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Nicht ohne meinen Partner. Unis in den USA setzen sich schon lange für Dual-Career-Paare ein.

© Peter Himsel

Doppelkarrieren in der Wissenschaft: Paare bevorzugt

Eine Berufung, zwei Stellen: Unis wollen auch den Partnern von Professoren helfen. An vielen deutschen Hochschulen sind "Dual Career Center" entstanden. Doch oft erwarten die Paare zu viel, machen doppelt Druck, auch in Bleibeverhandlungen.

Er ist Sozialwissenschaftler an einer Universität im Süden Deutschlands. Sie ist habilitiert, hat aber bislang keinen Ruf erhalten. Als er eine Professur an einer anderen deutschen Uni in Aussicht hat, fordert er in den Bleibeverhandlungen eine Professur für seine Lebensgefährtin. Das Präsidium setzt sich für das Doppelkarriere-Paar ein, schließlich hat die Uni dazu hehre Grundsätze beschlossen. Der Fachbereich, der die Frau einstellen soll, ist bereit, ihr eine W2-Stelle auf Zeit zu geben, mit der Option auf eine Dauerstelle. Doch der Professor beharrt auf einer höher dotierten unbefristeten W3-Professur für seine Lebensgefährtin.

Der Fall ist heikel, Beteiligte bitten darum, weder sie noch die Uni namentlich zu nennen. Zumal die Förderung von Doppelkarrieren ganz oben auf der Agenda der Universitäten steht – im Sinne der Gleichstellung, mit der sie nicht nur in der Exzellenzinitiative punkten konnten.

Die Dual-Career-Förderung kommt aus den USA, bis heute gelten die dortigen Unis als Vorbild für Deutschland. Selbst der konservative Hochschulverband hat die Unis bereits 2009 aufgefordert, „Dual Career zumindest für ihre wissenschaftlichen Spitzenkräfte als Daueraufgabe zu verstehen“. Heute gibt es hierzulande rund 30 solcher Einrichtungen. Ihr Credo: Wer im Wettbewerb um exzellentes Personal in der Forschung erfolgreich sein will, muss mehr bieten als Gehalt und Laborausstattung. Weil Paare und insbesondere Familien weniger mobil seien als Singles, müsse die Uni heute auch um den Anhang der begehrten Wissenschaftler werben – mit Jobangeboten, Hilfe bei der Wohnungssuche, Tipps zu guten Kitas und Schulen.

Zudem sind Unis und Forschungseinrichtungen aufgerufen, die Frauenquote in Führungspositionen zu steigern. Und gerade Professorinnen haben oft hoch qualifizierte Partner, die nur bereit sind, mitzuziehen, wenn auch sie eine Stelle bekommen. Homosexuelle sowie nichteheliche Partnerschaften werden von den Unis selbstverständlich gleichgestellt, das jedenfalls steht in ihren Richtlinien. So weit die Theorie der Doppelkarriere-Förderung. Mancherorts aber gibt es offenbar zu hohe Erwartungen an die Universität. Und Unmut, wenn die bevorzugte Behandlung von Partnern überzogen wird.

Widerstand jedenfalls regt sich bei den Sozialwissenschaftlern an der süddeutschen Uni. Sie wollen den Kollegen zwar halten, eine Koryphäe, die viel veröffentlicht und bei der Einwerbung von Drittmitteln überaus erfolgreich ist. Doch einige Professoren stellen sich quer: „Wir fühlen uns unter Druck gesetzt, das grenzt doch schon an Vetternwirtschaft“, sagt einer. Der Hochschulverband pocht in seinem Papier zu Dual Career denn auch darauf, dass „selbstverständlich die arbeits- und beamtenrechtlichen Voraussetzungen strikt einzuhalten“ seien.

Ein Job für die Partnerin, um begehrte Professoren zu halten oder zu holen? Das sei doch eine sehr „traditionelle Auffassung“, sagt Christine Kurmeyer, die das Berliner Dual Career Netzwerk mit Sitz an der Freien Universität leitet. „Wir garantieren keine Stellen, sondern unterstützen umfassend bei der Stellensuche.“ Die in der Regel hoch gebildeten Partner oder Partnerinnen seien durchaus in der Lage, sich selber zu bewerben. Allerdings seien insbesondere Frauen, die sich eine Zeit lang mehr um die Familie als um die Karriere gekümmert haben, häufig in einem mittleren Alter, in dem potenzielle Arbeitgeber sie von vornherein aussortieren würden, sagt Kurmeyer. Wenn das Berliner Netzwerk sie beteiligten Hochschulen oder Forschungsinstitute mit Unterstützungsschreiben und Qualifikationsprofilen auf seiner Homepage empfehle, würden die Bewerbungen schon genauer angesehen.

