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Am Boden. Das Icarus-Projekt Martin Wikelskis funktioniert noch immer nicht.

© DLR

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DLR und Roskosmos uneinig: Icarus fliegt nicht

Über eine Antenne auf der ISS wollen Forscher die Wanderungen von Tieren beobachten. Doch der Projektstart verzögert sich erheblich.

Im Grunde hätte sie kurz nach dem 15. August vergangenen Jahres starten sollen – die internationale Kooperation zur Beobachtung von Tieren aus dem Weltraum, kurz Icarus (International Cooperation for Animal Research Using Space). Gleich nachdem zwei Kosmonauten die Icarus-Antenne an der Außenseite der Internationalen Raumfahrtstation ISS angebracht hatten, sollte der Testbetrieb beginnen. Doch jetzt hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bestätigt: Mit dem russischen Projektpartner, der Raumfahrtagentur Roskosmos, muss nachverhandelt werden. Solange bleibt das etwa 25 Millionen Euro teure Icarus offline.

180 Amseln besendert

Die Idee für ein satellitengestütztes System zur Beobachtung von Vögeln, Fledermäusen oder etwa Wasserschildkröten stammt von Martin Wikelski, Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell am Bodensee. Die Daten könnten nicht nur mehr Wissen über Wanderungsbewegungen und Verhalten von Tieren liefern, sondern auch für die Vorhersage von Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis dienen. Auch Umweltveränderungen, Pestizidbelastung und der Klimawandel sollen mit Hilfe von Icarus besser dokumentiert und gefährdete Wildtiere vor Wilderern und Regenwälder vor Abholzung geschützt werden.

Für den sechsmonatigen Testbetrieb waren 180 Amseln in Radolfzell mit den etwa fünf Gramm schweren Minisendern ausgestattet worden, die ihre Daten zur ISS schicken sobald in Reichweite. Danach sollte der reguläre Betrieb starten.

Funkstille wegen Vertragsstreitigkeiten

Doch seit dem 15. August 2018 herrscht Funkstille. Das System wurde nicht aktiviert. An der Technik liegt es nicht, betont Projektleiter Johannes Weppler vom DLR. „Alle Gerätschaften wie Bordrechner und Antenne sind auf der ISS aufgebaut und installiert.“ Vielmehr gebe es noch Unstimmigkeiten, „wie was abläuft“. So müsse zwischen den deutschen und russischen Projektpartnern etwa geklärt werden, „wer welche Kompetenzen hat und welche Entscheidungen fällt“. Auf die Frage, warum das nicht vorab vertraglich geregelt wurde, antwortet Weppler: „Wir hatten gedacht, alles wäre geklärt“. Jetzt müsse nachgearbeitet werden.

Derweil könnte Icarus den technologischen Vorsprung verlieren. Neben Icarus drängt „Argos“, betrieben unter anderem von der Nasa und der französischen CNES, auf den Markt. „Derzeit sind wir noch ganz vorne dabei“, meint Johannes Weppler. Das solle auch so bleiben. „Ich hoffe, dass wir im April oder Mai 2019 starten können.“ Klar sei aber auch: Je länger die Verzögerung andauere, desto mehr gehe der Vorsprung verloren.

Vertrauliche Verhandlungen

Seit 2012 wird an Icarus gearbeitet, 2013 begannen die Vertragsverhandlungen mit Roskosmos, 2014 wurde unterschrieben. Vereinbart war, dass kein Geld fließt, sondern jeder das bezahlt, wofür er zuständig ist. Auch Veränderungen im gesamtpolitischen Umfeld dürften nicht für die derzeitigen Nachverhandlungen verantwortlich sein, sagt Weppler. Allerdings habe es bei Roskosmos personelle Veränderungen gegeben. Viel mehr könne er derzeit nicht sagen. „Verhandelt wird unter Einhaltung der Vertraulichkeit.“

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