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Neuer Kopf. Die Skulptur "Frommer Mann" (1924) von Karel Niestrath.

© dapd

"Berliner Skulturenfund": Weitere Werke der Ausstellung "Entartete Kunst" entdeckt

Am Berliner Rathaus wurden weitere Skulpturen aus der Ausstellung "Entartete Kunst" von 1937 entdeckt. Nach dem Sensationsfund von 2010 sind sechs neue Figuren aus dem Bombenschutt ans Licht gekommen.

Berliner Archäologen haben am Roten Rathaus weitere wertvolle Skulpturen entdeckt, die 1937 in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt wurden. Im August 2010 war ein Sensationsfund gelungen, elf Plastiken waren damals unter dem Bauschutt des kriegszerstörten Hauses Königstraße 50 in Mitte hervorgeholt worden, wo ein Depot des Reichspropagandaministeriums untergebracht war. Seit November 2010 werden sie im Neuen Museum auf der Museumsinsel in der Ausstellung „Der Berliner Skulpturenfund“ gezeigt. Am Dienstag stellten das Museum für Vor- und Frühgeschichte und die Forschungsstelle „Entartete Kunst“ der Freien Universität nun sechs weitere Funde vor, die später entdeckt und identifiziert wurden.

Bei den Skulpturen handelt es sich um Karel Niestraths „Frommer Mann“, Will Lammerts „Sitzendes Mädchen“, Richard Haizmanns „Figur“, Gustav Heinrich Wolffs „Stehender weiblicher Akt“, Fritz Wrampes „Reiter“ und – mit hoher Wahrscheinlichkeit – um Milly Stegers „Kniende“. Auch sie werden jetzt ausgestellt – allerdings nur bis zum Sonntag, 18. März. Danach wandert die Ausstellung weiter nach Hamburg.

Warum wird der gesamte Skulpturenfund erst jetzt gezeigt? Die ersten Figuren, die 2010 gefunden wurden, waren in relativ weitem Abstand voneinander im Boden angeordnet, erklärt der Berliner Landesarchäologe Matthias Wemhoff. Die Forscher hätten von vornherein vermutet, dass dazwischen weitere Kunstwerke liegen, konnten aber erst 2011 weitergraben – und entdeckten sechs weitere Stücke.

Einen weiteren Grund für die späte Präsentation der nachträglich gefundenen Skulpturen erläutert Meike Hoffmann, Projektkoordinatorin der Forschungsstelle an der FU: Die Identifizierung der Werke sei zum Teil erheblich schwieriger gewesen als bei den vorher gefundenen. Man habe sichergehen wollen, dass die Skulpturen der Gruppe der von den Nationalsozialisten als „entartet“ bezeichneten Kunst zuzuordnen seien, bevor man sie in dieser Reihe ausstelle. Grundlage für die Zuordnung der Skulpturen und Plastiken zu einzelnen Künstlern war zunächst das Beschlagnahmeinventar der FU-Forschungsstelle. Es beruht auf einer vom NS-Regime angelegten Liste, auf der die Namen der verfemten Künstler und ihre Werke verzeichnet sind. Diese Liste ist aber unvollständig, teilweise sind falsche Werktitel aufgeführt oder einzelne Kunstwerke fehlen ganz. Schließlich gelang es Hoffmann und ihren Kollegen, die Skulpturen mithilfe anderer Archive und anhand von Fotos nahezu vollständig zuzuordnen. Einzig bei Milly Stegers Skulptur „Kniende“ bestehen noch letzte Zweifel, von diesem Werk existieren keine zeitgenössischen Fotos. Auf einem Symposium am 15. und 16. März im Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität widmen sich Forscher dem Berliner Skulpturenfund. Florian Urschel-Sochaczewski

„Der Berliner Skulpturenfund. ,Entartete Kunst‘ im Bombenschutt.“ Museumsinsel Berlin, Neues Museum, bis Sonntag, 18. März. Das Museum ist danach bis zum Mittwoch, 21. März, wegen Wartungsarbeiten geschlossen.

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