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Quartett. Diese vier Tiere sind Kopien des berühmten Schafs „Dolly“, das vor 20 Jahren geboren wurde. Ihnen geht es genauso gut wie gewöhnlichen Schafen.

© Universität Nottingham

Dollys Erben: Auch Klonschafe können bei guter Gesundheit alt werden

Das Klonschaf "Dolly" lebte nur sechs Jahre. Der Verdacht, dass das Tier vorzeitig alterte, ist widerlegt. Vier Kopien des berühmten Schafs erfreuen sich bester Gesundheit.

Daisy, Debbie, Denise und Dianna geht es gut. Mit ihren neun Jahren sind sie zwar alte Damen. Trotzdem sind ihre Ärzte mehr als zufrieden. „Sie sind erstaunlich gesund, es ist alles wie bei ganz normalen Schafen“, sagt Kevin Sinclair. Der Entwicklungsbiologe von der Universität Nottingham überwacht das Quartett aus gutem Grund: Es sind Kopien des Klonschafs Dolly, erschaffen mit dem gleichen Erbgut und nach dem gleichen Prinzip wie ihre berühmte Vorgängerin.

Dolly hatte drei Mütter. Aus einer Euterzelle der ersten stammte die DNS. Die zweite stellte eine entkernte Eizelle zur Verfügung. Ein drittes Schaf fungierte als Leihmutter für den Embryo. Dass eine erwachsene Zelle überhaupt über alle nötigen Informationen verfügt, um daraus neues Leben entstehen zu lassen, war vor 20 Jahren eine Sensation. Die Geburt von Dolly beflügelte unter anderem die Fantasie des japanischen Forschers Shinya Yamanaka, der später Hautzellen in Alleskönnerzellen zurückverwandelte. Er bekam dafür einen Nobelpreis, seine Arbeit zu iPS-Zellen gilt als wichtiger Grundstein für die regenerative Medizin.

Zu aufwendig und teuer: Das Klonen wird kaum angewandt

Das Klonen blieb unterdessen ein Randphänomen, selbst in der Landwirtschaft. Genutzt wurde die Technik höchstens, um die Gene besonders wertvoller Zuchttiere zu erhalten. Schließlich war sie nicht gerade effizient und damit sehr teuer. In den ersten 277 Versuchen überlebte der Embryo nur in 29 Fällen lange genug, dass das Team um Ian Wilmut und Keith Campbell ihn einer Schaf-Leihmutter einpflanzen konnte. Lediglich Probe 6LL3 entwickelte sich so gut, dass das Lamm „Dolly“ zur Welt kam und die Öffentlichkeit in helle Aufregung versetzte.

Bald hatten auch Wissenschaftler Zweifel. Sieht ein geklontes Lamm nur jung aus, während seine Zellen sich an ihr wahres Alter „erinnern“? Für diese These sprach, dass Dolly bereits mit fünf Jahren unter schwerer Arthrose litt, insbesondere in den Kniegelenken. Im Februar 2003 musste sie außerdem wegen einer unheilbaren Lungeninfektion eingeschläfert werden. Auch diese Krankheit trifft sonst eher ältere Tiere.

Dolly steht heute im Museum

Dolly steht inzwischen ausgestopft im Schottischen Nationalmuseum. Ihre vier Kopien dagegen verbringen gemeinsam mit neun weiteren geklonten Schafen die Sommer auf der Weide und die Winter im Stall. Akribisch protokollieren Experten der Universität Nottingham regelmäßig die Gesundheit der Tiere.

Weil einige geklonte Mäuse zu Fettleibigkeit und Diabetes neigten, prüften sie beispielsweise im Jahr 2005 Blutzucker- und Insulinwerte. Sie durchleuchteten die Schafe mit Röntgengeräten, um den Fettanteil im Körper zu messen und Veränderungen an den Gelenken festzustellen. Ihre Knie wurden sogar im Magnetresonanztomografen (MRT) untersucht. Stoisch nahmen die Schafe es hin, wenn die Tierärztin Sandra Corr die Beine nach Schwellungen und Entzündungen abtastete und schließlich deren Beweglichkeit testete. Der Blutdruck wurde nach einer Ruhephase und unter Stress gemessen. Die Ergebnisse präsentierte das Team nun auf der Wissenschaftskonferenz „Euroscience Open Forum“ in Manchester und im Fachblatt „Nature Communications“.

Der vorzeitige Tod des Tieres war wohl einfach Pech

„Wir finden keine Anzeichen dafür, dass die sieben- bis neunjährigen Klonschafe vorzeitig altern“, sagt Sinclair. Herz, Stoffwechsel und Knochen seien völlig in Ordnung, auch im Vergleich mit sechs etwas jüngeren Schafen aus konventioneller Zucht. Von Lahmheit keine Spur. Nicht einmal bei Debbie, deren Scans eine moderate Arthrose zeigten.

„Wir haben keine Agenda, was das Klonen betrifft. Uns geht es um eine ehrliche Einschätzung der Gesundheit der Tiere“, betont Sinclair. Die kleine Herde sei ein Erbe von Keith Campbell, der bis zu seinem Tod im Jahre 2012 daran arbeitete, die Effizienz der Technik zu verbessern. Bei ihm war zuletzt jeder fünfte Versuch erfolgreich. Meist sei der Embryo aber noch vor dem Einpflanzen gestorben, weitere Föten waren Fehlgeburten, manchmal versagte Herz oder Lunge der Lämmer kurz nach der Geburt. „Aber einige Zellen wurden offenbar komplett umprogrammiert“, sagt Sinclair. „Daraus entstehen ganz normale Tiere. Mich stimmt das optimistisch.“ Dollys vorzeitiger Tod war demnach wohl einfach Pech.

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