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Wissen: Die ADHS-Generation

Diagnosezahl stieg in fünf Jahren um 42 Prozent.

Von Sabine Beikler

Ärzte, Kinder- und Jugendpsychologen diagnostizieren bei Kindern und Jugendlichen immer öfter die Aufmerksamkeitsund Hyperaktivitätsstörung ADHS: Zwischen 2006 und 2011 stieg die Zahl der ADHS–Fälle bei den unter 19-Jährigen um 42 Prozent. Im Arztreport 2013 stellte die Krankenkasse Barmer GEK die höchsten Verordnungsraten bei Kindern im Alter von elf Jahren fest. Rund sieben Prozent der Jungen und zwei Prozent der Mädchen erhielten Methylphenidat, ein Arzneistoff mit stimulierender Wirkung, der unter dem Namen Ritalin bekannt ist.

Bei insgesamt 620 000 Kindern und Jugendlichen bestand 2011 die Diagnose ADHS. Häufig fanden sich ADHS-Fälle vor allem bei den Kindern, die kurz vor einem Wechsel von der Grund- in eine weiterführende Schule standen. Friedrich-Wilhem Schwartz vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung (ISEG) sagte, die Zahlen spiegelten auch die Sorge von Eltern wider, dass ihre Kinder die Anforderungen nicht schaffen würden.

Für Rolf-Ulrich Schlenker, Vizechef der Barmer GEK, ist der Anstieg der Diagnosen „inflationär. Wir müssen aufpassen, dass ADHS–Diagnostik nicht aus dem Ruder läuft, und wir eine ADHS-Generation fabrizieren“. Pillen gegen Erziehungsprobleme seien der falsche Weg. Eine ADHS-Diagnose sinke mit steigendem Ausbildungsniveau der Eltern. Dagegen würden Kinder jüngerer Eltern 1,5-mal häufiger eine ADHS-Diagnose erhalten als Kinder älterer Eltern.

Die deutsche ADHS-Hochburg liegt in Würzburg. Unterfränkische Ärzte hätten in fast 19 Prozent der zehn- bis zwölfjährigen Jungen die ADHS-Diagnose gestellt. Die Forscher erklärten das Phänomen damit, dass dort viele Kinder- und Jugendpsychiater praktizierten. Die Würzburger Uniklinik beschäftige „besonders erfahrene Leute“ auf dem ADHS-Gebiet. Sabine Beikler

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