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Mitarbeiter des Nationalmuseum in Rio bergen in der Unglücksnacht Laborgeräte.

© Ricardo Moraes/REUTERS

Ein Jahr nach dem Brand im Nationalmuseum in Rio: Wiederaufbau beginnt - mit deutscher Hilfe

Im weitgehend zerstörten Nationalmuseum Brasiliens starten die Wiederaufbauarbeiten - mit dem Abtragen des Schutts. Der birgt noch Überraschungen.

Am Abend des 2. September 2018 brannte der Sao-Cristovao-Palast von Rio de Janeiro lichterloh. Das Gebäude des 1818 gegründeten Nationalmuseums, in dem einst der portugiesische Hof und danach Brasiliens Kaiserfamilie residierten, drohte einzustürzen. Verzweifelte Museumsmitarbeiter versuchten noch, einzigartige Sammlungen vor den Flammen zu retten. Doch jetzt beginnt der Wiederaufbau. In einer ersten, von Brasiliens Regierung finanzierten Etappe erhielt das Gebäude ein provisorisches Dach. Und mit der Unesco arbeitet man an Plänen für neue Ausstellungen sowie die künftige Innenausstattung des Palasts. Das Nationalmuseum ist Teil der Bundesuniversität von Rio de Janeiro, UFRJ. 90 Professoren und rund 500 Studenten müssen derzeit improvisieren.

Direktor Alexander Kellner plant daher den Bau eines Gebäudes für Unterricht und die Aufbewahrung der geretteten Sammlungen. Derzeit wirbt er in Europa und China für die Finanzierung. Es wäre eine Notlösung – bis das Nationalmuseum 2024 oder 2025 wieder eröffnen kann. Auch das Geld für Restaurierungsarbeiten an den beschädigten Sammlungen steht noch aus.

Das Nationalmuseum sei nun mal nicht mit Notre-Dame in Paris zu vergleichen, wo binnen Stunden Hilfszusagen von Hunderten Millionen eingingen. „Für die Europäer ist Kultur wichtig“, so Kellner. In Brasilien sei es dagegen unüblich, für Wissenschaft und Kultur zu spenden.

„Es ging nicht alles verloren – aber vieles“

Wie aber konnte das Nationalmuseum mitten in Rio einfach so abbrennen? „Viele fragen sich, wie dieses Land sein ältestes und wichtigstes Museum seinem eigenen Schicksal überlassen konnte“, sagt Kellner. Investitionen von einer Million Euro in den Brandschutz hätten ausgereicht, die Katastrophe zu verhindern. Nicht nur Nachlässigkeit, auch eine Reihe tragischer Zufälle führten zu den unersetzlichen Verlusten – angefangen bei der defekten Klimaanlage, die vermutlich zum Brand führte. Dabei hatte Kellners Team bereits den Plan, alle Sammlungen aus dem Palast auszulagern. Die Wirbeltiere, die Botanik, die Bibliothek und einige kleinere Sammlungen waren schon nicht mehr dort; dafür aber die übrigen rund 80 Prozent der insgesamt rund 20 Millionen Stücke.

„Es ging nicht alles verloren – aber vieles“, sagt Kellner. In den Schuttbergen konnte sein Team Meteoriten, Fossilien und Knochen bergen, einige in relativ gutem Zustand, andere stark beschädigt. Es kam zu überraschenden Funden, etwa ägyptischer Amulette, die aus einem verbrannten und bis dahin verschlossenen Sarkophag stammen. Teilweise vernichtet wurde die im 19. Jahrhundert von Kaiser Pedro II. zusammengestellte ägyptische Sammlung, ebenso wie ethnographische Sammlungen. Ein Teil sei zwar digitalisiert, „aber das ersetzt ja nicht den realen Gegenstand“, so Kellner. Noch sucht man im Schutt weiter.

Trotzdem gibt sich der Direktor optimistisch. Besonders dankbar sei er für die Soforthilfen aus Deutschland. Die Hilfszahlung von 180.000 Euro habe die Bergung vieler Stücke überhaupt erst möglich gemacht. „Die Deutschen waren die Ersten und haben genau dort geholfen, wo wir es gebraucht haben“, sagt Kellner. (KNA)

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