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Sand im Getriebe. In der Ausstellung "Dialog mit der Zeit - Die Kunst des Alterns" im Museum für Kommunikation wird das Altern hör-, sicht- und fühlbar gemacht.

© dpa

Demografischer Wandel: Gefühltes Alter

Das Älterwerden hat auch positive Seiten, zeigt eine Ausstellung im Berliner Museum für Kommunikation.

Das Anpeilen des Schlüssellochs wird zur Geduldsprobe. Beim Sehtest verschwimmen die Zahlen. Das Treppensteigen ist ein Kraftakt. Was ältere Menschen tagtäglich durchleben, können jüngere von Mittwoch an am eigenen Leib nachempfinden. In der Ausstellung „Dialog mit der Zeit – Die Kunst des Alterns“ lässt das Museum für Kommunikation in Berlin mit ein paar technischen Tricks auch junge Besucher spüren, was es heißt, ein Senior zu sein. Und dabei werden durchaus auch die positiven Seiten des Alterns deutlich.

Dialog der Generationen

Die Ausstellung, die von Bundespräsident Joachim Gauck eröffnet wurde, soll Vorurteile abbauen und mit Klischees aufräumen: „Man kann den demografischen Wandel tatsächlich so konkret, so persönlich, so interessant machen, dass bei den Besuchern Lust auf ein Gespräch entsteht“, sagte Gauck in seiner Eröffnungsrede. Dringender Bedarf für diesen „Dialog der Generationen“ besteht durchaus: 2030 wird ein Drittel der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein.

Am Eingang zur Ausstellung passieren die Besucher zunächst zehn mannshohe Sanduhren. Darauf kleben Zettel mit Fragen, wie: „Habe ich jemals über mein Alter gelogen?“ Oder: „Würde ich die Zeit gerne vordrehen?“ Dann folgt ein Film, in dem das Gesicht eines Kindes im Zeitraffer innerhalb von Minuten altert, bis es zum Gesicht einer Seniorin geworden ist. Im „gelben Raum“ lassen die Kuratoren die Besucher dann selbst um ein paar Jahrzehnte altern. An einer Station können sich die Besucher Gewichte an die Beine schnallen und ausprobieren, wie sich Senioren beim Treppensteigen fühlen. Nebenan fordert ein Computerspiel die Feinmotorik heraus. Allerdings bekommt der Spieler Überzüge an die Finger, um die reduzierte Reaktionszeit im Alter zu simulieren. Damit schaffen selbst geübte Spieler kaum mehr als ein unkoordiniertes Herumhüpfen ihrer Spielfigur.

Jungen Leuten die Perspektive des Alters vermitteln

„Es geht uns um die Versinnlichung des Alters“, sagt Annkatrin Meyer vom Verein „Dialog im Dunkeln“, der die Ausstellung mit organisiert hat. „Deshalb arbeiten wir mit sehr wenig Text.“ Stattdessen tasten, hören und sehen sich die Besucher durch die Ausstellung, geführt von 33 „Senior Guides“ im Alter von 70 bis 83 Jahren, die ehrenamtlich durch die Ausstellung führen. „Es macht Spaß, jungen Leuten die Perspektiven des Alters zu vermitteln“, sagt Rainer Ott, 76. Früher hat er in der Entwicklungshilfe gearbeitet. Nun will er im Rahmen der Ausstellung seine Erfahrungen weitergeben

und betreut eine Schülergruppe. Oft gebe es spannende Reaktionen auf seine Erzählungen.

In der Ausstellung können sich die Besucher Geschichten von Seniorinnen und Senioren anhören, die gar nicht zum oft negativen Bild des Alters passen. „Wir wollen keine Ängste schüren“, sagt Meyer. Vielmehr würden alle Seiten des Alterungsprozesses beleuchtet, auch die positiven. So berichtet einer der „Senior Guides“ von einer Selbsthilfegruppe für Alkoholkranke, die er mit Ende siebzig noch betreut. Seine Lebenserfahrung helfe ihm dabei. Eine ältere Dame erzählt, wie sie ihren Mut zusammengenommen hat und sich auf einer Online-Dating-Plattform angemeldet hat. Nach einigen Wochen fand sie einen Mann, dem es ähnlich ging. „Ich habe nicht gedacht, dass man sich in meinem Alter noch verlieben kann.“

Die Ausstellung ist vom 1. April bis zum 23. August im Museum für Kommunikation (Leipziger Straße 16, Berlin Mitte) zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag 9–20 Uhr, Mittwoch bis Freitag 9–17 Uhr, Samstag, Sonn- und Feiertag 11–19 Uhr. Eintritt 4 Euro, ermäßigt 2 Euro, Kinder bis einschließlich 17 Jahren frei.

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