Seite 2: Für sie eine Post doc-Stelle ohne Perspektive? Da bleibt das Wissenschaftler-Paar lieber in den USA.

Von „Erwartungsmanagement“ sprechen die bundesweit zusammengeschlossenen Doppelkarriere-Zentren der Unis, wenn sie erklären, was sie leisten können und wollen und was nicht. Denn gerade Spitzenforscher aus den USA, verwöhnt von den großzügigen Dual-Career-Programmen ihrer Heimatunis, erwarten viel. Als sie und ihr Mann von der Universität Milwaukee nach Chapel Hill in North Carolina wechselten, seien sie von der dortigen Willkommenskultur schier überwältigt worden, sagt Julia Kruse, heute Direktorin eines Zentrums für internationale Programme in Chapel Hill. „Die haben sich richtig verkauft, um uns beide geworben.“ Von Anfang an sei es nicht nur um die Politologieprofessur für ihren Mann gegangen, sondern auch um ihre Karriere. Kruse fand auf dem freien Markt eine Stelle, wurde dann aber vom Wirtschaftsdekan für die eigene Uni abgeworben. Dort stieg die promovierte Kommunikationswissenschaftlerin inzwischen zur Direktorin für Internationales auf.

Als ihr Mann Ende 2010 einen Ruf an die LMU München erhält, legt sich das dortige Dual-Career-Center schwer ins Zeug, schickt Wohnungsangebote, potenzielle Kitaplätze für die beiden Kinder und erste Stellenangebote, auf die sich Julia Kruse doch bewerben könne. Führungspositionen sind nicht dabei, und die heute 41-Jährige will keinen Karriereknick riskieren. Bei einem Schnupperbesuch in München kommt es dann zu Gesprächen mit der Unileitung. Doch die in Aussicht gestellte Postdoc-Stelle wirkt auf Kruse wie ein Trostpreis. Zu Details der Stelle und über ihre Aufgaben habe man nichts sagen können. Sie habe sich schlicht nicht ernst genommen gefühlt, klagt Kruse. Das Paar bleibt in den USA und wartet auf ein besseres Angebot, dass seiner Doppelkarriere gerecht wird.

Warum hat sich Julia Kruse nicht zugetraut, in München aus eigener Kraft eine passende Stelle zu finden? Ist das wirklich Aufgabe der Universität, zumal ihr Mann dort eine hoch dotierte Stelle bekommen soll? Sicher sei München eine reiche Stadt mit vielen beruflichen Perspektiven, sagt Kruse. Aber gerade in Führungspositionen gebe es anders als in den USA wenig Fluktuation und sie habe in Deutschland kein Netzwerk mehr.

Eine befristete Stelle als Partner oder Partnerin zu bekommen, sei keine gute Grundlage für eine wissenschaftliche Karriere, sagt Christine Kurmeyer. „So wird jemand ins Boot geholt, ohne dass die akademische Selbstverwaltung mitbestimmt hat. Das geht nicht gut.“ Außerdem erinnere dieses Vorgehen an alte Zeiten, als die Gattin des Professors eine Stelle im Sekretariat oder im Labor bekam. Im Berliner Netzwerk, das seit einem Jahr arbeitet, gebe es aber doch eine Handvoll geglückter Fälle, in denen Unis für mitziehende Partner aus eigenen Overheadmitteln eine Qualifikationsstelle an einer anderen Hochschule oder Forschungseinrichtung finanzierten.

Der Konstanzer Soziologe Thomas Hinz, der zu Doppelkarriere-Paaren forscht, sieht Unis und Forschungseinrichtungen stärker in der Pflicht: „Die Leitung braucht im Prinzip einen eigenen Stellenpool mit Professuren und Verwaltungsjobs, wenn sie die Dual-Career-Förderung ernst meint.“ Bei Stellenverhandlungen werde die Karriere des Partners oder der Partnerin nun einmal zunehmend angesprochen. Hochschulen, die ihre Professuren erstklassig besetzen wollen, kämen nicht an dem Thema vorbei. Aber auch Hinz sagt: „Mit der Brechstange funktioniert es nicht.“

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