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Feierlich und fröhlich. Fast so wichtig wie die Queen’s Lecture selbst ist jedes Jahr der anschließende Empfang mit Konzert im Lichthof der Universität.

© Steffen Weigelt

Der Britische Botschafter zur Queen's Lecture: In guter britischer Tradition

Die jährlichen Wissenschaftsvorträge zeugen von einer engen Verbindung zwischen Deutschland und Großbritannien. Sie sollte fortgeführt werden.

Das Audimax der TU Berlin gepackt voll mit begeisterten Zuhörern, ein geistreicher Vortrag eines britischen Wissenschaftlers, gefolgt von einem fröhlichen Konzert und Empfang im Lichthof – für mich war die Queen’s Lecture an der TU Berlin jedes Jahr ein schönes Ereignis.

Es ist jetzt 50 Jahre her, dass Königin Elizabeth II. der Stadt Berlin eine jährliche wissenschaftliche Vorlesung schenkte. Als der Staatsbesuch feststand, war mir sofort klar, dass die diesjährige Queen’s Lecture im Beisein der Königin selber stattfinden sollte. Insofern wird dieses Jahr für mich, und hoffentlich auch für die anderen Teilnehmer, eine Krönung sein.

Ich denke gerne an die fünf Queen’s Lectures zurück, an denen ich in meiner Zeit in Deutschland teilgenommen habe. Diese Vorlesungen haben etwas ungewöhnlichere Themen in mein Dasein als britischer Botschafter gebracht. Die Fachrichtung der Beiträge wird jedes Jahr zwischen den drei Partnern – Britische Botschaft, TU Berlin und British Council – abgestimmt.

Leise Triebwerke, hilfreiche Chemie und die Lehre vom Glücklichsein

Es gab einen Vortrag über leisere Flugzeugmotoren von Ric Parker, Direktor für Forschung und Technologie bei Rolls Royce, für den ein echtes Flugzeugtriebwerk in die TU Berlin gebracht wurde. Im Jahr 2011 führte uns Mike Brady einen Roboter vor, der einem Studenten die Hand schütteln konnte. David Phillips erklärte uns anhand von dampfenden und schäumenden bunten Flüssigkeiten, wie Chemie funktioniert und welche Rolle sie für unseren Wohlstand spielt. Paul Dolan half uns zu verstehen, wie man Glücklichsein wissenschaftlich untersuchen kann, und Wendy Hall nahm das Publikum mit auf eine Reise zu den Anfängen des Internets.

Die Auswahl des Redners für dieses Jahr 2015 war eine ganz besondere Herausforderung. Wer könnte in Anbetracht der vielen herausragenden Sprecherinnen und Sprecher, die in dieser Reihe schon vorgetragen haben, der angemessene Jubiläumsredner sein? Wir beschlossen, dieses Mal den Geisteswissenschaften den Vortritt zu lassen. Denn als die TU Berlin 1946 durch die britische Besatzungsmacht neu gegründet wurde, machten die Briten es zur Bedingung, dass die TU Berlin in Zukunft auch in den Geisteswissenschaften forschen und lehren würde, um die Natur- und Ingenieurwissenschaften in einen klaren Wertehorizont einzubetten. Hinzu kommt: Kaum ein anderer Fachbereich erlaubt es uns so gut, über das Verhältnis zwischen unseren beiden Ländern zu reflektieren – etwas, wozu ein Staatsbesuch immer ein guter Anlass ist.

Enge Verbindungen in der Wissenschaft

Neil MacGregor hat auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren Phänomenales geleistet. Seine Ausstellung „Memories of a Nation“ über Deutschland im Britischen Museum in London hat im vergangenen Jahr dem britischen Publikum ein differenzierteres Deutschlandbild vermittelt. Sein Vortrag an der TU Berlin wird hoffentlich Großbritannien den Deutschen ein wenig näher bringen. In guter britischer Tradition und in guter Tradition der Queen’s Lecture wird er aber auch unterhaltsam und amüsant sein.

Ich will hier aber Neil MacGregor und seinem Vortrag nichts vorwegnehmen. Für mich ist die Queen’s Lecture immer auch ein wunderbares Beispiel für die enge Verbindung unserer beiden Länder in den Wissenschaften. Es gibt kaum ein anderes Land, mit dem die deutschen Wissenschaftler so viel gemeinsam publizieren wie mit Großbritannien. Aber gemeinsame Publikationen sind nur ein sehr ungenauer Indikator für die engen und mannigfaltigen Beziehungen. Deutsche Studenten bilden die drittstärkste Gruppe internationaler Studierender an vielen britischen Universitäten, und unter den Direktoren an Max-Planck-Instituten, die aus dem Ausland kommen, sind die Briten die größte Gruppe. Dies alles ist natürlich eingebettet in die Kooperationsmöglichkeiten, die die EU bietet, sei es durch das Erasmus-Programm oder das europäische Horizon-2020-Programm.

Abschied von Berlin

Die diesjährige Queen’s Lecture wird leider meine letzte sein, da im Oktober meine Zeit als Botschafter in Deutschland zu Ende geht. Ich hatte fünf faszinierende Jahre hier in Deutschland. Wir haben gemeinsam in Europa viel bewegt: mehr Wettbewerb, ein verbesserter Freihandel und Kürzungen beim EU-Haushalt. Deutschland und Großbritannien haben gemeinsam mit ihren Partnern hart an einem neuen Kompromiss mit dem Iran gearbeitet. Und wir unterstützen die Führungsrolle, die Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Ukrainekrise eingenommen hat. Für meinen Nachfolger wird es sicher noch spannender werden: Seit der Wahl in Großbritannien am 7. Mai 2015 steht fest, dass die britische Regierung 2017 ein Referendum zur Mitgliedschaft in der EU abhalten wird. Für uns wird es wichtig sein, mit Deutschland an einer Reform der EU zu arbeiten, die es dem Premierminister ermöglicht, sein Ziel zu erreichen, nämlich, dass die Briten mit „Ja“ für die EU-Mitgliedschaft stimmen. Der Autor ist Britischer Botschafter in Deutschland.

ZUR PERSON

Sir Simon McDonald, britischer Botschafter in Berlin.
Sir Simon McDonald, britischer Botschafter in Berlin.

© TU Berlin/Jacek Ruta

Sir Simon McDonald ist seit Oktober 2010 britischer Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland. 2014 wurde er von der Queen zum Ritter geschlagen und trägt seitdem den Titel „KCMG“ (Knight Commander of the Order of St. Michael and St. George). Seit 1982 ist er im britischen diplomatischen Dienst und war in Dschidda, Riad, Bonn, Washington und Tel Aviv tätig. Auch in London war er mit verschiedenen Aufgaben betraut, unter anderem als außenpolitischer Berater und Leiter der Außen- und Sicherheitspolitik im Kabinettsamt des Premierministers.

Simon McDonald studierte Anfang der Achtzigerjahre an der School of Oriental and African Studies und UK Arabic School, lernte Arabisch und begann so seine diplomatische Karriere in Saudi-Arabien. pp

Dieser Text ist einer Beilage der TU Berlin entnommen, die in Kooperation mit dem Tagesspiegel entstand.

Simon McDonald

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