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Professor Schavan. Die Ministerin unterschreibt die Vereinbarung im Jahr 2008 mit dem damaligen FU-Präsidenten Lenzen. – Manchen war das damals unangenehm.

© Hambura/FU

Der Fall Schavan: FU wird sich bald mit Honorarprofessur befassen müssen

Die FU wird sich eher mit Schavans Professur befassen, als der Leitung lieb ist. Ein FU-Professor hat bereits öffentlich dafür plädiert, Schavan die Professur abzuerkennen.

Darf Annette Schavan ihre Honorarprofessur an der Freien Universität behalten? Mit dieser Frage soll sich die FU nicht befassen, solange Schavans Klage gegen die Aberkennung ihres Doktorgrads vom Verwaltungsgericht Düsseldorf nicht entschieden ist: „Das Präsidium wird sich nicht zu einem schwebenden Verfahren äußern“, sagte Monika Schäfer-Korting, die Erste Vizepräsidentin der Freien Universität, am Mittwoch im Akademischen Senat (AS). Der Beschluss der Universität Düsseldorf sei ja noch nicht rechtskräftig. FU-Präsident Peter-André Alt war nicht anwesend.

Schäfer-Korting geht davon aus, dass der AS sich die Haltung des Präsidiums zu eigen macht. „Das ist kein Thema“, wiederholte sie, als der Studierendenvertreter Mathias Bartelt in die Runde fragte, ob das Gremium darüber beraten wolle. Tatsächlich wollten die AS-Mitglieder am Mittwoch nicht über Schavan sprechen – die letzte Sitzung vor dem Ende des Semesters stand im Zeichen des monatelangen Konflikts um die Studienordnung der FU. Der Archäologie-Professor Reinhard Bernbeck sagte am Rande der Sitzung auf Anfrage nur: „Anders als in den Medien behauptet verjähren Dissertationen jedenfalls nicht.“

Dass der AS tatsächlich bis zum Urteil über Schavans Klage wartet, bis er sich mit der Professur befasst, ist jedoch unwahrscheinlich. Raul Rojas, Informatik-Professor und Mitglied des AS, hat bereits öffentlich dafür plädiert, die FU solle Schavan die Professur aberkennen. Rojas nahm an der Sitzung am Mittwoch nicht teil. Auf Anfrage erklärt er aber, sollte Schavan nicht selbst auf die Professur verzichten, werde er den AS mit der Sache befassen. Selbst wenn das Gericht in Schavans Sinne entscheiden würde: „Mit welcher Autorität kann sie Vorlesungen halten? Die Studenten werden nur über sie lachen. Das muss man verhindern, sogar ihr zuliebe“, erklärt Rojas.

In der vergangenen Woche hatte Rojas auf der Internetseite „Telepolis“ die Uni Düsseldorf dafür beglückwünscht, dass sie sich dem Druck nicht gebeugt habe: Nachdem Schavan „ihre Untergebenen in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und befreundete Medien auf die Heinrich-Heine-Universität losließ, hatte ich befürchtet, dass die Universität letztendlich einknicken würde. Wer will sich mit der Bildungsministerin anlegen, nur um minimale wissenschaftliche Standards zu halten? Wer will die Rage der CDU herausfordern, nur weil jemand bei der Doktorarbeit geschummelt hat?“, fragte Rojas und gab die Antwort: „Jetzt wissen wir es: In Düsseldorf gibt es Wissenschaftler mit Charakter.“ Auch in Berlin solle man nun Charakter zeigen.

Rojas’, dessen Liste „Exzellenz und Transparenz“ mit zwei Sitzen im AS vertreten ist, hatte sich auch gegen die Honorarprofessur für den Präsidenten des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen engagiert. Der AS hatte den Antrag des Fachbereichs Jura im Sommer abgelehnt.

Nach dem Berliner Hochschulgesetz handelt es sich bei der Honorarprofessur (also Ehrenprofessur) nicht um eine Ehrung, mit der etwa Leistungen auf dem Feld der Politik gewürdigt werden können, wie es mit einem Ehrendoktor möglich ist. Vielmehr kann zum Honorarprofessor bestellt werden, „wer in seinem Fach auf Grund hervorragender wissenschaftlicher oder künstlerischer Leistungen den Anforderungen entspricht, die an Professoren und Professorinnen gestellt werden“. In Rojas’ Worten: „Honorarprofessuren sind kein ,Bambi’ des Burda-Verlags.“ Rojas hält es für „bedenklich“ dass Schavans Qualitäten als Wissenschaftlerin erst vor der zweiten Runde des Exzellenzwettbewerbs „entdeckt“ worden seien. Er hätte sich gewünscht, dass Schavan die „Huldigung“ abgelehnt hätte, erklärte er am Donnerstag.

In der Tat war die Professur für Schavan eine Maßnahme, mit der der damalige FU-Präsident Dieter Lenzen die Bundesbildungsministerin an die FU binden wollte. Im Jahr 2008 kam der Antrag des Seminars für Katholische Theologie zur Abstimmung in den nicht öffentlichen Teil der AS-Sitzung. Einem, der damals dabei war, ist die Sache bis heute peinlich: „Ich schäme mich im Nachhinein, dass ich nichts gesagt habe“, sagt er. Dass Schavans „wissenschaftliche Leistungen“ eine „dünne Sache“ gewesen seien, sei allen angesichts ihrer Publikationsliste klar gewesen. Die Frage sei aufgeworfen worden, „ob sie es überhaupt kann“: „Es herrschte wirklich keine Jubelstimmung.“ Doch die Professoren hätten alle „die Köpfe eingezogen“.

Als die Studierendenvertreterin Sarah Walz mit ihrer Kritik nicht aufgehört habe, habe man ihr schließlich bedeutet zu schweigen. Es dürfe nicht nach draußen dringen, dass der FU die Entscheidung schwerfalle. Die Studentin und zwei weitere Mitglieder hätten schließlich den Raum verlassen, um den Beschluss nicht mittragen zu müssen. Der Wissenschaftler wünscht sich nun, dass seine Nachfolger im AS Schavan den Titel aberkennen: „Wenn die FU es nicht tut, werde ich sie wohl nicht mehr betreten.“

Sollte die FU bis zum Gerichtsurteil warten wollen und das Gericht die Düsseldorfer Entscheidung bestätigen, könnte die Uni sich einfach auf formale Gründe berufen: Weil Schavan dann keinen Studienabschluss mehr hätte, würde sie ohnehin als „gar nicht mehr qualifiziert“ gelten, wie Julian Nida-Rümelin, Philosophie-Professor und einstiger Staatsminister für Kultur, im Deutschlandradio erklärt hat. Anja Kühne

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