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Martin Karplus

© dpa

Digitale Pioniere (22): Martin Karplus: Biochemie im Cyberspace

Martin Karplus und Kollegen haben chemische Reaktionen, die in Zellen ablaufen, in den Cyberspace geholt. Das erleichtert die Suche nach Medikamenten.

Aller Ehren wert

Noch kann kein Computermodell den Mikrokosmos der Zelle exakt simulieren. Doch wenn es gelingt, dann haben der Chemiker Martin Karplus und seine Kollegen die Grundlage dafür entwickelt. Als Computer so leistungsfähig waren wie ein Smartphone, haben sie chemische Reaktionen riesiger Biomoleküle in den Cyberspace geholt. Das erleichtert die Suche nach Medikamenten. Karplus bekam 2013 gemeinsam mit Michael Levitt und Arieh Warshel den Chemie-Nobelpreis.

Zur Person

Martin Karplus war wütend. Statt seinen achten Geburtstag zu feiern, saßen am 13. März 1938 alle um ein Radio herum. Deutsche Truppen waren in Wien einmarschiert. Während die Massen jubelten, bereitete sich die jüdische Familie auf die Flucht vor. Ziel: USA.

Die Erfahrung hat Karplus geprägt. Es wurde für ihn selbstverständlich, Bekanntes hinter sich zu lassen. Statt der Familientradition zu folgen und Arzt zu werden, wollte er das Leben grundlegender verstehen – auf molekularer Ebene. Er belegte Chemie und Physik an der Universität Harvard, es folgte eine Forscherkarriere mit etlichen Stationen. Am Weizmann-Institut in Israel kreuzten sich die Wege von Karplus, Warshel und Levitt.

Um simulieren zu können, wie Eiweiße miteinander reagieren, kombinierten sie Methoden der Quantenmechanik und der klassischen Physik. Die größten Teile der Moleküle modellierten sie, als seien die Atome Kugeln und die Verbindungen dazwischen Sprungfedern. Nach Newtons Gesetzen der Bewegung können sich lange Ketten von so verbundenen Atomen falten und biegen, aber die Verbindungen brechen nicht und bilden sich nicht neu. Dazu muss man auf die Ebene der Quantenmechanik heranzoomen und die Elektronen berücksichtigen, die um die Atomkerne schwirren. Was enorme Rechenleistung erfordert. Der Kunstgriff war, den Zoom auf den zentralen Ort der Reaktion zu beschränken. Die Entwicklung mündete in der Software „CHARMM“. Ohne sie wären viele Fortschritte der Biologie nicht möglich.

Gut zu wissen

Die Forscher bekamen den Nobelpreis für Chemie als Erste für Arbeiten, die nur am Computer erfolgt waren.

Vor 75 Jahren stellte Konrad Zuse den ersten funktionsfähigen Computer Z3 in Berlin vor. Aus diesem Anlass blicken das Zuse-Institut Berlin und der Tagesspiegel am 11. Mai auf einer internationalen Konferenz in die digitale Zukunft: „The Digital Future – 75 Years Zuse Z3 and the Digital Revolution“.  75 Folgen über die wichtigsten Wegbereiter des digitalen Zeitalters zeigen, was bisher geschah. Mehr zur Veranstaltung: www.science-match.info

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