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Bildungspolitik: Wünsche an den Gipfel

Unternehmen fordern mehr Geld für Studienplätze. Die Personalchefs sehen den Bachelor weiterhin als wichtigsten Abschluss.

Die führenden Wirtschaftsunternehmen Deutschlands wollen den „nationalen Bildungsgipfel“ im Oktober dazu nutzen, die Politiker mit ihren großen Sorgen wegen des Nachwuchsmangels an Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Informatikern zu konfrontieren. Die Personalchefs von 40 Unternehmen sprechen von 73 000 unbesetzten Stellen bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Sie befürchten, dass bis zum Jahr 2014 ein jährlicher Fehlbedarf von 12 000 Ingenieuren zusätzlich entstehen wird.

Das für Personal zuständige Vorstandsmitglied der Telekom, Thomas Sattelberger, betonte am Freitag in Berlin, der Hochschulpakt müsse bis zum Jahr 2020 verlängert und für die teuren Studienplätze in den Ingenieur- und Naturwissenschaften besser ausfinanziert werden. Der bisherige Hochschulpakt, den Bund und Länder vor einem Jahr beschlossen haben, um für den in den kommenden Jahren erwarteten „Studentenberg“ mehr Studienplätze zur Verfügung stellen zu können, läuft bis zum Jahr 2010. Auf der Basis von 5500 Euro pro Jahr und Studienplatz sei er unterfinanziert, kritisierte Sattelberger. Die wirklichen Studienplatzkosten an den Universitäten lägen in den Ingenieur- und Naturwissenschaften bei über 7000 Euro.

Außerdem müssten die Politiker beachten, dass das Studium in den Bachelor- und Masterstudiengängen einen höheren Betreuungsaufwand erfordere als in den klassischen Diplomstudiengängen. „Die doppelten Abiturjahrgänge bis zum Jahr 2014 bieten zum letzten Mal über Jahrzehnte hinaus die Chance, den Mangel an ausgebildeten Ingenieuren und Naturwissenschaftlern zu bewältigen“, sagte der Telekom-Vorstand. Die Wirtschaft möchte aber nicht nur auf mehr Hochschulabsolventen setzen, sondern erkennt jetzt, dass sie auch mehr Haupt- und Realschüler für die duale Ausbildung gewinnen muss, um ihren Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zu decken.

Die Personalchefs der 40 deutschen Unternehmen, die Ende vergangener Woche in Berlin über die Bildungspolitik beraten haben, sehen – getreu ihrem Motto „Bachelor welcome“ – vor allem im Bachelor den Regelabschluss für die Berufsqualifikation. Große Sorgen bereitet den Unternehmern die Haltung der neun wichtigsten technischen Universitäten in Deutschland. Denn die Gruppe der TU9 sieht für Ingenieure und Naturwissenschaftler erst im Master nach fünf Jahren Studiendauer den berufsbefähigenden Abschluss und betrachtet den Bachelor nur als Vorbereitung auf dem Weg zum Masterstudium. Arend Oetker erklärte als Präsident des Stifterverbandes, dass man die Studienzeiten im Bachelor je nach dem Bedarf der Wirtschaft unterschiedlich gestalten sollte. Statt der heute durchgehend üblichen sechs Semester als Regelstudienzeit seien auch sieben oder acht semestrige Studiengänge denkbar, wenn auf diese Weise die Theorie vertieft und das Studium mit einer Praxiserfahrung verbunden werde.

Selbstkritisch gestanden Oetker und Sattelberger ein, dass die Wirtschaft bisher noch kein Stipendienprogramm in großem Umfang für Bachelorstudenten in den Ingenieur- und Naturwissenschaften aufgelegt habe. Bislang gäbe es weiterhin nur Einzelstipendien. Bundesbildungsministerin Annette Schavan hatte für jährlich 10 000 Studenten ein solches Stipendienprogramm gefordert. Uwe Schlicht

Uwe Schlicht

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