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Humboldt diskutiert wieder. "Parteinahme" wird Sabine Kunst vorgeworfen - zu Recht?

© Sebastian Kunigkeit/dpa/p-a

Eklat an der Humboldt-Uni: Humboldts erster Krach mit der designierten Präsidentin Sabine Kunst

Eine Woche vor der Wahl der Vizepräsidenten der Humboldt-Uni springen überraschend zwei Kandidaten ab. Sie beklagen, Sabine Kunst, die designierte Präsidentin, habe sich parteilich verhalten

An der Humboldt-Universität gibt es einen weiteren Eklat. Der Mathematiker Jürg Kramer und der Germanist Michael Kämper-van den Boogaart haben ihre Kandidatur um die Ämter des Vizepräsidenten für Forschung und des Vizepräsidenten für Lehre am Montagabend zurückgezogen – verbunden mit dem Vorwurf, die designierte Präsidentin Sabine Kunst habe sich in das laufende Verfahren eingemischt. Eigentlich hätte es in einer Woche eine Kampfabstimmung zwischen dem amtierenden Vizepräsidenten für Lehre Kämper gegen die Politologin Julia von Blumenthal sowie zwischen dem amtierenden Vizepräsidenten für Forschung Peter Frensch gegen Kramer geben sollen. Nun bleiben nur noch Frensch und Blumenthal übrig.

Im Wahlgremium der HU, dem Konzil, erfuhren viele Mitglieder von der neuen Lage erst bei der Sitzung des Gremiums am Dienstagfrüh, an der auch Sabine Kunst, noch Wissenschaftsministerin in Brandenburg, als Zuhörerin teilnahm. Die für den Tag angesetzte Anhörung begann damit, dass der Physiker Jürgen Rabe ein Statement seines nicht anwesenden Kollegen Jürg Kramer verlas. Darin erklärt Kramer, Kunst habe ihn am Freitag angerufen und erklärt, sie halte ihn zwar für einen sehr guten Kandidaten. Vor dem Hintergrund der Herausforderungen der nächsten Exzellenzinitiative liege ihre eigene Präferenz aber bei dem Mitbewerber, dem Amtsinhaber Frensch. Kunst habe sich am Montag geweigert, ihre „Parteinahme“ zurückzunehmen. Darum ziehe er seine Kandidatur zurück.

Für Kämper ist es ein "schmerzlicher Verzicht"

Als nächstes verlas die Germanistin Ethel Matala de Mazza ein Statement des ebenfalls abwesenden Kämper. Kämper ließ erklären, nach dem Vorgang um seinen Kollegen Kramer müsse er „schmerzlichen Verzicht“ üben und von seiner Kandidatur Abstand nehmen. Angesichts der Unstimmigkeiten fehle ihm die Zuversicht für eine weitere Amtszeit.

Der Konzilsvorsitzende Michael Seadle bedauerte die Rückzüge, die Mitglieder des Konzils klopften zustimmend auf ihre Tische, die Anhörung der verbliebenen beiden Kandidaten nahm ihren Lauf. Doch Pausengespräch waren nicht Forschung und Lehre, sondern Kunsts „Parteinahme“ und die Rückzieher.

Sabine Kunst. die designierte Präsidentin der Humboldt-Universität, wünscht sich, dass es im HU-Präsidium auch Kontinuität gibt.
Sabine Kunst. die designierte Präsidentin der Humboldt-Universität, wünscht sich, dass es im HU-Präsidium auch Kontinuität gibt.

© Jens Wolf/dpa/p-a

„Es tut mir einfach sehr leid, dass Herr Kämper und Herr Kramer nicht antreten“, sagte Kunst am Rande der Sitzung auf Anfrage. Sie habe mehrfach gesagt, dass alle vier Kandidaten „exzellent“ und „gleichwertig“ seien. Aber auch, dass sie angesichts der bevorstehenden Exzellenzinitiative gerne „ein Kontinuum mitnehmen“ würde. Frenschs Vorteil sei, dass er bereits eingearbeitet sei. Da absehbar gewesen sei, dass die Gruppen sie in der folgenden Woche nach ihrer Präferenz fragen würden, habe sie diese Kramer vorab in einem vertraulichen Gespräch transparent gemacht. Auf keinen Fall habe sie Kramer dabei zum Rückzug gedrängt. Vielmehr habe sie „die Lufthoheit des Konzils bei der Wahl immer akzeptiert“.

"Der Kandidat neigt wohl zum Beleidigtsein"

Weder Kramer noch Kämper wollten sich gegenüber dem Tagesspiegel äußern. Die Historikerin Gabriele Metzler sagte auf Anfrage: „Es ist bedauerlich, dass sich die beiden Bewerber zurückgezogen haben. Aber Frau Kunst ist nichts anzulasten.“ Eine andere Professorin, die anonym bleiben möchte, sagte: „Die Stimmung bei uns ist so: Herr Kramer neigt wohl zum Beleidigtsein. Die Motive von Herrn Kämper sind unklar.“

Das Kuratorium hatte für die Posten der Vizepräsidenten je zwei Kandidaten aufgestellt, um dem Wunsch des Konzils nach einer Auswahl zu entsprechen. Das Kuratorium hat die Präsidentenwahl aber extra zeitlich vor die Vizepräsidentenwahl gelegt, um der neuen Amtsinhaberin die Gelegenheit zu geben, einen gewissen Einfluss zu nehmen. Der Studierendenvertreter João Fidalgo sagt allerdings: „Es geht auch darum, wie Frau Kunst vorgegangen ist. Sie hätte sich vorher mit den Gruppen absprechen müssen.“ Als Folge der „Hinterzimmergespräche“ hätten die Mitglieder nun keine echte Wahl. Damit es doch noch eine Wahl gebe, müsse Blumenthal nun entweder nicht antreten oder durchfallen.

Blumenthals Wahl hängt durchaus von den Studierenden ab. Denn zur Vizepräsidentin für Studium kann an der HU nur gewählt werden, wer mindestens eine der zehn studentischen Stimmen gewinnt. Fidalgo sagt, Kämper-van den Boogaart wäre mindestens eine studentische Stimme sicher gewesen. Für Blumenthal sieht er schlechte Chancen.

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