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Stephen Hawking bei der Vorstellung des neuen Projekts "Breakthrough Starshot" am 12. April in New York.

© AFP

Update

Breakthrough Starshot: Hawking und Milner wollen Nano-Raumschiffe nach Alpha Centauri schicken

100 Millionen Dollar für winzige "Starchips", die mittels Sonnensegeln in nur 20 Jahren bis zum nächsten Stern fliegen. Ob das etwas wird?

Stephen Hawking, der Star-Physiker im Rollstuhl, und Yuri Milner, Milliardär und großzügiger Förderer der Wissenschaft, sind immer für Schlagzeilen gut. Für die Vorstellung ihres jüngsten Projekts haben sie sicher nicht zufällig den 12. April gewählt. Heute vor 55 Jahren flog Juri Gagarin als erster Mensch in den Weltraum. Nun soll es wieder einen „großen Schritt“ ins All geben, wie es Hawking auf der Pressekonferenz im One World Trade Center in New York formulierte.

Um Menschen im All geht es den beiden Initiatoren aber dieses Mal nicht. Sie träumen von winzig kleinen Raumfahrzeugen, kaum größer als eine Briefmarke, die weit über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus fliegen: Bis ins nächste Sternensystem „Alpha Centauri“, zu dem auch der Stern „Proxima Centauri“ gehört – 4,37 Lichtjahre entfernt. In nur 20 Jahren sollen die Mini-Raumschiffe das schaffen.

"Breakthrough Listen" sucht nach Signalen außerirdischer Zivilisationen

„Breakthrough Starshot“ nennt sich das Vorhaben, für das Milner 100 Millionen Dollar ausgeben will. Der Name erinnert an die übrigen Projekte des gebürtigen Russen (den seine Mutter nach dem Volksheld Gagarin benannt hatte). Im Juli 2015 hatte er gemeinsam mit Hawking „Breakthrough Listen“ präsentiert: eine Art Seti (Search for Extraterrestrial Intelligence). Dabei sollen Radioteleskope nach Hinweisen auf ferne Zivilisationen suchen. Ein Teil des Lauschangriffs wird mit 100 Meter großen Green-Bank-Teleskop in West Virginia und dem 68-Meter-Parkes-Teleskop in Australien erfolgen. Auch dafür will Milner in den nächsten zehn Jahren insgesamt 100 Millionen Dollar ausgeben. Der Philanthrop ist darüber hinaus bekannt für die Breakthrough-Preise, die an Spitzenforscher vergeben werden und zumindest in der Dotierung deutlich über dem Nobelpreis liegen.

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Breakthrough Starshot wird ein Erfolg, meint Milner und nennt drei große technische Fortschritte der vergangenen Jahre, die ihn überzeugt haben. Zum einen die Miniaturisierung: Immer kleiner würden technische Geräte und könnten doch immer mehr. Statt eines großen Raumschiffs will er tausende winziger Nanogefährte startklar machen. Sollten ein paar kaputt gehen, wäre das nicht weiter schlimm, es blieben genug übrig, um die Mission fortzuführen.

Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg unterstützt das Vorhaben

Nur wenig größer als eine Briefmarke ist das Modell, das er in die Höhe hält. Gefertigt aus einem Halbleitermaterial soll alles Wichtige an Bord sein: Energieversorgung, Sensoren, Kommunikationseinheit. Kein Starship, sondern ein „Starchip“.

Als Antrieb haben die Starshot-Experten (tatsächlich steht ein ganzes Team hochkarätiger Berater hinter der Idee, darunter auch Mark Zuckerberg) an Sonnensegel gedacht. Keine Solarpanels, wie sie viele Raumschiffe haben, sondern tatsächlich Segel, die über den Rückstoß auftreffender Lichtteilchen den Starchip vorwärts bewegen. Tatsächlich wird diese Technik in der Raumfahrt seit Jahren entwickelt und getestet, der große Durchbruch steht aber noch aus.

Die Sonne allein hat aber zu wenig Kraft, um die Mini-Schiffe auf hohe Geschwindigkeiten zu bringen. Daher soll, drittens, ein starkes Lasersystem her, das von der Erde aus einen konzentrierten Strahl zu den Winzlingen schickt, auf dass sie gehörig beschleunigen. „Zuerst werden die Nano-Schiffe von einem Mutterschiff ausgesetzt“, erläutert Milner. Dann würden sie per Laser „binnen weniger Minuten auf 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit gebracht.“

Die Laser brauchen hundertmal so viel Energie wie ein Kernkraftwerk liefert

Tausendmal schneller als das schnellste Raumfahrzeug bisher. Binnen einer Generation könnte die Flotte bei Alpha Centauri sein, das Doppelsternsystem sowie möglicherweise vorhandene Planeten in ihrer Nähe fotografieren und sonstige wissenschaftliche Daten erheben – und diese zur Erde zurückschicken, schwärmt der Investor. Die 100 Millionen Dollar sind übrigens allein für die Technologieentwicklung vorgesehen, die wohl 20 Jahre dauern wird, wie es heißt. Die eigentliche Mission zu Alpha Centauri kommt extra. Sponsoren werden noch gesucht.

Ob das alles so glatt geht, ist zu bezweifeln. Die Leistung der Laser muss gewaltig sein, um die erforderliche Power auf die Solarsegel zu bringen. Insgesamt wäre das etwa so viel Energie wie beim Start eines Spaceshuttles (2000 Tonnen Treibstoff) verbraucht wurde, sagte der Harvard-Astronom und Chef des Starshot-Beraterstabs, Avi Loeb, der „New York Times“. Das entspricht etwa der hundertfachen Leistung eines Kernkraftwerks, wenn auch nur für zwei, drei Minuten.

Erste Mission zum Mond soll bald starten

Zudem müssen die Laserstrahlen mittels Phased-Array-Technik alle synchron schwingen und Störungen durch die Atmosphäre müssen korrigiert werden, was ebenfalls einige Probleme aufwirft. Nicht zuletzt muss das Material der Solarsegel noch einige Entwicklungssprünge machen: Würde es nur ein Hunderttausendstel der eintreffenden Energie des Lasers aufnehmen anstatt zu reflektieren, würde es sofort verdampfen, schreibt die „New York Times“.

Auch der „New Scientist“ ist zurückhaltend. „Es mag keine physikalische Begrenzung geben“, zitiert das Magazin Paulo Lozano vom MIT. „Aber es gibt eine Reihe von Herausforderungen für die Ingenieure.“ Auch er hat erhebliche Bedenken, was die Entwicklung der Lasertechnik betrifft und merkt an, dass die Raumfahrzeuge vor den harten Bedingungen des interstellaren Mediums geschützt werden müssen.

Avi Loeb kündigt an, dass es zunächst Versuche in der kosmischen Nachbarschaft geben werde. Man wolle demonstrieren, wie hunderte solcher kleinen Raumschiffe ins All gebracht werden können, um Fotos vom Mond zu machen. Das Team spreche bereits mit Anbietern von Raketenstarts, in ein bis zwei Jahren soll es losgehen.

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