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TURNERS Thesen: Doktortitel nur für Wissenschaftler

Nachdem der Verteidigungsminister zurückgetreten ist, wächst das Unverständnis darüber, wie die zuständige Fakultät dem aufsitzen konnte. Vorab: Offenbar war die Dissertation durchaus lobenswert.

Nachdem der Verteidigungsminister zurückgetreten ist, wächst das Unverständnis darüber, wie die zuständige Fakultät dem aufsitzen konnte. Vorab: Offenbar war die Dissertation durchaus lobenswert. Kein Wunder, da der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages mit Hand angelegt hat. Und ein zweitens: Das, was den Bayreuthern passiert ist, hätte an jeder anderen deutschen Fakultät auch – als Ausnahmefall – geschehen können.

Bis zur Einführung des Bologna-Prozesses bildeten Diplom oder Staatsexamen den Abschluss des Studiums. Etwa zehn Prozent der Absolventen erwarben zusätzlich den Doktorgrad. Mit der Umstellung des Studiensystems soll der Bachelor das Ende des Studiums markieren; der Erwerb des Masters, also einer zweiten Qualifikation, setzt die Überwindung weiterer Hürden voraus. Dieses System, dem anglo-amerikanischen entlehnt, müsste konsequenterweise dazu führen, dass die Promotion, vergleichbar dem Ph.D, nur von denen angestrebt wird, die eine Karriere in der Wissenschaft einschlagen wollen. Dies würde einer weiteren Inflationierung des Dr. entgegenwirken.

Das Gegenteil zeichnet sich ab. Die Fachhochschulen streben mehr oder wenig unverhohlen das Promotionsrecht an. Politiker werden nicht müde, mindestens einen barrierefreien Zugang von Fachhochschulabsolventen zur Promotion an den Universitäten zu fordern. Vielleicht gibt die Causa Guttenberg Anlass, das noch einmal zu überdenken.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Hier wird nicht unterstellt, Fachhochschulen könnte flächendeckend dasselbe Missgeschick widerfahren, wie die Universität Bayreuth es erlebt hat. Es geht um das System, das aus einer Zeit stammt, als drei Prozent eines Jahrgangs studierten. Heute erleben wir die Massenuniversität, die auf 50 Prozent Studierende eines Jahrgangs zusteuert. Solche veränderten Zahlen und Umstände verlangen ein anderes System.

Schließlich ein Rat an Karl-Theodor zu Guttenberg. Er zieht sich (vorübergehend) aus der Politik zurück, lässt sich ein neues Thema geben und erarbeitet eigenständig eine Dissertation. Nachdem ein entsprechendes Verfahren abgeschlossen ist, tritt er wieder auf. Die Scharte ist ausgewetzt. So hat es im Übrigen ein Mitglied des Hauses Hohenzollern in einem vergleichbaren Fall gehandhabt. Er und seine zweite Arbeit sind uneingeschränkt anerkannt.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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