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Astronom und Erklärer. Archenhold vor seinem Fernrohr (1931). Foto: Bundesarchiv

© Bundesarchiv

Wissen: Die Sterne über Berlin

Zum 150. Geburtstag von Friedrich Archenhold

Bei dem Namen Archenhold wird vielen Berlinern die Treptower Sternwarte mit ihrem markanten Riesenfernrohr einfallen. Näheres über die Person ihres Gründers und Namenspatrons ist jedoch kaum bekannt.

Friedrich Simon Archenhold wurde vor 150 Jahren am 2. Oktober 1861 im westfälischen Lichtenau geboren. Zeit seines Lebens war er bemüht, einer breiten Öffentlichkeit neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln. Nachdem er zwischen 1882 und 1887 in Straßburg und Berlin Astronomie studiert hatte, war ihm 1891 als junger Observator in einer Außenstelle der Berliner Sternwarte die fotografische Aufnahme eines kosmischen Nebels im Sternbild Perseus gelungen. Da das Objekt nahe der damaligen Beobachtbarkeitsgrenze lag und es in Deutschland an leistungsstarken Teleskopen mangelte, musste sich Archenhold seine Entdeckung von einer amerikanischen Sternwarte bestätigen lassen. „Von diesem Tage an“, so formuliert es Archenhold in seinen Erinnerungen, „nahm ich mir vor, für den Bau eines großen Fernrohrs in Deutschland einzutreten“.

Als seine entsprechenden Pläne an den staatlichen Finanzkalamitäten zu scheitern drohten, kam Archenhold auf die Idee, die Organisatoren einer für das Jahr 1896 einberufenen internationalen Gewerbeausstellung für das Projekt zu gewinnen. Er hatte Erfolg, und so kam das mit seiner Länge von 21 Metern und einem Gewicht von 130 Tonnen längste Linsenfernrohr der Welt in den Treptower Park. Über die Gewerbeausstellung hinaus erhielt es dort einen ständigen Aufstellungsort und wurde zur viel bestaunten Hauptattraktion, obwohl es seinen eigentlichen wissenschaftlichen Zweck nicht erfüllte.

Vielmehr wurde die Treptower Sternwarte dank des Wirkens von Archenhold für die öffentliche Volksbildung, namentlich in der bildungsbeflissenen Arbeiterschaft, eine erste Adresse. Als der provisorische Holzbau, der das Fernrohr umgab, die Besucherströme nicht mehr fassen konnte, wurde 1908/09 mit Spendenmitteln, nicht zuletzt von Berliner Gewerkschaftsverbänden, der heutige steinerne Zweckbau errichtet. Darin befanden sich neben Räumlichkeiten für Vorträge auch eine Bibliothek sowie eine Sammlung astronomischer Geräte.

Viele Berliner erwarben hier erste naturwissenschaftliche Kenntnisse. Für Archenhold bedeutete dies aber auch, dass neben seinen Forschungsarbeiten, die ihn anfangs noch auf Beobachtungs- und Studienreisen in viele Teile der Erde führten, die populärwissenschaftliche Vortragstätigkeit einen immer stärkeren Platz einnahm.

Seinem Engagement war es zu verdanken, dass sich die Sternwarte in den Jahrzehnten um den Ersten Weltkrieg zu einem Zentrum öffentlicher Bildung profilierte und bedeutende Gelehrte wie Roald Amundsen, Albert Einstein, Fridtjof Nansen oder Alfred Wegener für Vorträge gewonnen werden konnten.

Die letzten Jahren seines Lebens waren von der rassistischen Vertreibungspolitik der Nazi-Diktatur überschattet. Als Jude hatte sein Sohn und Amtsnachfolger Günter Archenhold Mitte der dreißiger Jahre sein Amt niederlegen und die Sternwarte verlassen müssen und wurde schließlich in die Emigration gedrängt. Friedrich Simon Archenhold selbst blieb in Berlin und starb dort verbittert am 14. Oktober 1939. Seit 1946 trägt die Sternwarte im Treptower Park den Namen ihres Gründers. Dieter Hoffmann

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