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Ergenekon-Prozess: Wissenschaftler als "Terroristen"

In den Augen der Kritiker war der 5. August ein Tag der Abrechnung. Beim Ergenekon-Prozess nahe Istanbul bekamen nicht nur Militärs hohe Haftstrafen wegen des Vorwurfs eines geplanten Staatsstreichs.

Auch sechs Wissenschaftler, alle jetzige oder ehemalige Hochschulpräsidenten, wurden verurteilt. So erhielt der Mediziner Fatih Hilmioglu, früherer Rektor der Inönü-Universität in Malatya, eine Haftstrafe von 23 Jahren wegen Konspiration. Nach Meinung von Beobachtern bekamen die Wissenschaftler jedoch alles andere als einen fairen Prozess. „Grundsätze des Rechts“ seien missachtet worden, urteilt eine Delegation der Akademie der Wissenschaften der USA und der Deutschen Nationalakademie Leopoldina (www.leopoldina-halle.de), die die Vorgänge vor Ort untersuchten. In ihrem Bericht kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass in keinem Fall die von der Anklage vorgebrachten Belege eine Verurteilung gerechtfertigt hätten. Sie plädieren dafür, die sechs Verurteilten freizulassen. „Das war Justizmissbrauch – es gab nicht den geringsten Beweis gegen die Angeklagten“, sagte Carol Corillon vom Internationalen Menschenrechts-Netzwerk der Akademien in Washington gegenüber dem Magazin „Nature“. Aus Sicht von Kritikern ist der wahre Grund für die Urteile nicht „Terrorismus“, sondern die Tatsache, dass die Verurteilten Säkularisten sind und dieses an ihren Unis verteidigten, etwa durch das von Erdogan aufgehobene Kopftuchverbot.

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