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Für Kitas wird zu wenig getan, kritisiert der Bildungsforscher Klaus Klemm.

© dpa

Bildung: „Sehr schleppend“

Der DGB hat in einer Studie untersuchen lassen, inwieweit die Politik ihre Versprechen vom Bildungsgipfel 2008 umgesetzt hat. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Was ist aus den Versprechen vom Bildungsgipfel 2008 in Dresden geworden? Und was wird aus ihnen, wenn die Kanzlerin am Donnerstag wieder mit den Ministerpräsidenten verhandelt? Bislang verläuft die Umsetzung der Ziele „sehr schleppend“, erklärte am Dienstag der Bildungsforscher Klaus Klemm. Er hat für den DGB untersucht, wie weit die Politik mit ihren Versprechen gekommen ist.

Da ist zunächst das große Ziel von Dresden, die Ausgaben für Bildung und Forschung auf einen Anteil von 8,4 Prozent am Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2007 auf zehn Prozent im Jahr 2015 zu steigern. Zehn Prozent für Bildung und Forschung, also zusätzlich 41 Milliarden Euro – das wäre tatsächlich „eine Trendwende“, lobt Klaus Klemm.

Doch bekannt ist, dass die Länder meinen, die von ihrer Seite noch fehlenden 13 Milliarden Euro nicht aufbringen zu können. Das vom Bund beim zweiten Bildungsgipfel im Dezember gemachte Angebot, weitere 40 Prozent zu übernehmen, wird von den Finanzministern inzwischen als unzureichend betrachtet. Und es gibt Streit darüber, ob das Geld vom Bund als Blankoscheck an die Länder geht oder für Programme in Bildung und Forschung zweckgebunden ist. Während noch darüber diskutiert wird, sind mehrere Länder schon dabei, bei Kitas, Schulen und Hochschulen zu sparen.

Ohnehin bewegt sich in der Bildung laut Klemm bislang kaum etwas. Zum Beispiel bei den Kitas. Bund und Länder haben sich vorgenommen, bis 2013 ein Betreuungsangebot für bundesweit im Schnitt 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren aufzubauen. Bleibt es bei dem bisherigen Tempo, gelingt das laut Klemm jedoch nur für 30 Prozent. Allerdings sei völlig unklar, ob der Personalbedarf gedeckt werden kann. Von den 80 000 zusätzlichen Erzieherinnen- und Erzieherstellen, die Bund und Länder schaffen wollten, fehlten bis 2013 noch 64 000.

Stagnation sieht Klemm auch beim Ziel, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss von acht auf vier Prozent zu halbieren. Denn dazu müssten die Förderschulen, von denen mehr als die Hälfte der Schüler ohne Abschluss kommen, die Quote ihrer Absolventen mit Hauptschulabschluss deutlich steigern. Bisher liegt sie bei einem knappen Viertel. An den Hauptschulen ist die Zahl der Abgänger ohne Abschluss in den Jahren von 1999 bis 2008 Klemm zufolge nur wenig gesunken: von 9,1 Prozent auf 7,5 Prozent. Schon diese Entwicklung stimme ihn hinsichtlich des Halbierungsziels „wenig optimistisch“. Das Gleiche gilt für das Ziel von Bund und Ländern, die Zahl der jungen Erwachsenen ohne beruflichen Abschluss von 15,2 Prozent zu halbieren. Bislang habe sich nichts bewegt.

Das Ziel, die Studienanfängerquote auf 40 Prozent eines Jahrgangs zu steigern, scheint mit 43 Prozent im Jahr 2009 allerdings bereits übertroffen. Doch das liegt nicht zuletzt an der hohen Zahl von Erstsemestern, die ihr Abitur nicht in Deutschland gemacht haben. Würde man nur die Bildungsinländer betrachten, läge die Quote laut Klemm etwa sechs Prozentpunkte niedriger. Vor allem aber befürchtet er, dass die mit dem Hochschulpakt bereitgestellten 275 000 zusätzlichen Studienanfängerplätze für die Jahre 2011 bis 2015 nicht reichen werden. Denn tatsächlich sei die Zahl der Studienanfänger kontinuierlich gestiegen, allein zwischen 2008 und 2009 um 26 000, obwohl dort erst ein Land einen doppelten Abiturjahrgang hatte, nämlich das dünn besiedelte Mecklenburg-Vorpommern.

Klemms Fazit: „Grundlegende Fortschritte“ sind nach dem Bildungsgipfel „kaum erkennbar“, die zusätzlichen 41 Milliarden ab 2015 „unverzichtbar“.

Auch der DGB zieht aus Klemms Studie Schlüsse: Die stellvertretende DGB- Vorsitzende Ingrid Sehrbrock will nicht, dass der Bund den Ländern mehr Umsatzsteuerpunkte ohne Zweckbindung gewährt: „Milliarden aus der Umsatzsteuer drohen in den allgemeinen Haushalten zu versickern“, sagte sie am Dienstag in Berlin. Stattdessen solle etwa an jeder Schule ein Sozialarbeiter finanziert werden.

Außerdem sollten Mittel innerhalb der Bildungsausgaben umgeschichtet werden. Anstatt „Milliarden in handverlesene Exzellenzuniversitäten zu stecken“, solle lieber mehr Geld in die Lehrerausbildung fließen. Die Mittel aus dem nationalen Stipendienprogramm sollten ins Bafög fließen, die steuerliche Absetzbarkeit von privatem Schulgeld solle gestrichen werden.

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