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In einem großen Hörsaal der Universität Ulm nehmen Studierende an einer Vorlesung teil.

© Stefan Puchner/dpa

Update

CHE-Berechnungen: Zahl der Studierenden ohne Abitur seit 2010 verdoppelt

In Deutschland haben rund 57.000 Studentinnen und Studenten weder Abitur noch Fachhochschulreife - eine Rekordzahl. Fast die Hälfte von ihnen ist älter als 30 Jahre.

In Deutschland studieren inzwischen 57.000 Menschen ohne Abitur. Deren Zahl liegt damit bei einem Rekordwert, sie hat sich zwischen 2010 und 2016 verdoppelt. Das ergeben Berechnungen des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Fast jeder zweite der Studierenden ohne Abitur ist demnach über 30 Jahre alt, Frauen und Männer sind jeweils zur Hälfte vertreten.

Unter den Studienanfängerinnen und -anfängern machen die ohne Abitur allerdings immer noch einen geringen Anteil aus: Bundesweit liegt er aktuell bei 2,6 Prozent. Spitzenreiter ist hier Hamburg mit einer Quote von 4,6 Prozent, vor Nordrhein-Westfalen (4,2 Prozent) und Berlin (3,6 Prozent). Das Saarland weist als einziges Bundesland einen Anteil unter einem Prozent aus, und zwar 0,8 Prozent.

Generell müssen Bewerber ohne Abitur fächerübergreifend eine abgeschlossene Berufsausbildung mitbringen sowie Berufserfahren nachweisen, wenn sie an eine Hochschule wollen. Im Jahr 2016 beendeten 7200 Menschen ohne Fachhochschulreife oder Abitur ihr Studium erfolgreich.

Die meisten studieren Wirtschafts- oder Rechtswissenschaften

Laut der Erhebung entschieden sich 55 Prozent dieser Studierenden für die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Es folgen die Ingenieurwissenschaften (20 Prozent) und die Gesundheitswissenschaften/Humanmedizin (12 Prozent). Fast zwei Drittel gehen an einer Fachhochschule.

Etwa die Hälfte der Studierenden ohne Abitur ist zwischen 20 und 30 Jahre alt, wenn sie das Studium aufnehmen. Ein weiteres Drittel ist zwischen 30 und 40, der Rest älter. Auffallend ist laut CHE, dass sich Frauen häufiger als Männer noch im Alter über 40 für ein Studium entscheiden, Insgesamt ist das Geschlechterverhältnis über alle 57 000 Studierenden dieser Gruppe hinweg aber ausgeglichen.

Kritik kommt von den Linken und den Grünen

Nicole Gohlke, die hochschulpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, sagte, auf den Zahlen könne man sich „nicht ausruhen“. Der Anteil der Studierenden ohne Abitur liege in anderen EU-Ländern schon seit Jahren deutlich höher, bei 10 Prozent in den Niederlanden oder sogar bei über 30 Prozent in Schweden oder Spanien. Die Rahmenbedingungen an deutschen Hochschulen seien weiter „problematisch“. Insbesondere mangele es an einem ausreichenden Angebot an flexiblen Studienzeiten und Teilzeitstudiengängen.

Auch Kai Gehring, der hochschulpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, hält die Zahlen noch für zu niedrig. Er kritisierte die unterschiedlichen Zulassungsregeln der einzelnen Bundesländer: „Zum durchlässigen Bildungssystem ist es noch weit.“

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