mit einer Ausnahmeforscherin.

Deutschland und besonders Berlin sind zu Recht stolz auf ihre universitäre Tradition. Eine Einrichtung wie das Collège de France in unserem westlichen Nachbarland aber kennen wir nicht, und es macht staunen, als Auftrag dieser außeruniversitären, gleichwohl der Forschung wie der Lehre verpflichteten Einrichtung zu erfahren, „das Wissen im Zuge seiner Entstehung zu vermitteln“.

Das Collège de France, 1530 als ein Mosaikstein der Staatswerdung Frankreichs gegründet, hat heute 54 Professuren, von denen derzeit 41 besetzt sind. Die Berufungen erfolgen auf Lebenszeit, die Wissensgebiete werden von der Vollversammlung der Lehrstuhlinhaber festgelegt: Sie bestimmen, welches Gebiet künftig am Collège vertreten und weiter erforscht werden soll und durch wen.

2016 wurde sie bereits mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet

Die jüngste Berufung erging an die 44-jährige gebürtige Pariserin Bénédicte Savoy, Professorin für Kunstgeschichte an der Technischen Universität Berlin. Als Französin hat sie damit den Gipfel einer Universitätslaufbahn erreicht. Am heutigen Donnerstag hält sie ihre Antrittsvorlesung zum Thema „Kulturgeschichte des Kunsterbes in Europa im 18. bis 20. Jahrhundert“. Das ist ihr Spezial- und Glanzthema, seit sie im Jahr 2003 eine zweibändige, aus ihrer Dissertation hervorgegangene Veröffentlichung zum napoleonischen Kunstraub in Europa vorgelegt hat, die 2010 endlich auch in deutscher Übersetzung erschien.

Es gibt mittlerweile keinen Preis, der ihr nicht zugesprochen, keine Mitgliedschaft in einflussreichen Gremien, die ihr nicht angetragen worden wäre. Und doch bewältigt Bénédicte Savoy ihr Arbeitspensum mit gleichbleibender Energie – und gewinnendem Charme. Sie ist die Teamworkerin par excellence. Sie rafft nicht an sich, sondern gibt und teilt mit. Mit dem Leibniz-Preis, den sie im vergangenen Jahr erhielt – dies nun die Spitze einer deutschen Forschungslaufbahn –, betreibt sie Nachwuchsförderung im großen Stil.

Vorlesungen am Collège sind für jedermann zugänglich

Dem Berliner Besucher, für den sie sich aus der langen Nachmittagssitzung der Assemblée des professeurs stiehlt – Thema „Schwarze Materie“, ein Physiker-Kollege trägt vor –, zeigt sie mit Entdeckerfreude das Gebäude, die ganze Anlage des Collège, die im Herzen des Intellektuellenviertels auf dem linken Seine-Ufer eine ganze Wissenschaftsstadt für Forschung und Lehre vereint. Zauberhaft der Rundblick von der Dachterrasse. Die Vorlesungen am Collège sind für jedermann zugänglich, es gibt keine eingeschriebenen Hörer. Die Vorlesungen werden stets veröffentlicht, das Collège – traditionsbewusst und zeitgemäß zugleich – baut seine Internetpräsenz massiv aus. „Viele, die hier lehren, sind in der Öffentlichkeit sehr präsent“, weiß Savoy „Sie schreiben viel, die Medien fragen ständig an.“

Die siebte Frau unter den jetzigen Professoren

Um zu ahnen, wie hoch die Anforderungen für die Kunsthistorikerin sind, genügt es, die inzwischen auch auf Deutsch veröffentlichten Vorlesungen über den Maler Édouard Manet zur Hand zu nehmen, die der Soziologe Pierre Bourdieu zur Jahrtausendwende am Collège gehalten hat. Überhaupt die Namen: Um nur aufs 20. Jahrhundert zu schauen, ballen sich schon am Anfang des Alphabets die Großen von Aron über Barthes bis Bergson, und der Musiker Pierre Boulez ist gleich in der Nähe. „Ich bin die siebte Frau unter den jetzigen Professoren“, berichtet Savoy, „und sieben Jahre jünger als der Nächstältere!“ Sie sagt es, als staune sie selbst, wohin ihre Wissenschaftskarriere sie getragen hat.

Die erste Ausstellung und Publikation über die Pariser Jahre der Gebrüder Humboldt, auf die wir in Berlin doch so stolz sind, stammt – wen wundert’s noch – von ihrer Hand, gezeigt und veröffentlicht 2014 in Paris.

Bénédicte Savoys Antrittsvorlesung am Collège de France wird am Donnerstag, 30. März, ab 18 Uhr live im Internet übertragen - mit englischer Simultanübersetzung.

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