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Die TU Berlin.

© Elke Weiss/TU Berlin

Entmachtung der Professoren an der TU Berlin: „Partizipation auch auf anderen Ebenen “

Franz-Josef Schmitt, Mitarbeiter an der TU Berlin, hat im Sommer erfolgreich einen Antrag auf Viertelparität eingebracht. Jedoch machte ein Formfehler den Beschluss ungültig. Wie geht es weiter?

Der Stand der Dinge: Die TU Berlin hat im Juli die Entmachtung der Professoren beschlossen. In einer Kampfabstimmung siegten die Befürworter der Viertelparität im Erweiterten Akademischen Senat (EAS) knapp über die Gegner mit 31 zu 30 Stimmen. Fortan sollten die Professoren im EAS nur so viele Stimmen haben wie auch die Gruppen der Studierenden, der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter. So wäre etwa der nächste TU-Präsident nicht von einer Professorenmehrheit gewählt worden. Die Abstimmung wurde jedoch wegen eines Verfahrensfehlers für ungültig erklärt. Würde die TU einen gültigen Entschluss für die Viertelparität fassen, hätte sie noch verschiedene Hürden zu nehmen: Das Kuratorium der TU sowie der Berliner Senat müssten ihr zustimmen. Wahrscheinlich würde es zu einem langwierigen Rechtsstreit kommen. akü

Herr Schmitt, Sie haben im Sommer den Antrag auf Viertelparität eingebracht und sind damit nur wegen eines Formfehlers gescheitert. Nun sind die Semesterferien vorbei. Starten Sie jetzt einen neuen Anlauf?

Ja, der Formfehler betraf ja den Prozess der Abstimmung und nicht den Antrag selbst. Wir werden deshalb die Abstimmung am 2. November wiederholen, damit der Wille des EAS berücksichtigt werden kann. Natürlich ist es auch möglich, dass es einen Antrag auf Vertagung gibt. Es geht aber ohnehin nicht allein um die Viertelparität im EAS, sondern viel umfassender um Partizipation auch auf anderen Ebenen. Darüber müssen wir konstruktiv diskutieren.

Unter den Professorinnen und Professoren fühlen sich manche vom Stil der Debatte düpiert. Wie verhärtet sind die Fronten?

Ich selbst bin gar nicht mehr so emotional. Aber ich habe den Eindruck, dass die Gegner der Viertelparität im Moment separierend wirken, so nach dem Motto: „Wenn die Viertelparität kommt, reden wir nicht mehr mit euch.“ Das finde ich befremdlich. Sie sollten das Ergebnis und den demokratischen Prozess, der dahin geführt hat, akzeptieren. Ich verstehe natürlich, dass das bei einem knappen Ergebnis schwierig ist. Vielleicht gibt es ja bei der nächsten Abstimmung klarere Verhältnisse. Ich selbst würde es auch akzeptieren, wenn die Viertelparität diesmal abgelehnt wird. Dann würde ich den Rechtsweg nicht beschreiten.

Franz-Josef Schmitt (38) ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Chemie der TU Berlin, Vorsitzender des Erweiterten Akademischen Senats der TU und Vorstandsmitglied der Berliner Piraten.
Franz-Josef Schmitt (38) ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Chemie der TU Berlin, Vorsitzender des Erweiterten Akademischen Senats der TU und Vorstandsmitglied der Berliner Piraten.

© promo

Das Kuratorium der TU will am kommenden Freitag mit dem EAS über die Lage diskutieren. Was erwarten Sie davon?

Mich interessiert die Haltung des Kuratoriums. Bisher stand es ja nicht komplett auf einer Seite. Vielleicht tragen die Kuratoren auch völlig neue Argumente vor oder entwickeln interessante Alternativen. Dann könnte man gemeinsam konstruktive Partizipationsmodelle entwickeln.

Der Akademische Senat hat neulich eine „Arbeitsgemeinschaft Partizipation“ ins Leben gerufen. Was ist ihre Aufgabe?

Bisher war alles auf die Viertelparität im EAS zugespitzt, das hatte sich über mehrere Jahre so entwickelt. Ganz unabhängig von dem Beschluss sollte die AG überhaupt bessere Möglichkeiten zur Mitbestimmung entwickeln. Da ist vieles denkbar. Man könnte ein eigenes Wahlgremium zur Präsidiumswahl schaffen, das viertelparitätisch besetzt ist. Auch ein elektronisches Tool, das eine hochschulweite Diskussion und mehr Mitsprache erlaubt, ist denkbar. Wichtig wäre, alle Mitglieder der Hochschule stärker in die Entscheidungen mit einzubeziehen.

Warum empfinden viele an der TU die Professorinnen und Professoren als zu mächtig?

Die Professorinnen und Professoren gelten an der TU sicher nicht als mächtiger als an anderen Hochschulen. Und im Alltag ist es wie in der Gesellschaft sonst auch: Es gibt Personen, die eine Arbeitsgruppe als Leiter dominieren, und andere, die das nicht tun. Von dort, wo es nicht gut läuft, kommt dann Unmut. Es gibt aber auch eine gefühlte Ungerechtigkeit, weil oft lange Debatten geführt werden, die am Ende dann aber doch meist durch die Professorinnen und Professoren entschieden werden.

Die Berliner Grünen und Linken haben sich vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus für mehr Demokratie an den Hochschulen ausgesprochen. Erwarten Sie, dass die neue Regierung die Professoren durch eine Novelle des Hochschulgesetzes schwächt?

Das wird nicht ad hoc einfach so passieren. Es wird schon Leute geben müssen, die Kontakte zu den Politikern haben und Wünsche an sie herantragen. Darum muss die TU ihren Dialog auch zügig führen. Denn es sollte nicht so sein, dass schneller Lobbyismus entscheidet, sondern dass es ein transparentes Verfahren gibt.

Die Fragen stellte Anja Kühne.

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