zum Hauptinhalt

Berliner Unis: "Wir werden an der Nase herumgeführt"

Mit starken Worten haben die Präsidenten und Rektoren der Berliner Hochschulen am Donnerstag an den Senat und das Parlament appelliert, eine neue Kürzungs-Klausel in den Verträgen zurückzunehmen. Andernfalls könnten sie das Werk nicht unterschreiben.

„Eine blanke Katastrophe“ sei die neue Fassung der Hochschulverträge, „völlig indiskutabel“. „Wenn ich den Vertrag so unterschreibe, fragt sich die Uni: Ist der Präsident verrückt geworden?“, sagte TU- Chef Kurt Kutzler.

Wie berichtet, hat der Senat in der vergangenen Woche den Vertragstext verändert. In der Fassung, die der Senat und die Hochschulen im Juli vorläufig unterzeichnet („paraphiert“) hatten, war explizit von einer „Gesamthöhe der Zuschüsse“ die Rede. In dem vom Senat am Freitag beschlossenen Text wurde dies – offenbar auf Drängen von Finanzsenator Ulrich Nußbaum – umgeändert in die Formulierung, die Hochschulen sollten Zuschüsse „bis zur Höhe der nachfolgenden Beträge“ bekommen.

Die Worte „bis zu“ erregen bei den Hochschulen äußerstes Misstrauen. „Im Grunde könnte der Senat dann auch sagen: Ich gebe gar nichts“, sagte Kutzler. Die Planungssicherheit, dass der Senat die von den Hochschulen geforderten Leistungen auch wie versprochen bezahle, sei nicht mehr gegeben. Die Hochschulen würden „von spontanen Haushaltsbeschlüssen des Parlaments“ abhängig. „Wie in den achtziger Jahren“ werde das Abgeordnetenhaus dann „über die Einstellung jedes wissenschaftlichen Mitarbeiters“ entscheiden, sagte FU-Präsident Dieter Lenzen. „Wir fallen zurück in die Steinzeit“, fügte HU-Vizepräsident Frank Eveslage hinzu. Die Unis fürchten zudem eine weitere Klausel, die nachträglich hinzugefügt wurde. Darin heißt es, bei Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten werde „das Land über haushaltswirtschaftliche Einschränkungen entscheiden“. Auch diese Formulierung lasse die Tür für willkürliche Kürzungen offen.

Lenzen fühlt sich vom Senat, der die ausgehandelte Fassung geändert hatte, „düpiert“. „Die Unis müssen sich an der Nase herumgeführt fühlen.“ Eveslage sprach von einer „persönlichen Enttäuschung“. Es sei „das Mieseste“, was er in seiner Amtszeit erlebt habe. Auch Vertreter der Fach- und Kunsthochschulen bekräftigten, für sie sei die neue Fassung nicht akzeptabel.

Eigentlich hatten sich die Hochschulen und der Senat nach langen Verhandlungen darauf geeinigt, dass die Unis und FHs vom Land bis 2013 pro Jahr gut 50 Millionen Euro mehr bekommen. Zusätzlich erhalten sie Bundesgeld für mehr Studienplätze. Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) sprach von insgesamt „mindestens 334 Millionen Euro mehr bis 2013“. Derzeit bekommen die Hochschulen 910 Millionen Euro im Jahr.

Der Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses hatte am Mittwoch eine Entscheidung über die Verträge auf Antrag von Grünen, CDU und FDP auf eine Sondersitzung am kommenden Mittwoch vertagt. Bis dahin soll der wissenschaftliche Parlamentsdienst prüfen, ob die „bis zu“-Klausel tatsächlich zu einer rechtlichen Unsicherheit führt.

Sollte das Gutachten die Zweifel bestätigen, will die SPD den Verträgen im Wissenschaftsausschuss nicht zustimmen. Das kündigte Lars Oberg an, der wissenschaftspolitische Sprecher der Fraktion. Zöllner sagte, er werde in den parlamentarischen Beratungen über die Hochschulverträge auf „die möglicherweise missverständliche Formulierung“ hinweisen. Aus Senatskreisen hieß es, mit einer Änderung sei nicht zu rechnen. Bei den Befürchtungen handele es sich aber um eine „Überinterpretation“. Die Zuschüsse würden auch mit der „bis zu“-Klausel nicht angetastet.

Tilmann Warnecke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false