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Modell des neuen Campus der "German International University of Applied Sciences" in Kairo.

© GUC/promo

Campus in der neuen Megacity Kairos: Eine deutsche Fachhochschule für Ägypten

In der neuen Hauptstadt nahe Kairo entsteht auch eine neue deutsch-ägyptische Hochschule. Bald sollen dort bis zu 5000 Studierende lernen.

Es ist das Megaprojekt Ägyptens. Präsident Abdel Fatah al Sisi preist es als größtes Bauvorhaben seit den Pharaonen, Kritiker halten es für Größenwahn: Fünfzig Kilometer entfernt von Kairo entsteht eine neue Verwaltungshauptstadt – mitten in der Wüste. 2020 soll die New Administrative Capital eröffnet werden.

Dann werden nicht nur Parlament und Regierung dorthin ziehen – sondern auch Hochschulen. Darunter ist eine deutsche: die German International University of Applied Sciences (GIU-AS). Der Grundstein für deren Campus wurde im vergangenen Februar gelegt, im Frühjahr 2020 soll er eröffnet werden.

Getragen wird die „Deutsche Internationale Fachhochschule“, wie das Projekt übersetzt heißt, von zehn deutschen Fachhochschulen, federführend ist die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Das Konsortium hat 2018 einen entsprechenden Vertrag mit dem ägyptischen Wissenschaftsministerium unterzeichnet.

Die ersten 450 Studierenden sind an der GIU-AS schon eingeschrieben

Die GIU-AS ist bereits das zweite große Vorhaben der deutschen Wissenschaftsaußenpolitik in dem Land. Schon seit fast zwanzig Jahren besteht quasi als große Schwester die „German University Cairo“ (GUC). Tatsächlich sind die ersten 450 Studenten der neuen Fachhochschule im Wintersemester 2019/20 vorübergehend in zwei Gebäude auf dem Campus der GUC eingezogen.

Treibende Kraft hinter beiden Gründungen ist Ashraf Mansour, ein Physikprofessor, der seine wissenschaftliche Karriere einst an der Uni Ulm begann. Als Gründungspräsident der neuen Hochschule wirkt Matthias Knaut, ehemaliger Vizepräsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Weitere Partner sind die Technische Hochschule Ulm, die Hochschule Heilbronn, die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und die UAS7, eine Allianz aus sieben deutschen Fachhochschulen, sowie die GUC. Der DAAD fördert das Projekt mit vier Millionen Euro für vier Jahre.

Matthias Knaut, Gründungspräsident der neuen "GIU-AS" in Kairo, auf der Baustelle des neuen Campus. Noch in diesem Jahr soll der Campus fertig sein.
Matthias Knaut, Gründungspräsident der neuen "GIU-AS" in Kairo, auf der Baustelle des neuen Campus. Noch in diesem Jahr soll der Campus fertig sein.

© GUC/promo

Natürlich ist Knaut bewusst, dass Ägypten kein freies Land ist. Er halte es aber mit Willy Brandt, sagt Knaut: Wandel durch Annäherung. Man müsse die Wissenschaftskooperation und die damit verbundenen Freiheitsgrade im vorpolitischen Raum nutzen.

Mit Mansour habe man einen sehr deutschlandaffinen Träger, der beim Wissenschaftsministerium in Kairo durchgesetzt hat, dass die neue Hochschule vollständig autonom ist. Im Gegensatz zur GUC habe der Staat bei dieser privaten Gründung kein Wort mitzureden. Die deutsche Hochschulautonomie sei umgesetzt worden, das ägyptische Hochschulministerium habe im Aufsichtsgremium der Hochschule nur einen Vertreter mit ausschließlich beratender Funktion sitzen.

Es soll bald eine studentische Vertretung geben

Bei der GUC hat der ägyptische Vertreter dagegen durchaus ein Mitspracherecht - dass die Uni vor einigen Jahren protestierende Studierende rauswarf, löste Kritik aus.

Die neue Hochschule sei bereits jetzt per Dekret von Regierung und Parlament für alle akademischen Grade anerkannt, sagt Knaut. Was jetzt noch fehlt, ist die Anerkennung durch die deutsche Seite. Auch eine studentische Vertretung werde es geben, sobald genügend Studierende eingeschrieben seien.

Parallel zur GIU-AS in Kairo wurde eine eigenständige GIU Berlin als unabhängige vom Land Berlin anerkannte ausländische Universität gegründet – das soll den Studierenden einen Austausch in Deutschland ermöglichen. So war auch schon die GUC vorgegangen. Diese unterhält bereits einen Campus in Tegel, wo sich zuletzt 700 Studenten für ein bis zwei Semester in Deutschland aufhielten.

Ein Campus auch in Berlin

Wie soll die internationale Fachhochschule in Ägypten aufgebaut werden? In der ersten Stufe mit bis zu 5000 Studierenden in fünf Jahren will die GIU vier Fakultäten anbieten: Ingenieurwissenschaften, Informatik und Computerwissenschaften, Business Administration und Design, weitere Fakultäten sind geplant. In den ersten vier Semestern gibt es ein breites verpflichtendes Deutsch-Angebot.

Noch wird gebaut: Der neue Campus entsteht in der neuen Hauptstadt nahe Kairo, die binnen weniger Jahre hochgezogen wird.
Noch wird gebaut: Der neue Campus entsteht in der neuen Hauptstadt nahe Kairo, die binnen weniger Jahre hochgezogen wird.

© GUC/Promo

Deutsch-ägyptische Berufungskommissionen sind dabei, für die GIU-AS und deren Träger das Personal auszuwählen. Da bereits viele Dozenten der deutschen Fachhochschulen als Gastprofessoren an der GUC tätig waren, sind sie mit dem Land vertraut. Daher war es relativ einfach, erfahrene Gründungsdekane an der GIU-AS einzusetzen, sagt Knaut. Wichtig sei es, genügend Partner in der Industrie zu gewinnen, um die praktischen Studienanteile zu gewährleisten. Die Messe Company and Employment der GUC werde man vergleichbar auch an der GIU-AS anbieten.

Die Studierenden rekrutieren sich aus ägyptischen Schulen und auch zu einem kleineren Teil aus den deutschen Schulen in Ägypten. Etwa 30 Prozent stammen aus dem Großraum Kairo, der Rest kommt aus den anderen Regionen des Landes.

Studiengebühren liegen bei 3200 Euro pro Semester

Die Studiengebühren liegen mit 3200 Euro pro Semester 50 Prozent unter denen der renommierten American University, die die Entwicklung genau beobachte, sagt Knaut. Zahlreiche Vollstipendien und auch Teilstipendien sollen vergeben werden. Dabei gehe es nur um die Leistung, nicht um die Herkunft.

Zunächst bietet die GIU-AS nur Bachelor-Studiengänge auf Englisch an. Für den Master kann man an die GUC oder nach Deutschland an die deutschen Partnerhochschulen wechseln. Von dieser Gründung profitierten auch die deutschen Hochschulen, sagt Knaut. Ihre Internationalisierung würde „gepusht“. Die von den Deutschen entwickelten Studiengänge in Kooperation mit Unternehmen in Kairo müssen alle auf Englisch unterrichtet werden – also könne man sie auch wieder reimportieren und in Deutschland einsetzen.

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