zum Hauptinhalt
Das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der HU. Ganz so leer ist es da zwar nicht mehr - aber fast.

© imago/STPP

Update

Einschränkungen an Berliner Hochschulen: Bibliotheken mit halbierten Öffnungszeiten

Noch immer sind die Öffnungszeiten der Berliner Unibibliotheken drastisch eingeschränkt. Dort einen Arbeitsplatz zu bekommen, ist so nur schwer möglich.

Die Bibliotheken und Computerpools der Berliner Hochschulen sind zwar nach dem Notbetrieb der ersten Coronamonate wieder für Studierende und Lehrende zugänglich. Doch noch immer sind die Öffnungszeiten stark eingeschränkt – was den wegen der Abstandsregeln ohnehin bestehenden Platzmangel weiter verschärft. Das geht aus der Auskunft der Wissenschaftsverwaltung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Tobias Schulze hervor.

Demnach hatten sich die Öffnungszeiten der Bibliotheken im September im Vergleich zu den Vor-Coronazeiten im Schnitt um 46,6 Prozent reduziert: Rechnete man die Öffnungsstunden damals zusammen, kam man auf 2186,5 Stunden pro Woche, jetzt sind es nur 1168,5 Stunden.

Früher bis spät am Abend geöffnet, jetzt bis 17 Uhr

So hat das Grimm-Zentrum, die zentrale Bibliothek der HU, seine Öffnungszeiten mehr als halbiert. Laut der Abfrage der Wissenschaftsverwaltung ist es momentan nur für 42,5 Stunden die Woche zugänglich. Auf der Webseite sind aktuell nochmals kürzere Zeiten angegeben: Arbeiten vor Ort ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr möglich.

Zum Vergleich: In Vor-Corona-Zeiten war das Grimm-Zentrum 104 Stunden in der Woche offen, also fast 15 Stunden täglich. Tatsächlich konnten Studierende damals von Montag bis Sonntag und oft bis spät in den Abend hinein das Grimm-Zentrum nutzen.

Noch seltener sind derzeit die Bibliotheken der Freien Universität geöffnet: nämlich durchgehend 30 Stunden die Woche (Ausnahme ist die Jura-Bibliothek). Bei der Philologischen Bibliothek, bekannt durch die markante Architektur Sir Norman Fosters, wurden damit zwei Drittel der Stunden gekürzt, sie ist inzwischen allerdings wegen Umbaumaßnahmen eh bis zum Jahresende geschlossen. Die FU-Universitätsbibliothek bietet die Hälfte der normalen Zeiten an, aktuell ist sie Montags bis Freitags von 10 bis 16 Uhr geöffnet.

490 von 3430 Arbeitsplätzen stehen zur Verfügung

Etwas weniger haben TU und UdK bei ihrer gemeinsam betriebenen Zentralbibliothek gestrichen: Ein Minus von 26 Prozent bedeutet jetzt 54 Stunden in der Woche, früher waren es 73.

Die kürzeren Öffnungszeiten dürften für Studierende und Forschende umso misslicher sein, als ihnen wegen der Abstandsregeln ohnehin viel weniger Plätze zur Verfügung stehen. An der FU können von 3430 Arbeitsplätzen nur 490 genutzt werden, an der HU 721 von 2734, an der TU 358 von 1796. Arbeitsplätze müssen oft vorab online gebucht werden.

Ähnlich sieht die Lage an den Computerpools der Hochschulen aus: Auch diese melden durchgehend viel weniger Arbeitsplätze bei eingeschränkten Öffnungszeiten – wobei die Abnahme teils noch dramatischer ist. An der TU und an der Beuth-Hochschule stehen die Computer-Pools immer noch überhaupt nicht zur Verfügung.

Die Linke fordert längere Prüfungsfristen

Von einem „drastisch eingeschränkten Zugang zu wissenschaftlichen Grundeinrichtungen“ spricht Tobias Schulze daher. Wegen der baulichen Gegebenheiten sei eine kurzfristige Erhöhung der Arbeitsplatzkapazitäten oft nicht machbar. Schulze fordert, den arbeits- und prüfungsrechtlichen Rahmen den Bedingungen der Pandemie anzupassen. So müssten die Hochschulen Prüfungsfristen verlängern – etwa die des aktuellen Sommersemesters bis zum Ende des Wintersemesters.

Warum öffnen die Hochschulen ihre Bibliotheken später und schließen sie früher? Die Pandemieverordnung zwingt sie dazu nicht: Diese sieht „nur“ die Abstands- und Hygieneregeln vor. Eigentlich würde es Studierenden und Forschenden helfen, wenn die Bibliotheken ihre Zeiten ganz im Gegenteil verlängern würden: So könnten die wegen der Hygieneregeln gesenkten Platzkapazitäten zumindest etwas kompensiert werden.

Erheblicher personeller Mehraufwand durch Corona-Regeln

Frauke Engels, Leiterin der Benutzungsabteilung des Grimm-Zentrums, begründet die eingeschränkten Öffnungszeiten mit dem "erheblichen personellen Mehraufwand" der Corona-Bedingungen. So sei eine Steuerung der Nutzenden und eine Anwesenheitsdokumentation vorgeschrieben: Dafür müssten Platzkarten ausgegeben und Kontaktdaten erfasst werden und gesteuert werden, dass sich nur eine maximale Anzahl von Personen in bestimmten Bereichen aufhält. Außerdem erfolgten in kurzen Abständen Reinigung und Desinfektion.

"Dieser Mehraufwand hat zur Folge, dass wir sowohl Bibliothekspersonal als auch Wachschutz und Reinigung von den späten Abendstunden und dem Wochenende abgezogen haben, um den Mehrbedarf tagsüber abzudecken", teilt Engels auf Anfrage mit: "Ohne eine deutliche Ressourcenverstärkung ist eine Ausweitung der aktuellen Öffnungszeiten nicht möglich."

Die Freie Universität teilt mit, sie wolle die Öffnungszeiten der Bibliotheken zum Beginn der Vorlesungszeit am 2. November 2020 erweitern. "Eine Wiederherstellung der regulären Öffnungszeiten wird angestrebt, ist jedoch – coronabedingt – von spezifischen organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen an den einzelnen Standorten abhängig", heißt es aus der FU.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false