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Bei der digitalen Bildung geht es nur schleppend voran.

© Julian Stratenschulte/dpa

Der Gipfel im Kanzleramt kommt zu spät: Beim Thema digitale Bildung sind die Schulen nicht weiter als im Frühjahr

In der Coronakrise setzt die Politik bei den Schulen vor allem auf Hoffnung. Das reicht nicht: Die Zukunftsfragen werden zu langsam angegangen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Tilmann Warnecke

Was haben eigentlich die für die Schulen verantwortlichen Politikerinnen und Politiker seit dem Corona-Lockdown so gemacht? Diese Frage drängt sich unwillkürlich auf, wenn man auf den Schulgipfel vom Montagabend im Kanzleramt schaut. 

Es war das zweite Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Kultusministern dieser Art, und wie schon beim ersten Mal gibt es einige schöne Initiativen und warme Worte nach Abschluss der Beratungen. So soll der Bund noch in diesem Jahr auch Endgeräte für die Lehrkräfte anschaffen, nachdem es ein ähnliches Programm schon für Schülerinnen und Schüler gibt.

Allerdings: Vor wenigen Wochen war das auch schon angekündigt worden. Diese Trippelschritte sind symptomatisch. In den ersten Bundesländern geht es bereits auf die Herbstferien zu, ohne dass die Schulen beim Thema digitale Bildung entscheidend weiter wären als im Frühjahr.  

Verschlafene Reaktion auf Zukunftsfragen

Vorhersehen konnte die Coronapandemie und deren Folgen niemand. Die mangelnde Digitalisierung der Schulen ist indes seit Jahren offensichtlich. Umso verwunderlicher, dass selbst ein Krisenkatalysator wie Corona hier wenig beschleunigend wirkt. Die Pandemie offenbart einmal mehr, wie verschlafen Deutschland selbst unter Druck auf zentrale Zukunftsfragen reagiert.

So rächt sich jetzt, dass digitale Bildung hierzulande nie in einem Guss gedacht wurde. Auch der Bund spielt dabei eine ungute Rolle. Bei der Digitalisierung ist er trotz Föderalismus durchaus in der Verantwortung, schließlich hat er hier gleich mehrere Programme aufgelegt. Doch statt eines großen Wurfs ist es zu einem unübersichtlichen Nebeneinander von Fördermaßnahmen gekommen.

Beim schnellen Internet könnten Schulen schon viel weiter sein

Der Anschluss der Schulen ans schnelle Internet, der jetzt "zügig weiter" ausgebaut werden soll, ist genau dafür ein Beispiel. Hier könnten Schulen schon viel weiter sein.

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Ein entsprechendes Bundesprogramm besteht seit mehreren Jahren. Doch leider fließen die Mittel manchmal nur schleppend ab, unter anderem wegen komplizierter Vorgaben. Dummerweise gehört das Programm auch nicht zum viel diskutierten Digitalpakt, so dass Schulen Mittel mehrfach beantragen müssen. Beim Digitalpakt übrigens wird - Überraschung! - das Geld ebenfalls nur zögerlich ausgegeben.

Die Schulen verlieren sich so im Förderdschungel. Experten haben auf das Problem hingewiesen, vergeblich. Statt immer neuer Gesprächsrunden müssten bestehende Programme endlich einmal vereinfacht und zeitnah umgesetzt werden.

Möge Lüften das Schlimmste verhindern

Das hochtrabende Wort "Schulgipfel" kann nicht darüber hinwegtäuschen: Im Blick auf den Herbst und auf die Pandemie setzt die Politik vor allem auf das Prinzip Hoffnung. Möge sich das Infektionsgeschehen nicht allzu sehr auf die Schulen auswirken, und möge Lüften das Schlimmste verhindern. Dass  die Kultusministerkonferenz an diesem Mittwoch zu einem "Fachgespräch" zur Lüftungshygiene lädt, um das Thema auf "wissenschaftlicher Basis" zu beraten, mutet da schon fast wie Realsatire an. 

Natürlich sollte die Politik alles daran setzen, Unterricht so lange und so gut es geht zu ermöglichen. Mit ein bisschen mehr vorausschauender Planung wären die Voraussetzungen dafür aber sicher besser gewesen.

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