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Saniert. Das Gebäude soll „Wissenstheater“ der Humboldt-Uni werden.

© Matthias Heyde

Berliner Universitätsgeschichte: Das Tieranatomische Theater ist wiedereröffnet

Jahrzehntelang lag es auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität im Dornröschenschlaf - jetzt wurde das 1789 erbaute Tieranatomische Theater von Grund auf saniert. Ein Kleinod der Berliner Wissenschaftsgeschichte kann wiederentdeckt werden.

Die Aufführungen, in denen Blut spritzte, sind lange vorbei. Wer hier vor den Augen der Studenten den letzten Tiermuskel freilegte, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Jetzt riecht es im „Tieranatomischen Theater“ nach frischer Farbe. Denn der ehemalige Seziersaal ist gerade selbst zerlegt und wieder zusammengesetzt worden. Berlins ältestes Wissenschaftsgebäude auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität (HU) wurde am Montag wiedereröffnet.

Als „Wissenstheater“ will der Präsident der HU, Jan-Hendrik Olbertz, das Gebäude nutzen. „Dieses Theater hat schon immer der Vermittlung von Wissenschaft gedient“, sagte er bei der Eröffnung. „Ab heute soll es sich als Anschauungsbühne an die Berliner Öffentlichkeit richten.“ Den Anfang macht eine Ausstellung zur Geschichte des „Trichinentempels“, die bis April 2013 zu sehen ist.

Friedrich Wilhelm II. hatte das Gebäude im Stil einer italienischen Renaissancevilla 1789 bauen lassen. Seine Armee war in miserablem Zustand, Pferdeseuchen rafften die besten Tiere dahin. Er brauchte dringend gute „Rossärzte“. Im Tieranatomischen Theater und der angrenzenden veterinärmedizinischen Bibliothek sollten sie ausgebildet werden.

Der Hörsaal, den Architekt Carl Gotthard Langhans gleichzeitig mit dem Brandenburger Tor entwarf, ist kreisrund, und wie in einem Amphitheater steigen die hölzernen Sitzreihen an. Die Studenten hatten einen freien Blick auf das Geschehen in der Mitte des Raumes. Dort stand der Professor an einem großen Tisch und sezierte die Tierkadaver. Der Hubtisch, der allerdings nicht mehr erhalten ist, konnte vom Keller ins Erdgeschoss geschraubt werden. Unten wurde geschlachtet, oben seziert.

Im 20. Jahrhundert wurde im Anatomischen Theater in Sachen Lebensmittelhygiene geforscht. Die meiste Zeit hat das Theater in einer Art Märchenschlaf überdauert. Jüngere Bauten haben sich in den Vordergrund gedrängt und das alte Gebäude vom Hauptstadttrubel abgeschirmt. Von den Vitrinen bis zu den Wandmalereien sind noch weite Teile der Innenausstattung im Original erhalten. Nach sieben Jahren Sanierung für sieben Millionen Euro überlässt die HU die Räumlichkeiten nun seinem Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, das sich den Universitätssammlungen widmet. Präsident Olbertz kann sich auch vorstellen, die Bühne für Konzerte und Theatervorstellungen zu öffnen. Nur Blut wird kaum mehr fließen.

„Das Tieranatomische Theater. Eine Ausstellung zur Wiedereröffnung des restaurierten Gebäudes von Carl Gotthard Langhans“ ist vom 16. Oktober 2012 bis zum 14. April 2013 zu sehen. Viele Wege führen zum Gebäude, der einfachste Zugang ist über die Luisenstraße 56 in Berlin-Mitte. Öffnungszeiten: dienstags bis samstags, 14 bis 18 Uhr.

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